Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus

Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus

Kritik

Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus
„Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus“ // Deutschland-Start: 17. November 2021 (MUBI)

„In der Natur ist ein Stein ein Stein“, erfahren wir an einer Stelle in Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus. Das klingt jetzt erst mal nicht nach viel, ist nicht unbedingt das, was wir eine tiefsinnige Erkenntnis nennen würden. Und doch, ein bisschen dankbar darf man dem kroatischen Filmemacher Dalibor Baric für diesen Satz schon sein, ist er doch eines der wenigen Beispiele in dem Film, die noch so etwas wie tröstlichen Halt in einem Meer der Ungewissheit spenden. Ein Film, der einen an so vielem zweifeln lässt: der Welt, dem Sein und den eigenen Sinnen, denen es nicht gelingt, die Abfolge von Bildern in eine Geschichte zu verwandeln.

Das Rätsel vor der Frage

Schon der Titel ist ein echter Stolperstein: Wo die meisten Filme dort bereits eine Art Voraberklärung bieten, worum es inhaltlich denn gehen wird, da kommt man hier schon ins Grübeln, noch bevor Baric überhaupt losgelegt hat. Aber das ist ohnehin nur der Auftakt zu einer großen Rätselrunde, in der alles Mögliche seinen Platz findet – oder eben auch nicht findet. Teilweise erinnert Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus an einen Film Noir, es geht um finstere Hintermänner und Verschwörungen, gegen die angekämpft wird. Es geht aber auch um Kunst, um Filme, um Filme in Filmen. Und um eine Zeitreise.

Dalibor Baric zeichnet sich dabei wie sein lettischer Kollege Gints Zilbalodis als echter Alleinunterhalter, der Regie und Drehbuch, Musik und Animation ganz alleine ersinnt und zusammengeführt hat, zu einem einmaligen Werk. Während Away – Vom Finden des Glücks aber, trotz der Vorliebe für das Surreale und rätselhafte Vorkommnisse, zumindest noch eine geradlinige Handlung verfolgte, da ist Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus eine Collage. Das betrifft nicht allein den Inhalt, der das Konkrete mit Vorliebe für das Abstrakte opfert, philosophisch-existenzielle Gedanken mit Was-wäre-wenn-Labyrinthen verbindet, in denen Menschen Filme über sich anschauen, in dem man selbst Teil eines Films und sich selbst anschaut, wie ein Spiegel, der bis in die Unendlichkeit weiterführt. Auch die Optik ist ein bunter Mix, zusammengeklaubt aus dem Baukasten der Animation.

Eine Collage ohne gleichen

Beispielsweise wendet Baric immer wieder das Mittel der Rotoskopie an, wenn reale Menschen gefilmt und danach übermalt werden. Das allein reicht ihm aber nicht, weshalb er zur zusätzlichen Verfremdung noch weitere Elemente dranheftet. An anderen Stellen nimmt er starre Bilder, die er durch den Raum führt, während Voice over immer tiefer in das Labyrinth hineinführen. Farben werden nach Belieben verwendet, höchstens zufällig stimmen sie mit denen überein, die man selbst da draußen sehen würde. Und gerade als man dachte, es könnte nicht mehr irrer werden, entdeckt Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus die Bienen. Dass beim Annecy Festival gerne mal ungewöhnlichere Animationsfilme gezeigt werden, das ist bekannt. Bei der Online-Ausgabe 2020 ging man jedoch noch ein ganzes Stück weiter als sonst, nicht zuletzt weil man bei den großen Filmen wohl Angst vor Piraterie hatte.

Die einen werden das bedauern. Ein experimentierfreudiges Publikum hat dafür dieses Jahr richtig viel zu tun. Und selbst in diesem Umfeld sticht Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus noch heraus, das durch kontinuierliche Bild-, Sprach- und Storypuzzle auf jede Frage mit fünf Gegenfragen antwortet. Es bleibt deshalb zu hoffen, dass es zu einem späteren Zeitpunkt noch weitere Möglichkeiten geben wird, sich in Ruhe auf dieses Rätsel einzulassen, das geradezu einlädt, eigene Diskussionsgruppen zu gründen und verschiedene Interpretationsansätze zu verfolgen, wenn hier munter durch die Zeit gereist wird, Anspielungen unter anderem an Cronenberg eingebaut werden und der Zufall System hat. Oder war es doch umgekehrt?

Credits

OT: „Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus“
Land: Kroatien
Jahr: 2020
Regie: Dalibor Baric
Drehbuch: Dalibor Baric
Musik: Dalibor Baric

Trailer

Filmfeste

Annecy 2020

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„Accidental Luxuriance of the Translucent Watery Rebus“ ist ein Animationsfilm wie kein anderer, eine inhaltliche und visuelle Collage, die ein Rätsel im Rätsel sucht. Ein experimentierfreudiges Publikum hat seine helle Freude an dem mit Versatzstücken von Film Noir und Science-Fiction spielenden Werk, wer eine herkömmliche Geschichte erwartet, der wird aus dem vielschichtigen Labyrinth kaum mehr herausfinden.