Ein Lied in Gottes Ohr
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Ein Lied in Gottes Ohr

Ein Lied in Gottes Ohr
Kinostart: 26. Juli 2018

Da hätte Nicolas (Fabrice Eboué) mal besser nicht den Mund so voll genommen. Als der Musikproduzent bei einer Versammlung seiner Firma behauptet, er könne ohne Probleme einen neuen Act finden, der die Olympia-Musikhalle in Paris füllt, nimmt ihn seine Chefin bei Wort: Entweder ihm gelingt das Kunststück oder er findet sich auf der Straße wieder. Eine Idee dafür hat er tatsächlich. Warum nicht eine Gruppe zusammenstellen, die aus einem Priester, einem Rabbi und einem Imam besteht? So als Zeichen der Versöhnung und Gemeinsamkeit? Mit Samuel (Jonathan Coen), Benoît (Guillaume de Tonquédec) und Moncef (Ramzy Bedia) findet er auch die passenden Leute für ein solches Projekt. Nur das mit der Versöhnung und Gemeinsamkeit will bei den dreien so gar nicht funktionieren.

Religiöse Musik, die hat es natürlich schon immer gegeben. Dann und wann gelingt es aber Künstlern, aus dieser Idee waschechte Hits zu machen. In Deutschland verbinden beispielsweise Gregorian Popmusik mit gregorianischem Chorgesang und landen damit seit mittlerweile fast zwanzig Jahren in den oberen Bereichen der Charts. Ein Lied in Gottes Ohr nennt die Gruppe zwar nicht beim Namen, macht sich aber doch in einem der amüsanteren Momente darüber lustig, Geistliche auf die Bühne zu stellen, um damit Geld zu verdienen – nur um das dann selbst zu tun.

Zum Abschuss freigegeben
An Selbstironie mangelt es dem Film dann auch weniger. Ob es nun das Showgeschäft ist, das wirklich alles für den großen Reibach macht, dümmliche Künstler, die mit Sexandeutungen ihr mangelndes Talent überspielen wollen, oder Religionsvertreter – sie alle bekommen hier irgendwann ihr Fett ab. Vor allem die drei singenden Akteure nehmen dabei kein Blatt vor den Mund. So bekommt beispielsweise die katholische Kirche immer wieder das Pädophilie-Problem aufs Brot geschmiert, vom Judenstern bis zum Terrorismus wird alles in Ein Lied in Gottes Ohr einmal angesprochen.

Wer nun hofft, es hier mit einer richtig schön bissigen Satire zu tun zu haben, wird aber nur teilweise glücklich. Fabrice Eboué, der Regie führte, das Drehbuch schrieb und auch noch die Rolle des Musikproduzenten übernahm, geht nur gelegentlich in die politisch unkorrekte Richtung, welche vor einigen Jahren Monsieur Claude und seine Töchter zu einem Überraschungshit machten. Stattdessen mag es der Franzose lieber recht derb, baut immer wieder irgendwelche sexuellen Momente ein. Beispielsweise verschlägt es die drei in einen Stripclub, wo der Keuschheitsgedanke schon mal rote Ohren bekommt, wenn sich zwei nackte Hintern dagegen schmiegen.

Zu schnell aufgegeben
Komisch sind diese Momente aber nur manchmal. Während der Anfang von Ein Lied in Gottes Ohr noch vielversprechend ist und auch die ständigen One-Night-Stands von Nicolas’ Sekretärin Sabrina (Audrey Lamy) ganz amüsant sind, wird es im weiteren verlauf doch arg bemüht. Eboué fehlt es zudem an Ideen, wie er sein Szenario und seine Figuren vorantreiben kann. Zu oft versteift er sich auf dieselben Witze und Situationen, nutzt den Roadmovie-Aspekt seines Films nicht aus, um Abwechslung in die Konstellation zu bringen. Obwohl der die Laufzeit mit nicht einmal anderthalb Stunden recht übersichtlich ist, der Inhalt hätte nicht einmal so viel wirklich gebraucht.

Aber der Beitrag vom Filmfest Emden-Norderney will ja ohnehin nur zum Teil Komödie sein. Dass es hier um einen Austausch der Kulturen gehen soll, in einer Zeit, die zunehmend auf Konfrontation drängt, das ist grundsätzlich sympathisch. Man nimmt dann sogar in Kauf, wenn das in Form banaler Popliedchen geschieht, die in einem starken Kontrast zu den Sticheleien hinter der Bühne stehen. Schade ist aber, dass Eboué auch hier ohne größeren Ambitionen zur Sache geht. Die Annäherung der drei Sänger geschieht mehr oder weniger aus Gewöhnung, weil es das Drehbuch eben so verlangt, um am gewünschten Ende rauszukommen. Ein wirklicher Austausch, also das was hier proklamiert wird, der findet nicht statt. Damit bleibt das Plädoyer ebenso seicht wie die Witze, Ein Lied in Gottes Ohr ist insgesamt nett, vergibt aber die Chance, wirklich etwas zu sagen.



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Die Idee, einen Priester, einen Rabbi und einen Imam zu einer Popgruppe zu machen, die ist sicherlich witzig, das Plädoyer für Austausch der Kulturen sympathisch. „Ein Lied in Gottes Ohr“ macht jedoch zu wenig daraus. Die bissigen Witze werden zu oft für derbe Belanglosigkeiten geopfert, gerade in der zweiten Hälfte fehlen die Ideen – zumal die Annäherung der drei ohne viel Mühe oder Überzeugungskraft geschieht.
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von 10