Bambi
© 2016 Disney

(„Bambi“ directed by David Hand, 1942)

Bambi
„Bambi“ erscheint als Diamond Edition am 25. Februar auf DVD und Blu-ray

Der ganze Wald ist in heller Aufruhr, als die Nachricht bekannt wird, dass Bambi geboren wurde, schließlich soll das Rehkitz eines Tages wie sein Vater der König des Waldes werden. Allzu majestätisch wirkt das Jungtier anfangs jedoch nicht: Immer wieder stolpert es über seine eigenen Beine, kann sich kaum aufrecht halten, ist von dem bunten Treiben in seinem Umfeld überfordert. Doch nach und nach reift Bambi heran, findet in dem Hasen Klopfer und dem Stinktier Blume zwei gute Freunde, mit denen er das Leben erkundet und zahlreiche kleine Abenteuer erlebt. Bis zu jenem Tag, als die Menschen den Wald betreten …

Ursprünglich, so war der Plan, hätte Bambi der zweite abendfüllende Zeichentrickfilm von Walt Disney werden sollen. Doch so einfach wie erhofft war die Umsetzung von Felix Saltens 1923 erschienenen Buch „Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde“ dann doch nicht. Schon Sidney Franklin, der zuerst die Option auf eine Adaptierung hatte und aus der Geschichte eine Realfilmversion machen wollte, biss sich daran die Zähne aus. Und auch Disney und sein Team hatten ihre Probleme, Tiere tatsächlich glaubhaft darzustellen. Ein eigener kleiner Zoo wurde deshalb angelegt, wo die Zeichner die Protagonisten des Films genau studieren konnten. Finanziell gelohnt hatte sich der Aufwand zunächst nicht, durch die jahrelange Arbeit kam Bambi erst 1942 als fünfter Disney-Zeichentrickspielfilm in die Kinos, wo er bedingt durch den Zweiten Weltkrieg unterging. Erst durch mehrere Wiederaufführungen wurde ein Erfolg daraus, später sogar ein Klassiker.

Optisch hatte sich die harte Arbeit aber schon damals gelohnt. Wenn der noch unsichere Bambi versucht umherzulaufen, Klopfer vor lauter Nervosität seinen linken Fuß kaum unter Kontrolle bringt oder der verträumte Blume sich verschämt klein macht, dann wurde da vor über 70 Jahren eine Animationsperfektion erreicht, wie man sie heute kaum mehr kennt. Die Hintergründe sind hingegen ein eindeutiges Kind ihrer Zeit. Große Spezialeffekte waren Angang der 1940er nicht möglich, weswegen sich nach einer beeindruckenden Kamerafahrt zu Beginn des Films kaum mehr etwas bewegt. Die Szenerien sind meist auch eher kontrastarm und schlicht gehalten, bewusst schlicht, um nicht von den Figuren abzulenken. Und doch sind sie integraler Bestandteil des Geschehens: Wie auch die Orchestermusik, welche sich den Ereignissen unentwegt anpasst, mal dramatisch, dann wieder verspielt ist, ist der Wald ein eigener Charakter, der durch die Wahl der Farben viel von der aktuellen Stimmung vorgibt. Und das ist wichtig in einem Film, in dem kaum geredet wird, kaum gehandelt.

Vielmehr besteht der Film aus einer Reihe von meist unzusammenhängenden Einzelszenen, welche Bambi und seine Freunde auf dem Weg ins Erwachsenenalter zeigen – Coming of Age mal tierisch, sozusagen. Vor allem eine davon hat sich in das kollektive Gedächtnis gebrannt: der Tod von Bambis Mutter. Ein Disney-Film, in dem ein Protagonist stirbt? Einer der guten? Das war damals unerhört, wäre es auch heute noch. Tatsächlich schaffte es diese Szene unter die zehn berühmtesten Filmtode in einer 2004 vom englischen Magazin „Total Film Magazine“ veröffentlichten Liste. Und das, obwohl der Tod an sich nicht zu sehen ist. Wir hören nur den Schuss, sehen anschließend Bambi allein umherirren und seine Mutter suchen. Und doch wusste jeder, was geschehen war, was beim jüngeren Zielpublikum so manches Trauma ausgelöst haben dürfte. Bemerkenswert auch: Der große Gegenspieler, der Mensch, wird ebenfalls zu keiner Zeit gezeigt. Er ist die ominöse Bedrohung, eine höhere Macht, vor der sich jeder fürchtet, weil keiner genau weiß, was dahinter steckt.

Es ist dann auch dieses Nebeneinander von düsteren und komischen Szenen, von niedlichen und spannenden, welche Bambi auszeichnet – auch wenn Disney seinerzeit viel Kritik dafür einstecken musste. Denn anders als viele Zeichentrickfilme versucht der Film zumindest, das Leben in all seinen Facetten darzustellen und Kinder so auf die Realität und das Erwachsenenalter vorzubereiten. Wer dieses schon erreicht hat, wird von den Ereignissen natürlich weniger berührt und bekommt hier auch weniger geboten als bei anderen Disney-Werken aus der damaligen Zeit: weniger Humor, weniger Geschichte. Als ein audiovisuelles Kunstwerk ist der impressionistische Ausflug in die Welt der Tiere aber auch heute noch umwerfend, weshalb man sich freuen darf, dass der Klassiker diese Woche endlich wieder auf Blu-ray erscheint, welche neben dem relativ kurzen Film noch zahlreiches Bonusmaterial enthält, darunter zwei damals der Schere zum Opfer gefallene Szenen.



(Anzeige)

Der Zeichentrickklassiker aus dem Hause Disney kombinierte seinerzeit auf unerhörte Weise niedliche und witzige Szenen mit ausgesprochen düsteren. Deshalb und auch für die fantastische audiovisuelle Umsetzung ist „Bambi“ bis heute eine Sichtung wert, selbst wenn die impressionistische Geschichte relativ dünn ist.
7
von 10