Bezeten Het Gat in de Muur Besessen das Loch in der Wand Obsession
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Besessen – Das Loch in der Wand

Kritik

Bezeten Het Gat in de Muur Besessen das Loch in der Wand Obsession
„Besessen – Das Loch in der Wand“ // Deutschland-Start: 15. August 1969 (Kino) // 2. Juni 2016 (DVD/Blu-ray)

Eigentlich ist Nils (Dieter Geissler) nach Rotterdam gekommen, um dort für sein Medizinstudium zu lernen und die letzten noch nötigen Prüfungen zu schreiben, jedoch nimmt in letzter Zeit etwas anderes seine Zeit in Anspruch. Durch Zufall hat er in seiner kleinen Wohnung ein Loch in der Wand entdeckt, welches ihm erlaubt, das Treiben seiner Nachbarn zu beobachten. Während seine Freundin Marina (Alexandra Stewart) ihn als einen Spanner bezeichnet, ist Nils wie gefesselt von den seltsamen Ereignissen nebenan, beobachtet, wie sein Nachbar immer andere Frauen in seine Wohnung nimmt, diese scheinbar verführt und unter Drogen setzt. Nils beschließt, es nicht länger nur beim bloßen Beobachten zu belassen und lässt sich einen Schlüssel für die Nachbarwohnung anfertigen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Parallel ist Marina mit einem genauso seltsamen Fall beschäftigt, in dem es um das Verschwinden eines amerikanischen Soldaten geht und um eine Frau. Als auch sie neugierig wird, was Nils Nachbarn so trieben und zudem alarmiert ist, als sie hört, was anscheinend mit den Frauen in der Wohnung geschieht, entdeckt sie einige beunruhigende Parallelen zu ihrem eigenen Fall und ahnt bereits, in welche Gefahr sich Nils begibt. Doch für diesen ist das Treiben seines Nachbarn längst zu einer Obsession geworden, die er nicht so leicht abschütteln kann.

Der Blick in ein anderes Leben
Der 1940 geborene surinamesisch-holländische Regisseur Pim de la Parra ist wahrscheinlich einer jener Filmschaffenden, dessen Werk viele Cineasten erst noch entdecken müssen, obwohl seine Relevanz für das niederländische Autorenkino unbestritten ist. Sein wohl bekanntestes Werk ist Besessen – Das Loch in der Wand aus dem Jahre 1969, an dessen Drehbuch unter anderem Martin Scorsese beteiligt war. In diesem Film erzählt Pim de la Parra eine Geschichte, die, angelehnt an Werke wie Das Fenster zum Hof, von Obsessionen berichtet, wie der Blick in ein anderes Leben und auf etwas Verbotenes ein Leben nachhaltig verändern kann.

Wie schon bei James Stewart in Hitchcocks Klassiker wird man wohl auch als Zuschauer von Besessen – Das Loch in der Wand eine eher zwiegespaltene Beziehung zu jemandem wie Nils aufbauen. Zwar sagt er, er sei Medizinstudent und betont gegenüber seiner reichen Mutter, er würde für Prüfungen lernen, doch medizinische Fachliteratur findet sich keine in seinem Ein-Zimmer-Apartment. Bereits in den ersten Minuten des Films sieht man Nils, wie er seinen Nachbarn beim Sex beobachtet, was daran erinnert, wie der von Anthony Perkins gespielte Norman Bates seine Opfer ebenfalls durch ein Loch in der Wand beobachtet. Auch für Nils, gespielt von Dieter Geissler, ist der Blick auf ein anderes Leben zu einer gefährlichen Sucht geworden und, wie schon bei Bates, wird ihn das einfache Beobachten ohne das Manipulieren und Kontrollieren nicht mehr lange zufriedenstellen.

Manipulation und Sehen
Die Dramaturgie einer Geschichte, wie sie Pim de la Parra erzählt, definiert sich vor allem durch diese scheinbare Eindeutigkeit des Sehens. So ist Nils, wie später auch Marina, von einer Wahrheit überzeugt, einer Version der Ereignisse, die er über alle anderen Möglichkeiten stellt. Erzählerisch wird auch der Zuschauer über weite Strecken im Unklaren gelassen über die Authentizität von Nils Interpretation. Pim de la Parras Inszenierung wie auch der Schnitt Henri Rusts betonen das Fragmentarische der Beobachtung, zeigen nicht nur den Nachbarn, sondern lange Zeit auch Nils in einem eher unvorteilhaften Licht. Eine meisterhaft geschnittene Albtraumsequenz hebt nochmals hervor, inwiefern die Wirklichkeit von eben jener fatalen Obsession definiert wird.

Ein weiterer Aspekt, der ein essenzieller Bestandteil der Dramaturgie des Films ist, ist die Musik Bernard Herrmanns, der für viele Werke Alfred Hitchcocks die Filmmusik komponierte. Nicht nur die dramatischen Szenen, sondern auch der fortschreitende Wahn Nils’ findet sich in der Musik wieder.

Credits

OT: „Bezeten, Het Gat in de Muur“
Land: Niederlande, Deutschland
Jahr: 1969
Regie: Pim de la Parra
Drehbuch: Pim de la Parra, Martin Scorsese, Wim Verstappen
Musik: Bernard Herrmann
Kamera: Frans Bromet, Hubertus Hagen
Besetzung: Dieter Geissler, Alexandra Stewart, Tom van Beek, Donald Jones, Elisabeth Versluys, Marijke Boonstra

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„Besessen – Das Loch in der Wand“ von Pim de la Parra ist eine dramaturgisch und ästhetisch gelungene Geschichte über gefährliche Obsessionen. Sollte man reines Spannungskino erwarten, wird man wahrscheinlich enttäuscht werden, denn Pim de la Parra interessiert sich vor allem für das Psychogramm eines Menschen und wie dieser durch den verbotenen Blick auf ein anderes Leben verändert wird.
6
von 10