Der junge Sangye Young

Der junge Sangye

Kritik

Der junge Sangye Young
„Der junge Sangye“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Sangye (Ju  Qiong Qin Zhe) lebt mit seiner Familie im Herzen Tibets, in einem kleinen Dorf in den Bergen. In der Schule ist er einer der besten Schüler, versucht so viel zu lesen, wie es seine Zeit erlaubt, und weiß auf alles eine Antwort, was seine Eltern bisweilen ganz schön überfordert. Schließlich verweigert Sangye den Besuch der Schule, weil es ihm dort zu langweilig wird und sammelt stattdessen lieber Cordyceps, eine Art von Schlauchpilz, die in den Bergen wächst und die beispielsweise zur Herstellung von Arzneien verwendet wird. Da er gerne eine Enzyklopädie wie die in seiner Schule haben will, rechnet er aus, wie viele der Pilze er sammeln und verkaufen muss, damit er sich die Bücher leisten kann. Als seine Eltern, zusammen mit anderen Bewohnern der Gegend, in die Berge ausbrechen, wo sie die begehrten Pilze sammeln, ist Sangye nicht mehr zu halten, sucht jeden Zentimeter Boden ab und hat am Ende eines jeden Tages eine stattliche Anzahl gesammelt. Eines Tages verschlägt es einen Mann, der sich als Händler ausgibt, in die Gegend. Nicht nur von der schieren Zahl der Pilze begeistert, sondern auch von der Geschäftstüchtigkeit Sangyes überzeugt, kauft der Mann ihm und seiner Familie alle Pilze ab und verspricht dem Jungen sogar, er würde ihm eine Enzyklopädie kaufen, wenn er ihm im Gegenzug zusagt, nach den Ferien wieder in die Schule zu gehen. Als Sangye nach den Ferien wieder in der Schule ist, wartet er vergeblich auf den Mann und das Einlösen des Versprechens, bis er schließlich genug hat und sich selbst auf die Suche nach dem Händler macht.

Ein Schlüssel zur Welt
Um dort Filme zu machen, zog der chinesische Regisseur Zhang Guodong eigens nach Tibet, wo er eine Vielzahl von Dokumentationen drehte über das Leben, die Landschaft und die Menschen des Landes. Für Rogan’s Family Affair (2016) erhielt er zahlreiche Preise, unter anderem die Ehrung in der Kategorie Bester Dokumentarfilm des Hong Kong Documentary Film Festival. In seinem Spielfilmdebüt Der junge Sangye, welches auf dem diesjährigen Internationalen Filmfestival Schlingel zu sehen ist, erzählt er von einem Jungen, für den Wissen alles bedeutet und der bereit ist dafür zu kämpfen.

Sangye ist ein Naturbursche, der sich in den Bergen und der Weite der Landschaft am wohlsten fühlt. Zudem ist er ein Junge, der nicht nur einen scharfen Verstand, sondern zudem ein scharfes Auge besitzt, wie sein Vater mit einer leichten Spur von Neid bemerkt, dauert es doch keine Minute, ohne dass Sangye nicht auf einen weiteren der schwer zu erkennenden Pilze stößt und diesen ausgräbt. Sangye gehört zu jenem Typ Protagonisten, die, wie Huckleberry Finn, in der Natur zu Hause sind und gewillt sind, diese weiter zu erforschen und sich zu erschließen. Wissen ist für Sangye ein Schlüssel zu dieser Welt geworden, doch die Schule als Institution hat für ihn schnell ihre Grenzen erreicht, sodass er beschließt, von nun an selbst für seinen Wissenserwerb zuständig zu sein.

Geld und Wissen
In seiner Inszenierung thematisiert Zhang Guodong den Zusammenprall der Lebenswelt des jungen Protagonisten mit der Erwachsenenwelt. Besonders sein arbeitsloser Vater, der viel von dem ersparten Geld für Alkohol und Glücksspiel ausgibt, weiß wenig damit anzufangen, dass sein Sohn mehr wissen will, wohl aber mit seinem scharfen Geschäftssinn, der seiner Familie gegenüber dem Händler sehr hilft. Brutal ist dann die Erkenntnis, dass Sangye mit seinem bisherigen Wissen in der von Profit regierten Erwachsenenwelt an seine Grenzen stößt, was man besonders im zweiten Teil des Films, der in der Stadt spielt, sehen kann.

So erzählt Guodongs Drehbuch vor allem von einem Prozess der Reifung und der Erwachsenenwerdens, aber auch von kindlicher Unschuld, die von einer harschen Wirklichkeit eingeholt werden wird. Allerdings ist dies bei weitem nicht so negativ wie es erscheint, denn der von  Ju Qiong Qin Zhe mit großer Natürlichkeit und Energie gespielte Sangye ist vielleicht schon zu gewieft und frech, um einfach so seinen Mut zu verlieren.

Credits

OT: „Shàoián sāng jí“
Land: China
Jahr: 2019
Regie: Guodong Zhang
Drehbuch: Guodong Zhang
Kamera: Liu Zhongjun, Jin Lihe
Besetzung: Ju Qiong Qin Zhe, Rin Chin Rgyamtso

Bilder

Trailer

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Schlingel 2020

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„Der junge Sangye“ ist eine Geschichte über Unschuld, Erwachsenwerden und den Durst nach Wissen. Zhang Guodong erzählt in schönen Bildern von einem Jungen, der mehr von der Welt wissen will und dabei die teilweise unbequemen Wirklichkeiten der Erwachsenenwelt kennenlernt.
7
von 10