Saludos Amigos
© Disney

Saludos Amigos

(„Saludos Amigos“ directed by Norman Ferguson, Wilfred Jackson, Jack Kinney, Hamilton Luske, Bill Roberts, 1942)

Fünf abendfüllende Zeichentrickfilme hatte Walt Disney 1943 bereits auf die Leinwand gezaubert, angefangen bei Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937) bis zu Bambi (1942). Fünf Filme, die zu den absoluten Klassikern ihres Bereiches zählen und den Startschuss lieferten für die selbsternannte „Meisterwerke“-Reihe. Zu der gehören auch die folgenden sechs Produktionen, wenngleich man hier den Titel wohl wirklich in Anführungszeichen setzen müsste. Und so wahnsinnig viel gemeinsam haben sie mit den vorangegangenen Kollegen auch nicht. Stattdessen handelte es sich um weniger ambitionierte, teils eher billige Episodenfilme, mit denen Disney sich während der schwierigen 40er Jahre über Wasser halten wollte.

Den Auftakt markierte Saludos Amigos und war eher Auftragsarbeit als künstlerische Vision. Schon zuvor hatte sich Disney mit Propagandafilmen gegen den Nationalsozialismus stark gemacht. Nun ging es darum, als Botschafter des Außenministeriums die mit dem Dritten Reich sympathisierenden südamerikanischen Länder enger an die USA zu binden. Und so durften die Zeichentrickikone und eine Reihe von Mitarbeitern Lateinamerika bereisen, um anschließend daraus einen Film zu machen, der die südlichen Nachbarn in einem guten Licht erscheinen lassen sollte.

Saludos Amigos ist dann auch weniger ein Film als vielmehr eine Mischung aus Reisetagebuch und Werbespot, angereichert mit kleinen witzigen Einlagen. Oder das, was man für witzig hielt. Konkret bedeutete das, körnige Realaufnahmen mit Zeichentricksequenzen abwechseln zu lassen, die jeweils eine Besonderheit Südamerikas genauer vorstellen sollten. In der ersten von vier voneinander unabhängigen Geschichten macht Donald beispielsweise Urlaub am Titicaca-See und versucht gemeinsam mit einem Lama, eine große Hängebrücke heil zu passieren. Bei Pedro wird ähnlich zu Planes ein kleines Flugzeug zum Protagonisten, das hier versuchen muss, Post zu befördern. Im dritten Teil schlüpft Goofy in die Rolle eines Gauchos, zu guter Letzt lernt Donald in Aquarela do Brasil die Vorzüge Brasiliens kennen – allen voran die Kunst des Sambatanzes.

Der ganz große Informationsgehalt ist bei vier so unterschiedlichen Themen natürlich nicht drin, zumal Saludos Amigos nur rund 42 Minuten lang ist. Außerdem darf man hier die Umstände des Projekts, vor allem die zeitlichen nicht vergessen: Vor 70 Jahren war Südamerika für viele noch eine unbekannte Gegend, die man bestenfalls aus Erzählungen kannte. Der Fokus auf vermeintlich kuriose Bräuche und Kulturen ist daher ziemlich überholt, altmodisch, vielleicht sogar ein bisschen herablassend in seinem kindlichen Staunen.

Immerhin auf der tricktechnischen Seite kann man dem Episodenfilm nichts vorwerfen: Die Animationen sind deutlich flüssiger, als man sie von einem derartigen Nebenprojekt erwarten dürfte, die farbenfrohen Bilder und flotten Rhythmen reißen einen bis heute mit, bei den fließenden, leicht surrealen Übergängen im letzten Viertel werden sogar Erinnerungen an das drei Jahre zuvor veröffentlichte Fantasia wach. Dessen Klasse wird hier aber nur vereinzelt erreicht, die vielen überaus simplen Slapstickeinlagen lassen einen vielleicht etwas nostalgisch werden, zum Lachen animieren sie weniger. Historiker freuen sich zudem über den ersten Auftritt der beliebten Figur José Carioca, einem vornehm gekleideten Papagei. Und populär war der Film ohnehin, sodass zwei Jahre drauf mit Drei Caballeros bereits der zweite südamerikanisch beeinflusste Zeichentrick-Episodenfilm erschien.



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Der erste von sechs Episodenfilmen, die Disney in den 40ern produzierte, ist tricktechnisch überaus gelungen, angesichts des Werbecharakters und der wenig komischen Slapstickeinlagen aber in erster Linie ein nostalgisches Vergnügen.
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