Steins;Gate
© 2011 5pb./Nitroplus Steins;Gate Partners

(„Steins;Gate“ directed by Hiroshi Hamasaki and Takuya Satō, 2011)

Steins Gate
„Steins;Gate“ ist auf vier Volumes verteilt auf DVD und Blu-ray erhältlich

Schon letzte Woche sind wir in unserem fortlaufenden Animationsspecial bei Die Abenteuer des Prinzen Achmed weit in die Vergangenheit gereist. Und das tun wir auch in Teil 112. Gewissermaßen. So richtig sicher kann man sich hier nie sein, denn was das betont sprunghafte Steins;Gate aus dem bekannten Thema rausholt, das sucht nicht nur im Animebereich seinesgleichen.

Okabe Rintarou ist ein ebenso brillanter wie verrückter Wissenschaftler, der in seinem Labor die Techniken der Zukunft entwirft. Oder besser: So sieht sich der selbsternannte „Mad Scientist“ selbst. Das mit den Erfindungen klappt zwar nicht ganz so gut, das mit den Verrücktheiten schon. Beispielsweise fühlt er sich ständig von einer geheimen Organisation verfolgt, gibt jedem Teammitglied – sich eingeschlossen – neue Namen und sieht zuweilen auch mal tote Menschen. Eine zumindest, die rothaarige Kurise Makise. Nur dass die im nächsten Moment doch wieder da ist. Und überhaupt passieren da gerade eine Menge seltsamer Dinge, vor allem nachdem es ihm gelungen ist, mithilfe seiner Mikrowelle Nachrichten durch die Zeit zu schicken.

Geht nicht? Geht doch! Man darf ja aus diversen schmerzhaften Erfahrungen klug geworden ein klein wenig zusammenzucken, wenn eine neue Adaption eines Videospiels ansteht. Da ist manchmal solide Kost dabei, etwa Angry Birds oder Rage of Bahamut: Genesis. Oft jedoch nicht. Wenn besagte Adaption dann auch noch auf einem Werk von 5pb. und Nitroplus beruht, die bei Chaos;Head bemerkenswert geschickt ein interessantes Szenario versaut haben, dann stimmt das auch nicht unbedingt optimistisch. Umso schöner die Überraschung, das Folgewerk Steins;Gate gesehen haben zu dürfen, das den ersten Teil der „Science Adventure“-Reihe nicht nur weit hinter sich lässt, sondern auch ohne das Spielekriterium einer der interessantesten Animes der letzten Jahre war.

Dabei scheint Steins;Gate zunächst einmal auf sehr ähnliche Bestandteile wie Chaos;Head zurückzugreifen: Beide Animeserien sind grob im Science-Fiction-Thriller-Bereich angesiedelt, in beiden Fällen gibt es einen Geek als Protagonisten, der nicht so ganz in der Realität verhaftet zu sein scheint und von dem man deshalb nicht wirklich sagen kann, was er da so genau wahrnimmt. Umso mehr, da seine Wahrnehmungen von niemandem geteilt werden. Der große Unterschied: Okabe ist im Gegensatz zu seinem Kollegen unterhaltsam, statt penetranter Weinerlichkeit sind seine Spleens von Humor durchtränkt. Und auch der Rest des Ensembles ist eher witziger Natur, vom übergewichtigen Vorzeigehacker Itaru „Daru“ Hashida bis zu Moeka Kiryū, die mit anderen nur per Textnachrichten kommuniziert – selbst wenn diese direkt vor ihr stehen.

Die erste Hälfte der 24 Episoden ist dann auch insgesamt mehr im Comedysektor angesiedelt. Andeutungen, dass da etwas Finsteres vor sich geht, gibt es zwar zuhauf, nur ist – unzuverlässiger Protagonist sei Dank – nie wirklich klar, ob da auch wirklich mehr dahinter steckt oder nicht doch alles nur Einbildung ist. Und während man hier noch ein bisschen rätselt, die immer wieder in Realitätsebenen hin und her springende Serie manchmal ein bisschen Konzentration erfordert, darf dann eben regelmäßig herzhaft gelacht werden – Steins;Gate hält sehr schön die Waage zwischen albernem Blödsinn und einem erhöhten Mysteryfaktor. Hinzu kommen die aus anderen Zeitreisegeschichten bekannten chaotischen Folgen, wenn jemand an der Uhr zu drehen versucht: Für jede Antwort kommt eine neue Frage, für jedes gelöste Problem ein neues – im schönsten Schmetterlingseffektmodus führt die kleinste Änderung zu unvorhergesehenen Folgen. Allein deshalb schon ist die Spannung hoch, hier weiß man nie, was als nächstes wohl passieren wird.

In der zweiten Hälfte der von Hiroshi Hamasaki (Shigurui, Texhnolyze) und Takuya Satō (Selector Infected WIXOSS, Armitage III) inszenierten Adaption verändert sich der Ton jedoch deutlich. Der Humor nimmt ab, dafür wird der Einsatz höher, der Body Count auch, die Serie gewinnt plötzlich mehr als willkommene Thrillerqualitäten und beschießt einen mit einer ganzen Salve von Twists. Nicht alles davon ist geglückt, so ist der an Edge of Tomorrow erinnernde Abschnitt zum Beispiel insgesamt zu lang geraten. Dass man sich zum Schluss auch noch mit einer tränenreichen Romanze auseinandersetzen muss, hätte es ebenfalls nicht unbedingt gebraucht. Dennoch ist der Anime einer der besten, welche in der letzten Zeit nach Deutschland gekommen sind und zeigt dem missglückten Chaos;Head auch bei der audiovisuellen Umsetzung, wie es besser geht. Zwar neigt das junge Animationsstudio White Fox (The Devil Is a Part-Timer!, Akame ga Kill!) schon sehr dazu, mangelnde Details hinter einer andauernden Überbelichtung verstecken zu wollen. Gerade gegen Ende hin kommen aber einige schicke Effekte dazu, manche der Hintergründe würden sogar fast als fotorealistisch durchgehen, der Rest der Stimmung wird durch eine schön unheimliche Musik erzeugt.



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Zeitreise einmal anders: Mal humorvoll, dann wieder spannend erzählt „Steins;Gate“ die Geschichte mehrerer kurioser Möchtegernwissenschaftler, die an einer Zeitmaschine arbeiten. Zum Ende hin baut die Animeserie etwas ab, ist über weite Strecken aber ebenso fesselnd wie unterhaltsam.
8
von 10