Can You Ever Forgive Me
© 20th Century Fox

Can You Ever Forgive Me?

Can You Ever Forgive Me
„Can You Ever Forgive Me?“ // Deutschland-Start: 21. Februar 2019 (Kino)

Lee Israel (Melissa McCarthy) ist eine ebenso akribische wie erfolglose Biografin, für deren Werke sich schon seit einer ganzen Weile niemand mehr interessiert. Entsprechend schwierig ist mittlerweile auch ihre finanzielle Lage, nur mit Mühe und Not schafft sie es noch, sich und ihre Katze zu versorgen. Als sie eines Tages den Brief einer Autorin verkaufen will, um irgendwie noch Geld zu machen, kommt sie auf eine Idee: Warum nicht Briefe der großen Stars fälschen und an Sammler verhökern? Tatsächlich hat sie damit enormen Erfolg und beginnt bald, mit ihrem Freund Jack Hock (Richard E. Grant) ein richtiges Geschäft daraus zu machen. Doch je mehr dieser falschen Briefe im Umlauf sind, umso größer wird das Risiko, geschnappt zu werden.

Einer breiteren Öffentlichkeit ist Melissa McCarthy ja als Komödiantin bekannt, die mal mehr (Spy – Susan Cooper Undercover), mal weniger erfolgreich (Der Boss) das Publikum zum Lachen bringen möchte. Teilweise tut sie das auch in ihrem neuen Film. Und doch ist ihre Darstellung von Lee Isarel deutlich ambitionierter, als man es von ihr gewohnt ist. Die reale Figur der einfallsreichen Fälscherin, welche über 400 dieser getürkten Briefe geschrieben haben soll, die vermutlich spannendste Rolle, welche die US-Amerikanerin in den letzten Jahren so angenommen hat.

Das ist jetzt echt nicht wahr, oder?
Can You Ever Forgive Me?, das auf der gleichnamigen Autobiografie Israels basiert, funktioniert dabei auf mehreren Ebenen. Die offensichtlichste und unterhaltsamste ist die der Geschichte selbst. Die Art und Weise, wie die Autorin hier Briefe fälscht, kaltschnäuzig und kreativ in einem, die ist so unglaublich, dass man seinen Augen und Ohren kaum trauen mag. Man weiß dann auch nie so genau, ob man dort lachen, staunen oder applaudieren soll. Denn so kriminell, so dreist das Vorgehen, sie entlarvte damit doch auch einen selbstverliebten Starsbetrieb, der mehr am schönen Schein als an dem Inhalt interessiert ist.

Das ist auch deshalb amüsant, weil Israel selbst so gar nichts von einem Star hat, das ziemliche Gegenteil von Glamour darstellt. Sie ist klein, untersetzt, bieder, lebt in einer schäbigen Wohnung, die übersät ist mit Katzenexkrementen und Essensresten. Eine Wohnung, in die keiner der von ihr Verkörperten auch nur einen Fuß gesetzt hätte, wurde zum Geburtsort der intimsten Gedanken. Es ist nicht einmal so, dass ihre Persönlichkeit sonderlich gewinnend wäre. In einer völligen Missachtung der Welt da draußen führt sich die Schreiberin auf, als sei sie selbst eine Berühmtheit, beschimpft alles und jeden, der ihr unfreiwillig über den Weg läuft.

Zwei Verlierer unter sich
McCarthy erinnert hierbei etwas an ihre Rolle in Voll abgezockt, wo sie eine Online-Betrügerin mimte. Anstatt wie dort an ein Opfer gekettet zu sein, ist die zweite Hauptfigur hier jedoch die ihres nicht minder skrupellosen Freundes Jack Hock. Auch er ist in schwul-lesbischen Kreisen unterwegs, auch er hat seine Tage in der Sonne schon länger hinter sich, wenn die Party-Ikone heute als Obdachloser das letzte Geld an Alkohol und junge Männer verschwendet. Der rührendste Teil von Can You Ever Forgive Me?, das auf dem Telluride Film Festival 2018 debütierte, ist das Aufeinandertreffen dieser beiden Verlierer, die von Glanz und Gloria träumen, für die sich sonst aber niemand interessiert.

Weniger geglückt ist die zarte Annäherung zwischen Israel und der Buchhändlerin Anna (Dolly Wells), die zu ihrem ersten Opfer wird. Die moralische Zwickmühle, jemanden zu betrügen, nach dem man sich als Mensch sehnt, die wird hier praktisch gar nicht aufgezeigt. Allgemein scheint der Film diese zweite Bindung der Autorin immer wieder zu vergessen, behandelt sie recht stiefmütterlich. Ansonsten ist die biografische Tragikomödie aber absolut sehenswert, überzeugt sowohl als kurioses historisches Ereignis wie auch als Porträt einer bemerkenswerten und widersprüchlichen Frau, die sich so sehr in andere Menschen hineinfühlen konnte, bis sie selbst zu einem anderen wurde, und doch nie mit anderen Menschen umzugehen wusste.



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Eine Frau fälscht über 400 Briefe von Berühmtheiten und verdient damit jede Menge Geld: Was sich wie ein verrückter Drehbucheinfall anhört, ist die doch wahre Geschichte einer notorischen Betrügerin. „Can You Ever Forgive Me?“ lebt dabei gleichermaßen von dem absurden Vorfall wie auch von Melissa McCarthys ungeschönten Darstellung einer widersprüchlichen, bemerkenswerten Frau.
8
von 10