Danchi Woman

Danchi Woman

„Danchi Woman“, Japan, 2017
Regie: Akiko Sugimoto

Nippon Connection 2018
„Danchi Woman“ läuft im Rahmen des 18. Nippon Connection Filmfests in Frankfurt am Main (29. Mai bis 3. Juni 2018)

Es ist ein Lachen, irgendwo zwischen ungläubig, verständnislos und ein bisschen verschämt. Ob sie sich denn bewusst wäre, was sie da tut, will der Mann wissen. Schließlich ist die Wohnung schon voll, die Hälfte der Kartons und Pakete wartet aber noch draußen in dem Lastwagen. Ja, es hat sich eine Menge angesammelt bei Shizu Uchikoshi, in den mehr als drei Jahrzehnten, die sie in ihrer alten Wohnung verbracht hat. In Yokohama steht sie. Stand sie. Der alte Sozialbau-Wohnkomplex soll weg, einem neuen, modernen Gebäude weichen. Einem, das Geld bringt, anstatt nur alte Menschen zu verwalten. Also müssen sie raus, alle, in einer neuen Wohnung noch einmal von vorne anfangen.

Ein langes Leben in vielen Kisten
Für Uchikoshi ist das gleich doppelt problematisch. Nicht nur, dass sie sich so eingerichtet hatte, dass man keinen Schritt mehr gehen konnte, und der ganze Kram nun mühselig transportiert werden muss. Sie ist außerdem schon 85 Jahre alt. Sie habe sich ja überlegt, eine größere Wohnung zu nehmen, für sich, für ihre vielen Andenken und Erinnerungen. Aber wozu? So viele Jahre würden ihr ja nicht mehr bleiben. Das lohne nicht mehr.

Es ist ein erstaunlich trauriger Moment in einem Dokumentarfilm, der eher von Warmherzigkeit und Humor geprägt ist. Gerade die Eigenart der alten Dame, wirklich gar nichts wegwerfen zu wollen, führt doch immer wieder zu erheiternden Momenten. Wenn sich die brandneue Wohnung, so hell und geräumig, langsam durch Kartons verdunkelt, bis nur noch ein Labyrinth aus Kisten bleibt, bis zur Decke gestapelt.

Lustig und rührend
Regisseurin Akiko Sugimoto hat die anhängliche Greisin begleitet, über einen längeren Zeitraum. Sie vor dem Umzug besucht, ihr auch währenddessen und danach Gesellschaft geleistet. Natürlich ist der Blick angesichts des fortgeschrittenen Alters meist zurück gerichtet. Immer wieder erzählt Uchikoshi von ihrem Leben, ihrer Familie. Von dem einen Herren, mit dem sie sich trifft und der ihr einen Flachbildschirm geschenkt hat. Einen kleinen natürlich, schließlich muss er in dem geordneten Chaos der Kartons einen Platz finden.

Manchmal befällt einen bei der Doku, die auf der Nippon Connection 2018 ihre Europapremiere feiert, ein Gefühl der Klaustrophobie. Und natürlich des Unverständnisses, denn auch wenn natürlich jeder in Uchikoshis Umfeld auf sie einredet, sie scheint nicht so wirklich zu verstehen, warum dieses Sammelsurium aus alltäglichen wie sonderbaren Gegenständen nicht unbedingt praktisch ist. Gleichzeitig ist Danchi Woman aber auch etwas fürs Herz, wenn hier ein Mensch Wildfremden seine Tür öffnet und das lange Leben mit einem teilt, Trauriges wie Schönes, Kurioses und Gewöhnliches.



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„Danchi Woman“ begleitet eine 85-jährige Frau, die nach mehreren Jahrzehnten ihre Wohnung verlassen muss. Das ist gleichzeitig aufgrund der vielen Rückblicke auf ein langes Leben was fürs Herz, aber auch Stoff zum Schmunzeln. Vor allem der Tick der alten Dame, wirklich so gar nichts wegwerfen zu können, beschert uns so manch kuriosen Anblick.