Politiki kouzina Zimt und Koriander
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Zimt und Koriander

Kritik

Politiki kouzina Zimt und Koriander
„Zimt & Koriander“ // Deutschland-Start: 28. April 2005 (Kino) // 28. November 2005 (DVD)

Der griechische Astrophysiker Fanis (Georges Corraface) erfährt, dass sein Großvater Vassilis erkrankt ist, und macht sich daher auf eine letzte Reise zu ihm nach Istanbul, wo die ganze Familie einst lebte. Fanis beginnt, sich zu erinnern: An seine Kindheit in Istanbul, wo ihm der Großvater anhand von Gewürzen erste Lektionen in Astronomie erteilte. An dessen Dachboden, wo er immer mit dem Mädchen Saime spielte. Aber auch an das Jahr 1964, als die Idylle zerbrach und die Türken die Griechen zwangen, das Land zu verlassen. Nun, 30 Jahre später fragt sich Fanis, der inzwischen selbst mit Leidenschaft kocht, ob er es geschafft hat, seinem eigenen Leben genug Würze zu geben.

In Zimt und Koriander wird retrospektiv wird die Geschichte des kleinen Griechen erzählt, die einerseits geborgen aussieht, auf der anderen Seite aber auch das eine oder andere Drama bereithält. Und wie man es nicht anders kennt, geht es mal wieder um die Liebe. Anders als in vergleichbaren Produktionen geht es aber neben der Jugendliebe vor allem um die Liebe zum Kochen, wie der Titel schon erahnen lässt. Jahrzehnte in die Vergangenheit versetzt, erleben wir durch die Augen des kleinen Fanis die wohl politischste Zeit Istanbuls in den 1960er Jahren.

Kulinarisches Kino
Man kann bei Filmen immer ausgiebig darüber debattieren, was sie genau auszeichnet. Essen steht dabei normalerweise nicht an erster Stelle. Und doch können kulinarische Kleinigkeiten einem Film eine gewisse Note verleihen – man denke zum Beispiel an den Big-Kahuna-Burger aus Pulp Fiction, den Strudel aus Inglourious Basterds, die Pasta Aglio e Olio aus Kiss the Cook – So schmeckt das Leben oder die ikonische Essenszubereitung im Gefängnis in Goodfellas, die allesamt zeigen, dass Speisen, das Kochen und der damit verbundene Genuss uns auf ganz unterschiedliche Art miteinander verbindet. Ganz nach dem Motto „das Auge isst mit“ erleben wir so auch in Zimt und Koriander die Bedeutsamkeit der Essenszubereitung am Beispiel der griechischen Küche.

Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise – so die drei Kapitel des Films porträtieren dabei aber nicht nur das Essen an sich, sondern auch die generelle Verbindung zu Erinnerungen, zum Beispiel an den Großvater und Gewürzverkäufer Vassilis, der Fanis schon im Kindesalter die Wichtigkeit von Gewürzen beibringt. So lernt der Zuschauer, dass beispielsweise Zimt in Hackbällchen eine ganz besondere Wirkung entfalten kann. Für deutsche Gaumen mag sich diese Kombination sonderbar anhören. Doch Regisseur und Drehbuchautor Tassos Boulmetis geht es dabei gar nicht um den eigentlichen Genuss beim Essen. Vielmehr regt er zum Überdenken des eigenen Konsums an und zeigt darüber hinaus, dass das Beisammensein am Küchentisch sehr viel bedeutsamer ist, als man denkt.

Eine Ode an die alten Traditionen
Wie auch schon in seiner Kindheit vertraut Fanis beim Zubereiten des Essens auf die alten Traditionen. Mediterrane Speisen mit Fisch, Gemüse und gefüllten Weinblättern stehen also an der Tagesordnung. Und auch wenn sich dies wenig spektakulär anhört, so erleben wir Fanis doch als reichen Menschen, der jede einzelne Speise zu würdigen weiß. Dies macht nicht nur vor dem Hintergrund unserer Überflussgesellschaft nachdenklich, sondern zeigt auch, dass das Motto „andere Länder, andere Sitten“ immer noch hochaktuell ist. Diese generelle Wertschätzung – in Griechenland möglicherweise tatsächlich ausgeprägter als in Deutschland – avanciert sich so bis zum Schluss zum grundlegenden Thema des Films.

Die zuspitzende Dramaturgie gegen Ende hin, bei der die politische Zeit Istanbuls in den 1960er Jahren in den Vordergrund gerückt wird, setzt das Ganze zudem in einen ganz besonderen Kontext. Es geht dabei um die Aufarbeitung der Vergangenheit, die zwischenmenschlichen Beziehungen und – dies sticht sicherlich am meisten heraus – der bereits angesprochene nostalgische Bezug zum Essen. Während Jahr für Jahr ins Land geht, Fanis erwachsen wird und sich mit den generellen Problemen als Erwachsener konfrontiert sieht, stellt sich jedoch auch bei Ihm ein Leerlauf ein. Die Familie nicht mehr um sich herum, die Jugendliebe verloren und eine wachsende Wehmut im Herzen später, realisiert Fanis letzten Endes, dass die Würze in seinem Leben fehlt. Aber mal ehrlich, wem geht es schon nicht so?

Credits

OT: „Politiki kouzina“
Land: Griechenland, Türkei
Jahr: 2003
Regie: Tassos Boulmetis
Drehbuch: Tassos Boulmetis
Musik: Evanthia Reboutsika
Kamera: Takis Zervoulakos
Besetzung: Georges Corraface, Ieroklis Michaelidis, Renia Louizidou, Stelios Mainas, Tamer Karadağli, Basak Köklükaya, Tassos Bandis, Markos Osse

Bilder

Trailer

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Zurück in seiner alten türkischen Heimat, erinnert sich der Grieche Fanis an seine aufwühlende Kindheit und die damaligen politischen Ereignisse. "Zimt und Koriander" erzählt dabei von der Liebe zum Kochen und der Bedeutung von Essen, gerade auch als vereinendes Element der Familie.
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von 10