Bulletproof

Bulletproof

Kritik

Bulletproof
„Bulletproof“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Neben Werten wie Freiheit und Unabhängigkeit geht es bei einem Konzept wie dem Amerikanischen Traum, jenem Gründungsmythos der USA, vor allem um den Aspekt der Sicherheit. Was einst die Sicherheit vor Verfolgung sowie des Aufbaus einer Existenz in der damals noch neuen Welt bedeutet, hat in der heutigen Zeit noch ganz andere Elemente hinzugewonnen. Spätestens seit dem ersten Amokläufen in US-amerikanischen Highschools und dem von George W. Bush ausgerufenen Krieg gegen den Terror ist der Aspekt der Sicherheit ein fester Bestandteil jeder politischen Agenda geworden und bestimmt den Alltag vieler Menschen. Während sich die Obama Administration noch schwertat mit einer Verschärfung des Waffenrechts und Donald Trump die Überlebenden einer solchen Tragödie gar verhöhnte, ist die immerwährende Gefahr eines Amoklaufes an Schulen eine Angst vieler Schüler, Eltern und Lehrer, und wurde damit zu einem neuen Betätigungsfeld vieler Firmen, die den Wunsch nach mehr Sicherheit gerne erfüllen, natürlich nur gegen bare Münze.

In seiner neuen Dokumentation Bulletproof, die auf der diesjährigen DOK Leipzig gezeigt wird, versucht Regisseur Todd Chandler Sicherheit als Wert in der Gesellschaft der USA zu definieren und welche Maßnahmen ergriffen werden, um zu versuchen, diese zu gewährleisten. Von der Besichtigung eines „Amok-Drills“ an einer Schule, welche den Ernstfall probt, bis hin zum Besuch einer Sicherheitsmesse in Las Vegas, wo Schulmitarbeitern die neuesten Entwicklungen in Sachen Sicherheit in der Schule gezeigt werden, illustriert Bulletproof die Sehnsucht einer nach vollkommener Sicherheit strebenden Gesellschaft, innerhalb derer sich schon viele mit dem utopischen Unterton dieses Versprechens zufriedengegeben haben.

Der Wolf im Schafspelz
Ernüchterung und Beunruhigung könnten beim Betrachter eine Dokumentation wie Bulletproof überwiegen. Chandlers Film liefert seinem Zuschauer eine ganze Menge an Informationen und Perspektiven, von jungen Firmengründern, Schulleitern, Lehrern, Müttern und Beamten, deren Gedanken immer wieder um die jungen Menschen kreisen, welche die Kamera immer wieder, wie zur Erinnerung, einfängt, wie sie Sport treiben, durch die Schulflure schlendern oder einfach nur in der Klasse miteinander diskutieren. Auf einmal stoppt diese Normalität, es ertönt ein Alarm und der Raum verändert sich, als sich die Klasse, alle mucksmäuschenstill, in der Ecke des Raumes, der Tür abgewendet, einfinden und dem Ende des Drills entgegenharren, der vielleicht einmal zum Ernstfall werden kann.

Lange noch klingen die Worte des Mathematiklehrers nach, der behauptet, die Wahrscheinlichkeit einem Amoklauf zum Opfer zu fallen, ist niedriger als bei einem Flugzeugabsturz umzukommen. Dennoch schwebt immer wieder auch die Angst mit, das Gefühl, es könnte doch wieder passieren, ist die Gefahr doch meist im eigenen Haus und kann, wenn sie sich gut verbergt, jederzeit zuschlagen. Es sind die „Wölfe im Schafspelz“, wie es ein Lehrer sagt, die man fürchtet, gleich gefolgt von einer Entschuldigung, dass man natürlich alle Schüler unter Generalverdacht stellen wolle. Jedoch bleibt diese Angst, treibt Menschen paradoxerweise dazu, sich noch mehr Waffen zuzulegen, noch mehr in Kameras und Metalldetektoren zu investieren und damit einen Industriezweig zu fördern, der schon seit langem sehr viel an der Sehnsucht nach Sicherheit und der Angst vor der möglichen Gefahr verdient.

Immer wieder gelingen Chandlers Kamera solche Momente der Klarheit und der Wahrheit. Nachdem ihm ein Schulleiter sein ganzes Equipment – von Kameras über Sensoren, die überwachen, wo die Schüler sich befinden, bis hin zu Metalldetektoren – vorgeführt und erklärt hat, folgt eine lange Pause, in welcher der Mann wohl im Kopf ausrechnet, wie viel Geld er für diese ganze Technik ausgegeben hat, die man wohl eher in Empathie- und Förderkurse gesteckt hätte, eine längerfristig wohl nachhaltigere Investition, wie er nach einiger Zeit selbst zugibt.

Credits

OT: „Bulletproof“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Todd Chandler
Musik: Troy Herion
Kamera: Emily Topper

Filmfeste

Dok Leipzig 2020

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„Bulletproof“ ist ein ernüchternder Blick auf das Thema Sicherheit in den USA im Kontext von Amokläufe an Schulen. Dank einer umsichtigen Recherche und einer Vielzahl von Gesprächspartnern gelingt Todd Chandler ein oft sehr erhellender Blick auf ein komplexes Thema, welches verweist auf die fehlgeleitete Waffenpolitik eines Landes.