Café Society
© Warner Bros

Café Society

(„Café Society“ directed by Woody Allen, 2016)

Cafe Society
„Café Society“ läuft ab 10. November im Kino

So richtig weiß Bobby (Jesse Eisenberg) eigentlich nicht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Hilfsbereit und nett ist er ja, dafür aber wenig durchsetzungsstark. Ganz anders sein Onkel Phil (Steve Carell): Der ist Ende der 1930er ein gefragter Filmagent, kennt so ziemlich jede Berühmtheit in Hollywood. Nur ist er auch entsprechend beschäftigt. Als sein Neffe plötzlich vor der Tür steht und nach einem Job fragt, hilft er ihm zwar, überlässt es aber ansonsten seiner Sekretärin Vonnie (Kristen Stewart), den New Yorker durch die Glitzerwelt zu führen. Der ist den kleinen Privatführungen auch durchaus nicht abgeneigt, entwickelt bald Gefühle für die hübsche junge Frau. Dumm nur, dass die bereits vergeben ist …

Einen neuen Film von Woody Allen zu sehen, das hat immer ein bisschen was von einer Zeitreise. Das liegt nicht nur daran, dass er wie bei Café Society oder 2014 in Magic in the Moonlight gerne mal von längst vergangenen Zeiten träumt. Die Werke des Altmeisters sind ganz unabhängig vom konkreten Setting oft ein bisschen vom Hier und Jetzt entrückt, eine eigene kleine Welt, in der es sich Allen gemütlich eingerichtet hat. Bald 50 Filme hat er mittlerweile inszeniert, sieht inzwischen dann auch schon gar nicht mehr die Notwendigkeit, groß etwas an seinem Output zu ändern. Und so dreht er auch weiterhin jährlich einen Film, hält sich dabei meistens an das, was er am besten kann.

Zumindest eine Sache unterscheidet Café Society aber von den Vorgängern: Der bekennende New-York-Verehrer drehte doch tatsächlich einen Film, der in dem von ihm so verhassten Hollywood spielt. Dass dieses hier nicht besonders gut wegkommt, dürfte daher niemanden überraschen, die Traumfabrik wimmelt nur so vor selbstverliebten und oberflächlichen Wichtigtuern. Aber um eine differenzierte Darstellung geht es Allen nicht, tat es vorher auch nur selten. Stattdessen lässt er erneut ein neurotisches, leicht überhebliches Alter Ego in ein Liebesabenteuer stürzen, sich dabei mit Witz und Esprit durch die Welt kämpfen.

Dass er dafür Jesse Eisenberg gewinnen konnte, ist ein derartiger Glückgriff, dass man sich insgeheim fragt, warum Allen ihn nicht schon viel früher zu seinem Erben erklärt hat. Und auch sonst ist an der gewohnt stardominierten Besetzung nichts auszusetzen: Kristen Stewart erweitert ihr filmisches Repertoire um eine charmante, selbstbewusste Rolle, Steve Carell hat als überwichtiger Agent sichtlich Spaß. Letzterer überträgt sich auch auf das Publikum, wobei die größten Lacher den Nebenfiguren vorbehalten ist: die Familie von Bobby. Allein schon, wie dessen Bruder Ben (Corey Stoll) jedes Problem mit Hilfe von Schusswaffen und Zement löst und damit einen stark absurden Kontrast zu den Turteleien der Hauptfiguren darstellt, ist für so manche komische Szene gut. Und auch der Rest der Familie, bissige Karikaturen einer jüdischen Familie, bereichern Café Society ungemein.

Zwischenzeitlich nimmt die Spannung wieder ab, wenn das Liebeschaos die Hauptaufmerksamkeit erhält. Denn auch wenn das alles souverän geschrieben und gespielt ist, es ist auch dezent langweilig, da sich Allen doch zu sehr auf dem Bewährten ausruht, man gar nicht mehr sagen kann, welchen Film man eigentlich gerade anschaut. Unterhaltsam ist sein neuestes Werk dennoch, mehr als das seltsam unentschlossene Irrational Man im letzten Jahr. Vor allem aber ist es ein audiovisueller Genuss: Die wohligen Jazzstücke verschmelzen mit den wunderbar eingerichteten Villen und Bars von anno dazumal zu einem gefälligen Gesamtkunstwerk, das zwar dem Erbe der Regielegende nicht wirklich etwas hinzuzufügen hat, sich aber doch harmonisch in dieses einfügt.



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„Café Society“ ist ein typischer Woody Allen. Das bedeutet witzige Dialoge, viele Stars und tolle Kulissen, aber eben doch auch viel Bewährtes. Gerade im Mittelteil, wenn er sich stärker auf die Liebe als den Humor konzentriert, flacht das Vergnügen etwas ab.
7
von 10