Precrime
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Pre-Crime

(OT: „Pre-Crime“, Regie: Matthias Heeder/Monika Hielscher, Deutschland, 2017)

Precrime
„Pre-Crime“ läuft seit 12. Oktober 2017 im Kino

„Ich bin unschuldig, ich hab nix getan“, heißt es immer mal wieder in Filmen, wenn die Polizei einen vermeintlichen Täter dingfest macht. Das kann mal stimmen, oft auch nicht. In Zukunft jedoch spielt das keine große Rolle mehr. Nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ sollen dann nicht mehr Verbrecher verhaftet werden. Besser ist es, sie schon am Begehen dieser Verbrechen zu verhindern. Das wirkt erst einmal ganz plausibel. Es ist doch besser, wenn ein Mord erst gar nicht stattfindet, anstatt den Mörder anschließend wegzusperren. Doch was auf den ersten Blick eine super Sache ist, das wird beim genaueren Hinschauen doch eher zwiespältig.

Matthias Heeder und Monika Hielscher haben genauer hingeschaut. Und sie haben gesprochen, mit vielen Leuten, die sich auf die eine oder andere Weise mit der präventiven Verbrechensbekämpfung beschäftigt haben. Denn die spannende Frage ist: Woher wollen wir wissen, ob ein Mensch ein Verbrechen begehen wird? Pre-Crime zeigt einige dieser Parameter, die zumindest die Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens bestimmen. Das kann der Ort sein, U-Bahn-Stationen sind bei Nacht nun mal gefährlicher als bei Tag, wenn viele Menschen unterwegs sind. Fahrradständer sind immer wieder beliebte Ziele für Diebstähle.

Die Gefahr der fließenden Übergänge 
Dass manche Orte anfälliger sind für Zwischenfälle, das dürfte den meisten klar sein, an Videoüberwachungen beispielsweise bei Bahnhöfen haben wir uns gewöhnt. Heikel wird es jedoch, wenn auch Menschen nun kategorisiert werden. Woher kommt jemand? Mit wem verkehrt er? War er schon einmal straffällig? All das sind Punkte, die über das kriminelle Potenzial eines Menschen entscheiden können. In Minority Report, das immer wieder zum Vergleich herangezogen wird – der Titel Pre-Crime stammt aus dem Sci-Fi-Klassiker von 2002 –, waren die Prognosemöglichkeiten noch düstere Zukunftsvision. Inzwischen sind wir ihr näher, als wir es vielleicht glauben wollen, auch deshalb weil der Handel mit persönlichen Daten zu einem Milliardengeschäft geworden ist.

Pre-Crime bemüht sich hier zwar, jeden zu Wort kommen zu lassen, steht den Auswüchsen jedoch eindeutig skeptisch, wenn nicht gar kritisch gegenüber. So schön es ist, die Wahrscheinlichkeit eines Verbrechers zu berechnen, es bleibt eben keine Gewissheit. Eine 73-prozentige Wahrscheinlichkeit bedeutet eben auch, dass in 27 Prozent das Urteil falsch ist, wie es eine der Gesprächspartnerinnen auf den Punkt bringt. Sprich: Es ist durchaus möglich, dass trotz neuester Techniken und Erkenntnissen jemand in der falschen Schublade landet. Und wie wir alle wissen, ist es nicht ganz einfach aus einer Schublade wieder herauszukommen – Vorurteile bekommen hier eine selten wörtliche Bedeutung.

Viel Stoff zum Grübeln
Aber selbst wenn die Technologie zu 100% funktionieren sollte, bleibt die Frage: Wollen wir das? Dürfen wir das? Können wir jemanden für das haftbar machen, was er vielleicht einmal tun könnte? Wie sieht es aus mit den Persönlichkeitsrechten des Individuums? Und natürlich: Wie viel Freiheit sind wir für unsere Sicherheit bereit aufzugeben? Eine eindeutige Antwort gibt Pre-Crime natürlich nicht, vielleicht auch weil es hier keine eindeutigen Antworten geben kann. Zumindest aber stellen Heeder und Hielscher viele Fragen, geben einen Einblick in derzeitige Entwicklungen und einen Ausblick auf das, was in Zukunft noch kommen könnte. Das ist manchmal ein wenig plakativ dargestellt, aber doch sehr interessant und spannend. Und eben auch unheimlich.



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In Zukunft sollen Verbrecher noch vor der Tat erkannt und aufgehalten werden, so die Theorie. „Pre-Crime“ beleuchtet das Milliardengeschäft mit der Persönlichkeitskategorisierung und vorzeitigen Verbrechensanalyse, zeigt aktuelle Tendenzen und gibt Ausblicke. Das ist interessant, spannend und auch ziemlich unheimlich.