The Rolling Girls
© 2015 „The Rolling Girls“ Production Committee

(„The Rolling Girls“ directed by Kotomi Deai, 2015)

The Rolling Girls
„The Rolling Girls“ ist auf drei Volumes verteilt auf DVD und Blu-ray erhältlich

Zehn Jahre nach dem „Großen Krieg von Tokyo“ ist von der einstigen Großstadt nicht viel übrig geblieben. Aus den einzelnen Präfekturen wurden unabhängige Staaten, die von den „Mosa“ genannten Anführern repräsentiert werden und im ständigen Konflikt miteinander sind. Als einer dieser Konflikte damit endet, dass die Kontrahentinnen im Krankenhaus landen, beschließen Nozomi und Yukina durchs Land zu reisen und Aufträge für ihre Mosa Matcha Green zu erfüllen. Auf diese Weise wollen sie nicht nur selber stärker werden, sondern hoffen auch, während der Reise sogenannte Mondsteine zu finden. Denn einer Legende nach verleihen diese Steine den Trägerinnen übermenschliche Kräfte.

So wahnsinnig groß ist das Gesamtwerk des 2012 gegründeten Wit Studio ja noch nicht. Zumindest aber scheint das Animationsstudio, welches zusammen mit Production I.G und Xebec zum Unternehmen IG Port gehört, fest gewillt zu sein, visuell deutlich erkennbare Spuren zu hinterlassen. Siehe The Rolling Girls. Wie auch beim zeitgleich entstandenen Seraph of the End: Vampire Reign verwenden die Japaner hier Hintergründe, die sich doch ziemlich von dem unterscheiden, was wir sonst bei Animes zu sehen bekommen. Nicht dass die Motive anders wären, die könnten aus jedem anderen Werk stammen. Allerdings sind sie auf eine Weise umgesetzt, als würde man gerade auf ein Gemälde starren. Das ergibt einen deutlichen Kontrast zu den Figuren davor, ist auch nicht wirklich konsequent: Mal laufen die Protagonistinnen durch Aquarelllandschaften, dann scheinen es wieder Ölfarben zu sein, nur um anschließend wieder gewöhnliche Animebilder zu zeigen. Warum es zu diesen ständigen Stilwechseln kommt, das bleibt das Geheimnis von Wit Studio. Interessant ist das Ergebnis aber schon, teils wunderschön sogar, man bleibt auch deswegen am Ball, um zu sehen, was die Künstler hier sonst noch so aus dem Hut zaubern.

Inhaltlich geht es bei dem Anime nicht minder kunterbunt zu. Da gibt es Geishas und Mechas, Rocker und Ritter, Piraten und Zeitreisen. Auch da wird nicht einmal versucht, eine plausible Erklärung für den Mischmasch zu liefern. Wenn es in einer der zwölf Folgen zeitgleich um eine Dachziegelbauerin und Motorradrennfahrer geht, dann wird Willkür in Großbuchstaben geschrieben, an vielen Stellen wirkt The Rolling Girls so, als hätte jemand nach dem Zufallsprinzip Blätter aus einer japanischen Enzyklopädie gerissen. Auch das ist interessant und stimmt neugierig, auch das ist jedoch nach keinem erkennbaren Konzept erstellt. Für eine reguläre Geschichte ist die Serie zu zerfahren, für einen Ausflug in den Wahnsinn jedoch nicht konsequent genug. Außerdem dauern die Zwischenstopps des Quartetts dann oft auch zu lange an.

Ein bisschen erinnert The Rolling Girls dabei an Kino’s Journey, erzählt wie dort anhand herumreisender Protagonisten die Geschichten der unterschiedlichen Regionen. Das ist hier jedoch nicht annähernd so fesselnd, weil die Geschichten selbst dafür dann doch zu konventionell sind. Die Kreativität, welche in die Verpackung und die skurrilen Figuren geflossen ist, beim eigentlichen Inhalt wird sie schmerzhaft vermisst. Die vier Heldinnen mögen ja ganz süß aussehen, mit einer tatsächlichen Persönlichkeit kann jedoch keine glänzen. Auch bei den Interaktionen besteht die Serie größtenteils aus Klischees und altbekannten Szenen, was nicht unbedingt dabei hilft, sich für die individuellen Schicksale zu interessieren. Dass die Macher zum Ende hin ein wenig ernster werden sollten, ist dann vielleicht löblich, genutzt hat es der Serie jedoch weniger. Eigentlich verliert sie sogar das, was sie zuvor ausgezeichnet hat. Hin und wieder darf es doch noch etwas lustiger werden, wenn Kampfsträuße losgelassen oder Videospielsounds eingebaut werden. Aber trotz der unterhaltsamen Passagen und der bemerkenswerten Objekt, die einzelnen Elemente finden nie gut genug zusammen, um insgesamt einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.



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Man wird schon lange suchen müssen, um eine Animeserie zu finden, die visuell und inhaltlich derart viel willkürlich zusammenwirft. Das ist teilweise fantastisch anzusehen und mitunter witzig, insgesamt fehlt es aber doch an einem klaren Konzept. Für echten Wahnsinn ist das Ganze nicht konsequent genug, besteht oft dann doch auch zu sehr aus Klischees und Altbekanntem.
6
von 10