Lost in the Living
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Lost in the Living

„Lost in the Living“, Deutschland/Irland, 2015
Regie: Robert Manson; Drehbuch: Robert Manson; Musik: Gareth Averill
Darsteller: Tadhg Murphy, Aylin Tezel

Lost in the Living
„Lost in the Living“ läuft ab 14. Juni 2018 im Kino

Ein bisschen Spaß haben, eine aufregende Zeit erleben, die vielfältige Clubszene kennenlernen – als der junge Ire Oisín (Tadhg Murphy) mit seiner Band nach Berlin fährt, dann um abzuschalten. Sich abzulenken. Sein Leben daheim zu vergessen, die traurige Familiensituation. Die Vorzeichen dafür sind nicht schlecht, vor allem als er eines Abends in einem Club Sabine (Aylin Tezel) begegnet. Gemeinsam verbringen sie viel Zeit, an ihrer Seite darf er ganz eigene Einblicke in die Stadt gewinnen. Doch das bringt auch ganz neue Probleme für den Musiker mit sich.

Es hat eine Weile gedauert, rund drei Jahre genauer gesagt, bis Lost in the Living nach seinem Festivalauftritt auch in die deutschen Kinos kommt. Dass der Film überhaupt noch eine Auswertung erfährt, ist eine kleine Überraschung. Und auch, dass er im Rahmen des Labels Darling Berlin erscheint, schließlich ist die Hauptfigur hier Ire, der Filmemacher ist es auch. Das passt erst einmal weniger zu dem Bestreben, dem deutschen Film eine Bühne zu bieten. Andererseits passt es sehr gut, denn an vielen Stellen des Dramas wird klar, dass nicht der Protagonist im Mittelpunkt steht, sondern die Stadt, durch die er streift.

Wenig Geschichte, viele Fragen
So richtig viel Geschichte hat Lost in the Living auch nicht zu bieten, ebenso wenig Tiefgang. Immer wieder spielt der irische Regisseur und Drehbuchautor Robert Manson bei seinem Spielfilmdebüt mit Andeutungen und Bruchstücken aus Oisíns Leben. Mal tauscht er sich mit Sabine Erinnerungen aus, dann gibt es einen Telefonanruf mit Neuigkeiten aus der Heimat. Manson arbeitet diese Elemente aber nicht weiter aus. Die Fragen werden nur teilweise beantwortet, werfen im Gegenzug weitere Fragen auf.

Das macht es ein wenig schwierig, sich in dem Protagonisten wiederzufinden. Erschwerend kommt hinzu, dass Tadhg Murphy seine Figur sehr verschlossen anlegt und nicht gerade vor Leben sprühend. Er schlurft durch die Gegend, lässt sich treiben, recht phlegmatisch, nichts von dem, was um ihn herum geschieht, scheint eine große Auswirkung auf ihn zu haben. Oisín spröde zu nennen, wäre noch geschmeichelt. Er wird noch nicht einmal zum Sympathieträger, so wie wir es von dieser Art Film sonst gewohnt sind. Denn dafür ist er zu verschlossen, gibt zu wenig preis davon, wer er eigentlich ist.

Atmosphäre Sinnsuche
Aber Lost in the Living soll das ja auch gar nicht sein. Der Film ist kein Charakterporträt, will nicht Stück für Stück eine Persönlichkeit aufzeichnen. Stattdessen lebt das Drama in erster Linie von seiner Atmosphäre. Wenn wir mit dem Iren und seiner deutschen Begleitung durch die Hauptstadt streifen, dann entdecken wir ihre schönen Seiten, ihre hässlichen Seiten. Kleine Momente des Glücks wechseln sich mit heruntergekommenen Orten ab.

Über allem liegt dabei eine Melancholie, eine leicht traumartige Stimmung. Oisín will vergessen und doch auch etwas Neues finden, sich auflösen und wieder zusammensetzen, anders, irgendwie. Dass er nicht weiß, wie das gehen soll, wer er genau sein will, der Film selbst ziellos umherstreift, ist daher auch kein wirkliches Manko. Lost in the Living, das ist ein 80-minütiger Schwebezustand, der nicht viel Konkretes an die Hand gibt. Wer aber selbst gern einmal loslassen möchte, um sich in einem Fluss von Eindrücken treiben zu lassen, der findet hier eine schöne Auszeit vom Alltag.



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In „Lost in the Living“ folgen wir einem jungen Musiker, der sich durch Berlin treiben lässt beim Versuch, die Vergangenheit zu vergessen. Das hat zwangsläufig nicht viel Tiefgang, da wir über den phlegmatischen Protagonisten so gut wie nichts erfahren. Dafür überzeugt das Drama durch seine traumartige Melancholie und die mal schönen, dann wieder schäbigen Aufnahmen aus der Hauptstadt.
7
von 10