Waterloo
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Waterloo

Waterloo
„Waterloo“ // Deutschland-Start: 24. März 1972 (Kino) // 5. September 2019 (Blu-ray)

Nachdem er 1814 als Herrscher Frankreichs auf Anraten seiner Generäle und unter dem Druck der nahenden Streitmächte abdanken musste, kehrt Napoleon Bonaparte (Rod Steiger) aus seinem Exil auf der Insel Elba bereits ein Jahr später zurück. Mit einem Heer von nur ein paar hundert Mann gelingt es dem erfahrenen Strategen schnell, die Gunst der Soldaten sowie des Volkes wiederzugewinnen. Da sich recht zügig nach seinem Putsch Ludwig XVIII. (Orson Welles) abermals Widerstand gegen Napoleon versammelt, schwört dieser seine ehemaligen Generäle auf sich ein und startet einen erneuten Feldzug gegen seine Gegner, vor allem die britische Armee unter Wellington (Christopher Plummer) und das preußische Heer. Als Napoleons Armee ein wichtiger Sieg über die Preußen gelingt, zwingt er diese zum Rückzug und isoliert Wellingtons Streitmacht damit. Siegessicher macht sich der Korse auf den Weg nach Waterloo, Brüssel, wo die alles entscheidende Schlacht zwischen den Briten und den Franzosen stattfinden soll.

Ein monumentales Unterfangen
Ein Blick auf die eindrucksvollen Luftaufnahmen während der historischen Schlacht bei Waterloo, eingefangen von der Kamera Armando Nannuzzis (Die Verdammten, Ludwig II.) unterstreicht die Dimensionen eines solchen Projektes nachhaltig. Schon andere Filmemacher sind an ähnlichen Projekten gescheitert, beispielsweise Stanley Kubrick, dessen Napoleon-Film wahrscheinlich die Geldbörse von so manchem Produktionsstudio gesprengt hätte. Von daher wundert es kaum, dass Produzent Dino De Laurenttis große Probleme hatte, das Budget für ein derartiges Projekt aufzutreiben. Der Aufwand während des Dreh lässt sich alleine daran messen, dass Regisseur Sergey Bondarchuk, der seit Krieg und Frieden einige Erfahrung mit Projekten dieser Größe hatte, immer vier Übersetzer an seiner Seite hatte, die ihm halfen, während der Schlachtszenen mit den Heerscharen von Komparsen, der Crew sowie seinen Schauspielern zu kommunizieren.

Da die Schlacht naturgemäß das Herzstück in Waterloo bildet, ist die Dramaturgie sowie das audiovisuelle Erleben das Aufeinandertreffens zweier Strategen sehr packend in Szene gesetzt. Durch die Musik des italienischen Komponisten Nino Rota, der zwei Jahre später an der Filmmusik für Francis Ford Coppolas Der Pate arbeiten sollte, erhalten die Bilder noch das dazugehörige Pathos, was nicht zuletzt durch den Einsatz von Zeitlupeneffekten betont wird und manchmal etwas störend ist. Nicht nur handelt es sich hier um eine Material- und Menschenschlacht bis dato ungeheurer Dimensionen, sondern zudem um eine Schlacht der Ideologien, einen Kampf um die Zukunft Europas. In den Gesichtern beider Feldherren ist die Schicksalhaftigkeit dieser Begegnung deutlich abzulesen.

Der innere Kampf
Bei all der Opulenz und dem Martialischen des Krieges ist Waterloo aber auch immer wieder ein sehr persönliches Drama mit zuweilen etwas aufgesetzten pazifistischen Tönen. Speziell die subtil inszenierte Eröffnungssequenz, welche Napoleon und seine Generäle zeigt, das letzte Aufbäumen dieses gefallenen Riesen, der noch in letzter Minute taktieren und befehlen will, obwohl alles verloren ist. Rod Steiger spielt den Feldherren als ein gehetztes Tier, erschöpft und doch wild entschlossen, seinen Willen durchzusetzen. Die verdeckten Möbel und Gemälde indes evozieren eine gespenstische Atmosphäre, einen Moment der Schwäche und des Abschieds, einer Unauswegbarkeit, der sich die Naturgewalt Napoleon entgegensetzen will alleine durch die Macht seines Wortes und Willens.

Auch die Figur des Sir Arthur Wellesley, oder des Herzog von Wellington, ist sehr überzeugend gelungen. Christopher Plummer spielt ihn als einen Menschen, der ganz die soldatischen Tugenden verkörpert, der eine Mischung aus Distanz und Nähe zu seinen Männern pflegt sowie eine strikte Trennung zwischen Privatem und der Pflicht. Wie Napoleon fühlen sich beide ganz in ihrem Element, wenn sie den Boden des Schlachtfeldes betreten, brüten über Taktiken und suchen Schwächen in den Zügen des anderen, was im Film durch einen entsprechenden Schnitt sowie den Einsatz von Voice-over unterstützt wird.



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Waterloo ist sein sehr sehenswerter Historienfilm, der zwischen Schlachtgetümmel und persönlichem Drama balanciert. Der Pathos mag an mancher Stelle etwas übel aufstoßen und auch die pazifistischen Töne wirken etwas aufgesetzt, aber das Gesamtbild wird durch die starke Inszenierung vieler Szenen sowie die tollen darstellerischen Leistungen Rod Steigers und Christopher Plummers gerettet.
7
von 10