Camino a la Paz
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„Camino a La Paz“, Argentinien/Deutschland/Niederlande, 2015
Regie: Francisco Varone; Drehbuch: Francisco Varone
Darsteller: Rodrigo de la Serna, Ernesto Suárez, Elisa Carricajo

Camino a la Paz
„Camino a La Paz“ läuft ab 7. Juni 2018 im Kino

Es muss ein Scherz sein, denkt sich Sebastián (Rodrigo de la Serna). Vielleicht ist es aber auch bloß eine blöde Verwechslung. Immer wieder erhält er Anrufe von Leuten, die eigentlich ein Taxiunternehmen sprechen wollen. Nachdem er die ersten abgewimmelt hat, denkt er sich jedoch: warum eigentlich nicht? Viel Geld haben er und seine Frau Jazmín (Elisa Carricajo) nicht. Da könnte man die Situation doch nutzen, um ein bisschen was nebenher zu verdienen. Bis er Jalil (Ernesto Suarez) kennenlernt. Der betagte, gebrechliche Muslim will zu seinem Bruder ins bolivische La Paz – das sind rund 3000 Kilometer von Buenos Aires. So richtig viel Lust hat Sebastián ja nicht darauf, doch die Aussicht auf eine dicke Belohnung stimmt ihn letztendlich doch um.

Bei Roadmovies ist es traditionell weniger das Ziel, das im Mittelpunkt der Geschichte steht. Oft ist dieses nur ein Mittel zum Zweck, um Menschen auf engstem Raum aneinanderzuketten, damit sie sich besser kennenlernen, sich schätzen lernen, am Ende auch über sich selbst etwas lernen. Das ist bei Camino a La Paz nicht wirklich anders, der Weg ist auch hier das Ziel. Wobei, einen Unterschied gibt es doch: In diesem Fall liegt der Bestimmungsort zumindest einem von beiden sehr am Herzen, handelt es sich doch um eine Zwischenstation seiner spirituellen Reise.

Der Glaube fährt immer mit
Allgemein spielt Religion und Glauben im weiteren Verlauf des Films eine größere Rolle. Während es für Sebastián nicht viel gibt, an das er glaubt – von seinem heißgeliebten Auto einmal abgesehen –, ist für seinen älteren Fahrgast Religion ein fester Bestandteil seiner Identität. Das äußert sich nicht nur darin, dass unterwegs zwischen den einzelnen Abenteuern immer mal wieder gebetet wird, mal allein, dann wieder in einer größeren Gruppe Gleichgesinnter. Es bedeutet auch, dass Jalil die eine oder andere Weisheit mit seinem ziellosen Chauffeur teilt, um ihn auf den richtigen Pfad zu bringen.

So etwas kann schnell unangenehm werden, missionarische Filme gibt es aus den USA schon mehr als genug. Camino a La Paz ist in der Hinsicht zum Glück relativ zurückhaltend, auch weil es Jalil ist. Reizvoll ist das Drama zudem durch die ungewöhnliche Konstellation: Ein Muslim, der in Südamerika auf Pilgerfahrt ist, das sieht man dann doch nicht alle Tage. Und angesichts der schlechten Presse, die der Islam zuletzt genießt, ist das hier ein rührend pazifistisches Plädoyer für mehr Besinnlichkeit und auch Toleranz. Wenn der alte Herr auf seinen jüngeren Reisepartner einredet, dann spricht er nicht von Pflichten und göttlichem Auftrag, sondern vielmehr von einem Geschenk.

Auch für Nicht-Gläubige sehenswert
Das kann man nun annehmen oder nicht, auch als Agnostiker oder gar Atheist darf man hier seinen Spaß haben. Das liegt natürlich wie so oft an dem starken Kontrast zwischen den beiden Protagonisten: Der eine jung, ziellos, unzuverlässig, der andere alt, gesetzt mit einem festen Ziel vor Augen. Einen starken Willen haben sie beide, Marotten außerdem. Jeden Tag an Knoblauch zu knabbern, das ist nicht ganz alltäglich und im eigenen Auto auch wenig begrüßenswert. Zumal die beiden nicht lang allein bleiben, unterwegs begegnen sie ständig neuen Begleitern mit einer wechselnden Anzahl an Beinen.

Das ist insgesamt nicht so tiefgründig, wie es sich Regisseur und Drehbuchautor Francisco Varone vielleicht ausgemalt hat. Aber es ist unterhaltsam. Wie es ein solcher Roadmovie will, warten unterwegs diverse eher kuriose Erfahrungen auf die beiden, zwischen komisch und tragisch. Und rührend: Wenn der alte Mann, der am Ende seines Lebensweges angekommen ist, und der jüngere, der sich gerade an einer Weggabelung befindet, zueinanderfinden, dann ist das eben auch die Geschichte einer besonderen Freundschaft. Eine Freundschaft, die zwar von Religion angetrieben und begleitet wird, letzten Endes aber unabhängig von dieser etwas Gemeinsames entdeckt.



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Ein alter Moslem und ein zielloser junger Mann fahren als Teil einer Pilgerfahrt 3000 Kilometer quer durch Südamerika: Da ist wie immer der Weg das Ziel. „Camino a La Paz“ handelt dabei oft von Besinnlichkeit und Religion, ist aufgrund der beiden Hauptdarsteller und der kuriosen Zwischenfälle unterwegs aber auch für Atheisten eine Reise wert.
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von 10