Blind und haesslich
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Blind & Hässlich

(OT: „Blind & Hässlich“, Regie: Tom Lass, Deutschland, 2017)

Blind und haesslich
„Blind & Hässlich“ läuft ab 21. September 2017 im Kino

Eigentlich hätte Ferdi (Tom Lass) ja schon ganz gerne eine Freundin. Richtig gern sogar. Er hat nur ein Problem: Er ist hässlich. Davon zumindest ist er überzeugt, auch die diversen Therapien, die er im Laufe seines Lebens hat über sich ergehen lassen, haben daran nichts geändert. Allein deshalb schon ist Jona (Naomi Achternbusch) die absolute Traumfrau für ihn. Denn die ist blind. Denkt er. In Wirklichkeit tut sie aber nur so, um sich in einem Blindenwohnheim vor ihrer Mutter versteckt. Tatsächlich nähern die beiden sich an, verlieben sich ineinander. Doch wie soll Jona ihrem neuen Freund nun beibringen, dass sie ihn die ganze Zeit angelogen hat? Dass sie sehr wohl sehen kann?

Blind & Hässlich, das hört sich erst einmal ein bisschen nach Dick & Doof an. Zwei Leute, die derart mit ihren Makeln und Schwächen hausieren gehen, dass sie allein deshalb schon komisch sind. Und es ist ja auch komisch, wie die beiden hier beständig vor dem Leben davonlaufen, so rein gar nichts auf die Reihe bekommen. Komisch ist vieles in dem Film, der dritte, den Tom Lass da inszeniert hat. Weil es absurd ist. Absurd, wie sich eine Sehende als Blinde ausgibt. Absurd, wenn Robert Gwisdek in einer herrlichen Szene als Augenarzt die Beziehung retten soll. Absurd auch der Versuch, den Blindenhund wieder auf Vordermann zu bringen.

Blöd, aber schön
Absurd ist aber auch, die sehr einem dieser geballte Blödsinn zu Herzen geht. Tom Lass, der ebenso wie sein Bruder Jakob (Love Steaks, Tiger Girl) zu den Vorreitern des deutschen Mumblecores zählt, präsentiert uns hier ein Szenario, das gleichzeitig unglaubwürdig und doch irgendwie glaubhaft ist. Dass einen immer wieder erheitert und dabei traurig stimmt. Wie soll man auch schon auf jemanden reagieren, der als Kind von seiner Mutter neben die Babyklappe gelegt wurde? Neben die Klappe wohlgemerkt, weil er nicht hineingepasst hat. So wie er auch später nirgends hineinpassen wird, es nie gelernt haben wird.

Das unterscheidet Blind & Hässlich dann auch von den vielen Romantic Comedies, die von der wahren Liebe träumen. Hier wird nicht künstlich ein kleiner Fleck auf einer makellosen Fassade aufgeklebt, um eine Figur menschlich erscheinen zu lassen. Nein, Ferdi und Jona sind tatsächlich vermurkst. Sie sind zwar nicht blind, nicht hässlich. Dafür aber auch nicht in der Lage, ein normales Leben zu führen. Das kann anstrengend sein, wie sie sich und anderen immer wieder im Weg stehen. Aber es ist auch sympathisch. Man drückt ihnen gern die Daumen, weil man genau weiß, dass das Leben manchmal echt beschissen und furchtbar kompliziert sein kann. Der Film appelliert an den kleinen Verlierer in uns, der selbst erlebt hat, wie wenig da draußen nach Plan funktioniert.

Erwartungsgemäß dramatisch
Ein bisschen schade ist es deshalb schon, dass der Film, welcher auf dem Filmfest München 2017 seine Weltpremiere feierte, sich teilweise doch den Konventionen unterwirft. Dass Jonas Lügenkonstrukt irgendwann krachend einstürzen muss, ist klar, zumindest hier sollen Erwartungen an einen „normalen“ Film erfüllt werden. Gerade zum Ende hin gibt Blind & Hässlich das verträumt-ziellose Herumgeistern auf, um das Drama zu suchen und ein bisschen Krach zu machen. Das wirkt jedoch wie ein Fremdkörper in einer Tragikomödie, die ihren Charme aus dem unaufgeregt-exzentrischen bezog. Ein etwas zu forcierter Versuch, zu einem Schluss zu kommen. Mit den üblichen Reißbrett-Liebeskomödien, mit denen das deutsche Kino so oft quält, hat das Ergebnis glücklicherweise dennoch nichts zu tun. Blind & Hässlich ist so etwas wie die hässliche kleine Schwester der Schönheitskönigin, die viel mehr zu sagen hat und mit der man zumindest anderthalb Stunden lang gern um die Häuser zieht.



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Stell dir vor, ein hässlicher Typ und ein blindes Mädchen verlieben sich ineinander. In „Blind & Hässlich“ stimmt das Szenario zwar nicht, dafür sind die beiden anderweitig total verkorkst. Das macht die Tragikomödie sehr sympathisch, zumal es aufgrund vieler märchenhaft-absurder Einfälle auch einiges zu lachen gibt. Zum Ende wird es dann aber doch eher konventionell und unnötig dramatisch.
7
von 10