Asphaltgorillas
© Constantin Film

Asphaltgorillas

Asphaltgorillas
„Asphaltgorillas“ // Deutschland-Release // Kino: 20. August 2018

Frank (Jannis Niewöhner) braucht Geld. Jede Menge davon. Und er braucht es schnell. Glücklicherweise hat er schon eine Idee, wie er an die Summe kommen könnte, hat er doch von einem gewaltigen Falschgelddeal Wind bekommen. Einen Plan hat er auch schon, bei dem Atris (Samuel Schneider), sein Freund aus Kindestagen, eine große Rolle spielt. Der lässt sich das nicht zweimal sagen, schließlich will er auch endlich mal auf eigenen Beinen stehen, sich von dem herablassenden Gangsterboss El Keitar (Kida Khodr Ramadan) lossagen, vielleicht sogar bei seinen Eltern ausziehen. Aber irgendwie will das mit dem Plan nicht so recht klappen. Denn obwohl Atris die Diebin Bettina (Ella Rumpf) mit an Bord holt, sie stolpern anschließend von einem Chaos ins nächste.

Dass Detlev Buck in den letzten Jahren untätig gewesen wäre, kann man ihm eigentlich nicht vorwerfen. Während er als Schauspieler jedoch regelmäßig vor der Kamera erscheint, etwa letztes Jahr in Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt, so ist sein zweites Standbein Regie zuletzt etwas eintönig geworden. Erfolgreich waren sie ja, die vier Teile seiner Kinderbuchverfilmung Bibi & Tina. Mehr als eine Million Besucher pro Film, das muss man erst einmal schaffen. Auf Dauer erfüllt aber wohl auch das größte Hitformat nicht mehr, zumindest künstlerisch.

Ich versuch mal was Neues
Also machte Buck etwas anderes. Etwas ganz anderes. Zwar suchte er sich erneut eine bewährte literarische Vorlage, die er für die Leinwand adaptierte. Fündig wurde er jedoch ausgerechnet bei Ferdinand von Schirach (Terror – Ihr Urteil), was von vornherein einen gewissen Kontrast garantiert. Ein Buch, das Teenagerinnen erfreuen soll, ein Buch, das sich mit der Frage nach Schuld auseinandersetzt und dem Publikum einiges zumutet, unterschiedlicher könnten die Stoffe kaum sein.

Düster ist Asphaltgorillas dann auch irgendwie, zumindest was Thema und Setting angehen. Buck taucht ein in den Mikrokosmos Unterwelt, in der jeder gegen jeden kämpft, mit Drogen gehandelt wird, Falschgeld für den schnellen Reichtum sorgen soll. Und selbst wer nicht direkt auf Gesetzesbruch angewiesen ist, um über die Runden zu kommen, tut das schnell. Der moralische Kompass ist hier jedem abhandengekommen, selbst Autohändler oder Rapper mischen kräftig mit. Wer sich da mit dem Falschen anlegt, der sollte sich schon einmal von seinem Leben verabschieden oder sonstigem, das zuvor eine Rolle spielte. Danach tut es das nämlich nicht mehr.

Die bunte Welt des Verbrechens
Und doch ist der Film kaum mit etwa Nur Gott kann mich richten zu vergleichen, das Anfang des Jahres das Publikum in die ähnlich menschenverschlingenden Frankfurter Abgründe mitnahm. Asphaltgorillas, das auf dem Filmfest München 2018 seine Weltpremiere feierte, ist eher die Neon-Variante der Gosse. Die Leute fahren schicke, oder zumindest sehr auffällige Autos. Buck selbst entscheidet sich für derart stylische Bilder und schwindelerregende Kamerawirbel, als wolle er es ganz allein mit dem Klischee aufnehmen, dass deutsche Filme  alle gleich aussehen. Mag die Welt doch zugrunde gehen, sie muss dabei ja nicht hässlich aussehen. Oder gewöhnlich.

Aber auch inhaltlich trägt Asphaltgorillas gerne etwas dicker auf. Nur wenige der Figuren, die Bucks Vision der Unterwelt bevölkern, würde man auch wirklich als solche bezeichnen wollen. Am ehesten trifft das noch auf Atris zu, der in der grotesken Geschichte noch so etwas wie Bodenhaftung mit sich bringt. Er macht zwar fast alles falsch, tritt dabei aber noch als Mensch auf. Der Rest setzt sich aus wilden Karikaturen zusammen. Aus Stereotypen, die mit so viel Graffiti übersprüht wurden, dass man staunend vor der Leinwand sitzt und nach einem echten Kern sucht. Das ist teils unterhaltsam, etwa wenn sich Georg Friedrich (Der Hund begraben, Wilde Maus) als österreichischer Möchtegernganove genüsslich zum Affen macht. Teilweise ist es auch anstrengend. Richtig nachdenklich ist diese eigenwillige Kombination aus Krimi und Komödie sowieso nicht, so wie sie allgemein sehr zwischen allen Stühlen sitzt und man sich manchmal schon fragt, was das hier überhaupt sein sollte. Aber selbst wenn man die Antwort darauf auch nach den Credits nicht wirklich haben sollte, es geht eine ganz eigenartige Faszination von dieser Achterbahnfahrt aus, die im deutschen Kinoalltag wie ein Fremdkörper heraussticht. Ein Fremdkörper, der lustig, böse, blöd und schillernd zugleich ist.



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Der Titel klingt komisch, der Film ist es auch. Manchmal. „Asphaltgorillas“ ist eine eigenwillige Mischung verschiedener Genres, abgründig und gleichzeitig lustvoll überdreht. Das macht Spaß, ist aber auch anstrengend und lässt einen ebenso ungläubig staunend wie verwirrt zurück, was das eben eigentlich war.
6
von 10