Metropolitan

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Kritik

Metropolitan
„Metropolitan“ // Deutschland-Start: 6. Dezember 1990 (Kino)

In der Weihnachtszeit trifft sich in Manhattan ein illustrer Kreis junger Menschen, allesamt Angehörige der High Society und Studenten in namhaften Universitäten. Durch einen Zufall gerät Tom Townsend (Edward Clements) in ihren Kreis, als er gerade auf dem Weg nach Hause war und man dachte, man habe Tom das Taxi geklaut. Schnell stellt sich heraus, dass Tom nicht so richtig zu ihnen gehört wegen seiner Ansichten und Vorbehalten gegenüber gewisser Umgangsformen, die für ihn versnobt sind. Jedoch hat es eher damit zu tun, dass Tom aus einem mittelständischen Haushalt kommt und sich daher deplatziert in der Clique fühlt, die sich „Sally Fowler Rat Pack“ nennt, in Anspielung auf ihre Freundin, in deren Wohnung sie ihre Treffen und Partys veranstalten. Mit der Zeit kann sich Tom in den Freundeskreis integrieren, besonders dank Nick Smith (Chris Eigeman), der für ihn so etwas wie ein Mentor wird, und wegen der schüchternen Audrey (Carolyn Farina), die ein Auge auf Tom geworfen hat. Je mehr er jedoch Teil der Gruppe wird, desto mehr zeigen sich auch Unterschiede in ihrer Denkweise bezüglich Reichtum und dem Leben an sich. Zudem leidet Tom immer noch unter der unglücklich in die Brüche gegangenen Beziehung mit Serena (Elizabeth Thompson), die ihn einst zurückwies und nun, da er zu einer angesehenen Clique gehört, wieder seine Nähe sucht, was besonders Audrey unglücklich macht.

Stadtbilder
Obwohl Whit Stillmans Spielfilmdebüt zu einer Zeit herauskam, in welcher der US-amerikanische Independentfilm dank Namen wie Quentin Tarantino und Steven Soderbergh eine seiner besten Zeiten erlebte, ist dies ein Film, der dennoch aus der Menge der Produktionen der Zeit heraussticht. Während sich viele Filmemacher eher mit den Randbezirken der Gesellschaft befassten, war Stillmans Geschichte mitten in der New Yorker High Society angesiedelt und unterscheidet sich zudem formal sehr von anderen Independentproduktionen jener Zeit. Gerade diese Unterschiede machen den Charme von Metropolitan aus, der unter anderem das Porträt einer Zeit ist, die vergangen ist und sich weniger einer filmischen, sondern mehr einer literarischen Tradition, wie sie in den Romanen F. Scott Fitzgeralds vorliegt, verpflichtet sieht.

Jedoch ist Metropolitan, trotz der vielen dialoglastigen Szenen, vor allem ein Porträt New York Citys. Ähnlich den Werken Woody Allens sind die Charaktere, die Stillman beschreibt, nicht nur Produkte von Status und Wohlstand, sondern insbesondere dieser Stadt und der Möglichkeiten, die sie bietet. Auch wenn die mittelständische Behausung Toms hervorsticht bewegt auch er sich in einem kultivierten Mikrokosmos, der, entgegen vieler anderer Porträts dieser Schicht aus den 80ern, keinesfalls nur oberflächlich, gemein und durchweg von konservativen Idealen geprägt ist. Der Kreislauf der Eliteuniversitäten, der Ferien in den Southhamptons und die Cocktails bei einem Freund zu Hause sind feste Teile eines Zirkels, dem sich die Angehörigen der Clique verpflichtet fühlen, aber insgeheim auch entkommen wollen. Konsequenterweise schwankt Stillmans Inszenierung zwischen jener Vertrautheit der Clique, der Verbundenheit, die vor allem Tom mit der Zeit zu ihr fühlt, und einer gewissen Geschlossenheit, von der man sich emanzipieren möchte.

Eine goldene Zeit
Ähnlich den Charakteren, wie sie Fitzgerald beispielsweise in Der große Gatsby beschreibt, bekommt man durch Figuren wie Audrey und Tom eine Außenseiterperspektive auf die Welt, die Stillman in Metropolitan zeigt. In seinem ausführlichen Essay über den Film mit dem Titel After the Ball weist Autor Luc Sante auf noch weitere Parallelen hin zu Werken der Literatur, viele von ihnen, wie die Werke Jane Austens oder Oswald Spenglers Der Untergang des Abendlandes, kommen direkt innerhalb der Geschichte vor. Wie Audrey und Tom wird man folglich Zeuge eines Niedergangs einer Zeit und einer Welt, die, wie die, welche Fitzgerald beschreibt, nie mehr wieder kommen wird oder sich so verändert, dass ein Wiedererkennen unmöglich ist.

Jenes Wissen um diesen Zerfall macht einer der Hauptstränge der Handlung aus sowie den leicht wehmütigen Ton des Drehbuchs, der nicht die Bourgeoisie feiert oder deren Dekadenz, sondern eher, was aus dieser wahrscheinlich wird.

Credits

OT: „Metropolitan“
Land: USA
Jahr: 1990
Regie: Whit Stillman
Drehbuch: Whit Stillman
Musik: Jock Davis, Tom Judson, Mark Suozzo
Kamera: John Thomas
Besetzung: Edward Clements, Carolyn Farina, Chris Eigeman,Taylor Nichols, Allison Parisi, Dylan Hundley, Will Kempe, Isabel Gillies, Bryan Leder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1991 Bestes Original-Drehbuch Whit Stillman Nominierung
Film Independent Spirit Awards 1991 Bester Debütfilm Sieg
Bestes Drehbuch Whit Stillman Nominierung
Beste Hauptdarstellerin Carolyn Farina Nominierung

Filmfeste

Sundance Film Festival 1990
Cannes 1990
Locarno Film Festival 1990
Locarno Film Festival 2020

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Whit Stillmans „Metropolitan“ ist ein nostalgischer Abgesang auf die New Yorker High Society wie sie in den 1980er noch teilweise existierte. Die pointierten Dialoge sowie die literarische Tradition, der sich der Film verpflichtet fühlt, machen ihn sehr sehenswert und ungemein unterhaltsam.
8
von 10