Death and the Compass

Death and the Compass

Kritik

Death and the Compass
„Death and the Compass“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

In einer südamerikanischen Metropole in einer nicht genauer beschriebenen Zukunft leitet Detective Lonnot (Peter Boyle) eine Morduntersuchung. Während sein Kollege und Vorgesetzter Treviranus (Miguel Sandoval) den Fall am liebsten so schnell es geht abwickeln möchte, glaubt Lonnot an einen anderen, weit komplizierteren Zusammenhang. Da eines der Opfer den Talmud erforschte und sich zudem eine kryptische Nachricht am Tatort fand, glaubt Lonnot, der Fall würde nur aufgeklärt werden können mithilfe der Erforschung des Talmud. Einzig und allein der jüdische Reporter Zunz (Christopher Eccleston), wenn auch Atheist, hilft Lonnot bei der Ermittlung, erforscht mit ihm diverse religiöse sowie spirituelle Schriften, ohne aber auf eine nutzbare Spur zu stoßen. Trotz der zunehmenden Verwirrung, die der Detective mit seinen Ermittlungsmethoden verursacht, welche ihm nicht nur Spott, sondern auch Kritik seitens Treviranus nach sich ziehen, glaubt der Polizist weiter an einen größeren Zusammenhang. Schließlich versteift er sich in der Annahme, er könne mithilfe der ihm zur Verfügung stehenden Quellen den nächsten Mord vorhersehen.

Die absolute Realität
Nach Highway Patrolman widmete sich der britische Regisseur Alex Cox in seinem zweiten Film, der abermals in Mexiko gedreht wurde, einer Kurzgeschichte des Schriftstellers Jorge Luis Borges mit dem Titel La murte y la brujula. Was zunächst als ein 55-minüter Spielfilm geplant war, wurde von Cox letztlich um mehrere Minuten erweitert, da er meinte, man würde die Motive des von Peter Doyle gespielten Ermittlers, besonders im letzten Drittel des Films, nicht verstehen. Dabei entstanden die Szenen, in welchen Miguel Sandovals Figur, nun alt und verbittert, seine Version der Ereignisse schildert, ein Aspekt, der bisweilen eine sehr nötige Struktur in das verwirrende Handlungsgeflecht des Films bringt.

Wie man anhand der Filme Cox’ aus dessen mexikanischer Zeit sieht, distanziert er sich zunehmend von jedweder Konvention des filmischen Erzählens und sucht immer wieder neue Wege der Narration. Nicht nur wegen seiner literarischen Vorlage gilt Death and the Compass zu dem wohl sperrigsten Werk aus dieser Zeit, denn trotz der besagten Rahmenerzählung werden sich wohl mehrere Fragezeichen im Kopf des Zuschauers abbilden, die nicht immer befriedigend aufgelöst werden. Ähnlich seinem im Anschluss entstandenen Three Businessmen experimentiert Cox nämlich auch mit Aspekten wie Zeit und Ort im Film, wie diese dargestellt werden und inwiefern diese den labyrinthischen Charakter der Geschichte ergänzen.

Ein ewiger Quell der Irritation ist der von Peter Boyle mit großer Bestimmtheit und Ruhe gespielte Detective Lonnot. Beinahe wie eine Karikatur der Detektivfiguren, wie man sie aus Romanen oder Filmen kennt, glaubt dieser stets an eine verzwickte Erklärung hinter den Morden, konstruiert sich quasi selbst ein Labyrinth, aus dem er anscheinend selber nicht mehr herausfindet. Andererseits wirkt eine Figur wie der von Miguel Sandoval gespielte Treviranus genauso befremdlich in seinem Beharren auf einfache Erklärungen, ein Opportunist, der nicht umsonst wesentlich schneller die Karriereleiter bei der Polizei beschreitet als ein Kollege. Hinzu kommt seine offen an den Tag gelegte Verachtung für die Welt, in der sie sich bewegen, seine gebrüllten Befehle und Behandlung von Verdächtigen. Beide trennt die Definition einer „absoluten Wahrheit“, nach der sie suchen oder in deren Besitz sie sich vermuten.

Bilder eines Irrgartens
Fast schon erübrigt es sich zu schreiben, dass nach knapp der Hälfte des Films die Aufklärung des Falles in den Hintergrund rückt und man sich wie Lonnot in jenes Labyrinth begibt mit einer Mischung aus Faszination und dem Willen, eine Antwort zu finden. Dieses Handlungskonstrukt wirkt beinahe kafkaesk, was noch durch die allgegenwärtige Oppression seitens des Staates und seiner Institutionen verstärkt wird. Gerade die bedrückende Eingangssequenz, welche einen Schusswechsel zwischen Polizisten und einer Gruppe von Rebellen, angeführt von dem mysteriösen „Red Scharlach“ zeigt, vermittelt einen guten Eindruck von dieser dunklen, totalitären Zukunft, für die das Bild des Labyrinths das mehr als passende Symbol liefert.

Credits

OT: „Death and the Compass“
Land: USA
Jahr: 1992
Regie: Alex Cox
Drehbuch: Alex Cox
Vorlage: Jorge Luis Borges
Musik: Dan Wool, Pray for Rain
Kamera: Miguel Carzón
Besetzung: Peter Boyle, Miguel Sandoval, Christopher Eccleston

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"Death and the Compass" ist ein sperriger Mix aus Detektivfilm und Zukunftsvision. Alex Cox beweist seinen Ruf als eigenwilliger Filmemacher, der sich furchtlos in seinen Filmen auf Experimente einlässt, sowohl formaler wie auch inhaltlicher Natur, die aber einen sehr toleranten und geduldigen Zuschauer benötigen.
6
von 10