Grand Budapest Hotel

Grand Budapest Hotel

(„Grand Budapest Hotel“ directed by Wes Anderson, 2014)

Grand Budapest HotelWenn ein Film überquillt mit Stars, dann meist aus einem der beiden Gründe: Geld oder Ehre. Bei Homefront oder Paranoia beispielsweise waren es sicher nicht das ausgeklügelte Drehbuch oder die anspruchsvollen Rollen, weshalb sich so viele illustre Gesichter vor der Kamera tummeln, sondern die Hoffnung auf fette Einspielergebnisse. In anderen Fällen lockt weniger der schnöde Mammon, sondern die Aussicht, mit einem bestimmten Regisseur zusammenzuarbeiten. Bei Robert Altman war es praktisch egal, wie erfolgreich der Film am Ende ist – Dabeisein war alles. Gleiches gilt noch immer für Woody Allen. Und auch bei Wes Anderson steht die Bekanntheit der Schauspieler in keinem Verhältnis zu den Einnahmen an den Kinokassen.

Waren schon seine letzten Filme geradezu verschwenderisch hochkarätig besetzt, bis in die kleinste Nebenrolle, wird Grand Budapest Hotel in der Hinsicht fast zur Farce. Ob Bill Murray, Willem Dafoe, Owen Wilson, Jason Schwartzman oder Adrien Brody, die Langzeitkollaborateure dürfen nicht fehlen. Und auch mehrere Neuzugänge aus Wendersons letztem Film Moonrise Kingdom (Tilda Swinton, Edward Norton, Harvey Keitel) sind wieder mit von der Partie. Hinzu kommen diesmal unter anderem Ralph Fiennes, F. Murray Abraham, Jude Law und Saoirse Ronan. Ganz viel Holz, vor allem wenn man bedenkt, dass einige dieser Darsteller nur wenige Minuten zu sehen sind. Aber wozu der Aufwand dann?

Für die Geschichte, die auch diesmal von Anderson selbst stammt, sicher nicht, denn die ist wie bei den Vorgängern des Kultregisseurs recht simpel. Es war einmal ein Concierge namens M. Gustave H. (Ralph Fiennes), der in den 1930ern im renommierten Grand Budapest Hotel für die Annehmlichkeiten seiner Gäste sorgte, vorzugsweise weiblich, betagt und vermögend. Als eine von ihnen, Madame D. (Tilda Swinton) das Zeitliche segnet und ihm ein wertvolles Bild hinterlässt, ist das der Beginn einer abenteuerlichen, geradezu mörderischen Auseinandersetzung.Grand Budapest Hotel Szene 1

Vor allem der Sohn Dmitri (Adrien Brody) ist alles andere als amused und versucht, Gustave den Mord der alten Dame anzuhängen. Doch der kann entkommen und versucht zusammen mit dem Lobby Boy Zero (Tony Revolori) seine Unschuld zu beweisen – was nicht ganz einfach ist, wenn man dabei sowohl von J.G. Jopling (Willem Dafoe), dem Meuchelmörder der Familie, als auch vom eifrigen Inspektor Henckels (Edward Norton) verfolgt wird.

War Moonrise Kingdom noch eine rührende Geschichte einer ersten Liebe, haben wir es hier also mit einem waschechten Krimi zu tun – am Humor, der Skurrilität der Figuren und der eigenwilligen Inszenierung hat das aber nur wenig geändert. Die Realität abbilden? Das sollen ruhig die anderen machen, hier ist alles überspitzt, verdreht, grotesk; wenn die Verfolgungsjagden in absurden Slapstickszenen münden, meint man, ein paar Jahrzehnte in die Vergangenheit versetzt worden zu sein. Wer schon bei seinen vorherigen Werken keinen Zugang, Andersons Filme einfach zu abgedreht und unwirklich fand, braucht es bei Grand Budapest Hotel gar nicht erst zu versuchen.

Dafür ist die Freude bei seinen Fans oder allgemein den Anhängern gepflegter Sonderlichkeit umso größer. Dass die beiden Hauptrollen durch Anderson-Neulinge besetzt wurden, hat dem Film in keiner Weise geschadet, sowohl Ralph Fiennes als auch Tony Revolori fügen sich wunderbar in die große, exzentrische Familie ein. Wenn Fiennes etwa als überkandidelter Concierge einen geschliffenen, deutlich snobistisch gefärbten Dialog hält, nur um den durch ein beherztes „Oh, fuck it“ abzuwürgen, bleibt im Kinosaal kein Auge trocken.Grand Budapest Hotel Szene 2

Es sind aber nicht nur die hervorragenden Darsteller, die Grand Budapest Hotel schon jetzt zu einem Höhepunkt des Filmjahres machen, Anderson zeigte außerdem wieder sein inszenatorisches Geschick. Sei es das Hotel selbst oder die anderen Orte, bei denen das flüchtige Duo Halt macht, alles wirkt, als wäre es Gemälde, weniger eine Filmaufnahme. Verspielte Details, wohin das Auge reicht, prächtige Dekors, kunstvolle Frisuren – hier wird nichts dem Zufall überlassen; Schauspieler, die sonst den Mittelpunkt einnehmen, werden vereinnahmt und zusammen mit der fast schon übertrieben kreativen Kulisse zu einem Gesamtwerk verflochten. Spätestens wenn Anderson auf die eigentlich längst ausgestorbene Technik zurückgreift, gemalte Hintergründe zu verwenden, sind die Grenzen zwischen gestern und heute, zwischen real und absurd, ohnehin aufgehoben.

Grand Budapest Hotel läuft ab 6. März im Kino



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Wie bei seinen vorherigen Filmen versammelt Kultregisseur Wes Anderson fast schon obszön viele Stars und lässt sie zu einem Teil seiner grotesken Krimikomödie werden. Durch die skurrilen Figuren, die absurden Szenen und die teils bewusst altmodischen Tricks wirkt Grand Budapest Hotel zu keiner Zeit real, sondern wie ein Gemälde. Das mag man aufgesetzt und selbstverliebt finden – oder eben auch großartig und gnadenlos komisch.
9
von 10