Fritzi
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Fritzi Eine Wendewundergeschichte
„Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ // Deutschland-Start: 9. Oktober 2019 (Kino)

Fritzi und Sophie sind beste Freundinnen, verbringen jeden Tag zusammen in ihrer gemeinsamen Heimat Leipzig. Bis Sophie im Sommer 1989 in den Urlaub nach Ungarn fährt und Fritzi darum bittet, sich in der Zwischenzeit um ihren Hund Sputnik zu kümmern. Das tut sie natürlich gern, wozu gibt es schließlich Freundinnen? Dabei ahnt sie jedoch nicht, dass Sophie gar nicht mehr zurückkommen wird. Denn ihre Familie will von Ungarn aus in den Westen flüchten, ein für alle Mal weg aus der DDR. Für die 12-Jährige bricht eine Welt zusammen, als sie davon erfährt, will das alles zuerst gar nicht wahrhaben. Und vor allem: Was passiert jetzt mit Sputnik? Fest entschlossen, ihrer besten Freundin den Hund zurückzubringen, schmiedet Fritzi einen Plan, der sie selbst in große Gefahr bringt …

Es ist kaum zu glauben: In knapp einem Monat liegt der Mauerfall bereits 30 Jahre zurück. Während die einen noch die Fernsehbilder im Kopf haben werden, von Menschen, die auf die Mauer kletterten oder die deutsch-deutschen Grenzen stürmten, da ist für die anderen die Vorstellung komisch, Deutschland könnte überhaupt einmal getrennt worden sein. Auch wenn noch immer viel von einer Trennung zwischen West und Ost die Rede ist, die sich drei Jahrzehnte später hartnäckig hält, die Fahren und Auswirkungen der Teilung geraten langsam in Vergessenheit. Grund genug für zahlreiche Filmemacher, im Kino an diese Zeit zu erinnern. In Und der Zukunft zugewandt mussten drei DDR-Bürgerinnen über die brutale Vergangenheit schweigen, zum Wohle des Volkes. In Zwischen uns die Mauer scheitert eine Liebe an der titelgebenden Mauer in Berlin.

Aber das ist doch nicht gerecht!
Die Mauer wird auch in Fritzi – Eine Wendewundergeschichte eine große Rolle spielen. Anders als den Liebenden des obigen Kollegen ist der Titelheldin die Bedeutung dieser Mauer aber nicht bewusst. Es ist nicht einmal wirklich klar, ob sie von der Existenz der Mauer wusste, bevor sie selbst davon betroffen war. Wozu auch? Fritzi ist ein ganz normales Mädchen, das gern mit ihrer besten Freundin und deren Hund spielt, zum Schwimmen geht, in die Schule. Auch zu Hause passt alles: Der Film macht sie nicht zu einem der großen Opfer im System, wie es bei anderen Filmen zu dem Thema der Fall ist. Eigentlich ist ihr Leben gar nicht so schlimm. Wenn nicht zufällig Sophies Familie abgehauen wäre, sie hätte das Ganze wohl kaum irgendwie in Frage gestellt.

Das ist ein interessanter Ansatz, der es dem jungen Zielpublikum ermöglicht, ganz behutsam von den damaligen Missständen zu erfahren. Ihr Wunsch, der besten Freundin ihren Hund zurückzubringen, der ist ebenso universell verständlich wie ihre Enttäuschung, dass Sophie nicht mehr da ist. Wenn sie ihre Eltern mit Fragen löchert, zu den Hintergründen und der Zukunft, dann erscheinen die einerseits sehr naiv. Und doch, vieles ist eben gar nicht so leicht zu beantworten. Aus der DDR war längst ein System geworden, dessen Regeln man befolgen musste, selbst wenn man diese nicht verstand. Eine Regel: nichts hinterfragen. Schon die bloße Erwähnung der Mauer kann ziemlich viel Ärger nach sich ziehen, wie Fritzi irgendwann erfahren muss.

Es darf auch mal einfacher sein
Das geht zwangsläufig mit einigen recht grob gefertigten Figuren einher. Ob nun der Schul-Bully, die fiese Lehrerin oder der unfreundliche Herr von der Stasi, Fritzi – Eine Wendewundergeschichte zeigt immer sehr offen, wer böse ist und wer nicht. Für Schattierungen ist in diesem Schwarzweiß-Kontrast kein Platz. Und auch wenn der Film immer wieder andeutet, was mit den Menschen passieren kann, die sich nicht an die Regeln halten, so wird hier vermieden, zu deutlich zu werden, um die jungen Zuschauer und Zuschauerinnen nicht zu verschrecken. Dadurch bekommt der auf einem Buch von Hanna Schott und Gerda Raidt basierende Animationsfilm eine leicht märchenhafte Note, beschönigt zwar nichts, nimmt sich aber doch zurück. Nach dem Motto: Alles noch mal gut gegangen!

Das ist in dem Fall legitim, sehr einfühlsam führen die Regisseure Ralf Kukula und Matthias Bruhn (Molly Monster – Der Kinofilm) die zuschauenden Kinder an ein Thema heran, das ihnen zeitlich wie inhaltlich fremd sein dürfte. Dazu packen sie das auch noch in ein durchaus ansehnliches Gewand. Die Animationen sind zwar recht dürftig, was bei einer kleinen europäischen Produktion nicht verwundert. Die Hintergründe können sich dafür sehen lassen. Ob Fritzi nun in ihrem Baumhaus träumt, durch die Natur läuft oder unwissentlich Teil der Protestbewegung in Leipzig wird, das Team hat hier gute Arbeit geleistet, um der Geschichte das passende Ambiente zu verleihen. Ob das ausreicht, um in dem derzeit überlaufenen Animationsangebot im Kino wahrgenommen zu werden, das ist zwar etwas fraglich. Verdient hätte es der Film jedoch.



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„Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ erzählt von einem 12-jährigen Mädchen, das 1989 unwissentlich in die deutsche Wende hineingezogen wird. Der Animationsfilm ist zielgruppengerecht etwas einfacher gestrickt, führt das junge Publikum aber einfühlsam an ein fremdes historisches Thema heran und ist zudem teils auch schön bebildert.
7
von 10