Touched

Touched

„Touched“, Kanada, 2017
Regie: Karl R. Hearne; Drehbuch: Karl R. Hearne; Musik: Olivier Alary
Darsteller: Hugh Thompson, Lola Flanery

TouchedÜberraschungen mag Gabriel (Hugh Thompson) nicht so wirklich. Routine, das ist es, was der Vermieter und Hausmeister braucht. So wurde ihm geraten. Es passt deshalb auch so gar nicht in seinen Alltag, als eine junge Mieterin namens Caitlyn plötzlich verschwindet. Sie muss wiedergefunden werden, das steht fest. Aber keiner kann ihm helfen. Nicht die Polizei. Nicht der Vater, der davon erzählt, wie sie früher schon als Kind immer wieder ausgerissen ist. Also liegt es an Gabriel, etwas zu ändern. Und er findet sie auch. In seinen Träumen. Dort ist sie noch ein kleines Kind (Lola Flanery), trinkt mit ihm Tee und führt lange Gespräche.

2017 war ein ziemlich gutes Jahr für Geisterfilme, die keine Geisterfilme sind. A Ghost Story nahm ein altmodisches Bettlakengespenst und machte daraus eine bewegende Meditation über Liebe und Vergänglichkeit, Sicilian Ghost Story hüllte einen wahren Entführungsfall in ein poetisch-grausames Coming-of-Age-Drama. Mit der Kunstfertigkeit der beiden Kollegen kann es Touched zwar nicht wirklich aufnehmen. Aber auch hier verschmelzen Realität und Fantasy zu einem düsteren, oft melancholischen Sonderling, der nicht viel mit dem zu tun hat, was wir sonst so zu sehen bekommen.

Sehnsucht der Außenseiter
Dazu passt dann auch der Titel. Touched bezieht sich nicht, wie man vielleicht denken könnte, auf Kindesmissbrauch – auch wenn der Verdacht während des Films immer wieder mal auftaucht. Stattdessen werden damit Menschen bezeichnet, die besonders sind. Anders. Gabriel zum Beispiel. Aber eben auch Caitlyn. Die kanadische Produktion tarnt sich zwar ein wenig als Mysterythriller, würde an einigen Stellen sogar als ganz normaler Krimi durchgehen. Und doch erzählt sie in erster Linie von Leuten, die nicht hineinpassen in diese Welt. Die vielleicht deshalb sogar einsam ist.

Dass Caitlyn in vielen Szenen nur eine Fantasie von Gabriel ist, passt da sehr schön ins Konzept. Regisseur und Drehbuchautor Karl R. Hearne findet auch einige interessante Bilder, um das junge Mädchen und ihren alten (Traum-)Freund in Szene zu setzen. Gemeinsame Kaffeekränzchen wechseln sich mit düsteren Einfällen ab, die teilweise sogar ins Surreale gehen. Touched kreiert damit eine sehr eigenartige Atmosphäre, bedrohlich auch. Und eben traurig. Tragisch. Sehnsuchtsvoll. Wenn sich der Vermieter auf die Suche nach der vermissten Person begibt, wir in ihre und seine Vergangenheit reisen, dann ist da noch viel mehr, was er zu finden hofft.

Rätsel über Rätsel bis über den Schluss hinaus
Was das jedoch im Einzelnen genau ist, darüber schweigt sich Hearne aus. Er zieht sich lieber ins Vage zurück, ins Traumartige, überlässt es dem Publikum, aus den einzelnen Szenen eine Geschichte zu basteln. Gut möglich, dass der eine oder andere da vorzeitig aussteigt. Zumal das Tempo beim Beitrag vom Filmfest Oldenburg 2017 auch äußerst gemächlich ist. Die Geister der Vergangenheit, sie rütteln hier nicht an Türen oder reißen ahnungslose Sterbliche zu dramatischer Musik aus dem Leben. Sie schleichen in Touched umher, so leise, dass man nicht genau sagen kann, ob es sie denn überhaupt gibt. Das ergibt dann zwar nicht besonders viel Inhalt, selbst für einen Film, der nicht einmal anderthalb Stunden lang ist. Atmosphärisch ist die sonderbare Genremischung jedoch gelungen, man wartet hier zumindest gern darauf, dass am Ende nichts passiert.



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In „Touched“ macht sich ein Vermieter auf die Suche nach einer verschwundenen Mieterin. Das klingt wie ein Krimi, ist teilweise Mystery-Thriller, am Ende aber vor allem auch ein Drama über Menschen, die nicht hineinpassen. Für die Masse ist das nichts, dafür sind Handlung, Erklärung und auch Tempo zu gering. Atmosphärisch ist das düster-melancholische Werk dafür ziemlich gelungen.
6
von 10