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Filme, die nicht existieren Teil 1 [Special]

Something’s Got to Give (1962)

 

Es gibt Konzepte zu viel versprechenden Filmstoffen, die jedoch nie in ein Kinowerk umgesetzt wurden. Es gibt allerdings auch Filme, die aus den verschiedensten Gründen nie fertig gestellt wurden oder gar Werke, die zwar komplett gedreht, anschließend aber sofort zerstört wurden, ohne dass je ein Zuschauer diesen Film gesehen hat. Dieser Teil der neuen Serie „Filme, die nicht existieren“ dreht sich um Something’s Got to Give von George Cukor.

Marilyn Monroe hatte einen Vertrag mit 20th Century Fox. Sie bekam monatlich ein hohes Gehalt und musste dafür in einer bestimmten Anzahl von Filmen mitspielen, die von besagter Produktionsfirma betreut wurden. Für Fox war 1962 alles andere als ein gutes Jahr, denn dort stand man vor dem Bankrott. Der Grund war die legendäre Produktion von Cleopatra mit Elizabeth Taylor und Richard Burton, der an exotischen Schauplätzen mit tausenden Statisten, aufwendigen Kostümen und Bauten entstand. Das Budget war weit überschritten, ebenso wie die Zahl der Drehtage. Für das Studio war diese größenwahnsinnige Produktion eine Katastrophe und bevor Cleopatra fertig gestellt war, sah man sich genötigt, schnell einen billigen, kleinen Film zu produzieren, der an den Kinokassen einschlagen würde wie eine Bombe. Man brauchte das Geld. Da Marilyn Monroe Fox laut Vertrag noch einen Film schuldete und sie bei den Zuschauern äußerst beliebt war, entschied man sich für eine leichte Komödie, die man Something’s Got to Give nennen sollte und die von George Cukor mit Dean Martin und Monroe in den Hauptrollen inszeniert werden sollte.

Dabei war die Wahl Monroes nicht unproblematisch, denn trotz ihrer präsenten Erscheinung in den Medien waren ihre letzten Filme keine großen Erfolge. Viel schlimmer als das waren jedoch die Befürchtungen, dass die als schwierig eingestufte Schauspielerin den Dreh verzögern und die Kosten in die Höhe treiben würde. Die neue Komödie sollte außerdem an einer schwierigen Station in Monroes Leben gedreht werden. Sie litt unter starken Depressionen, war einsam, hatte stark an Gewicht verloren und ihre Angst vor der Kamera hatte sich aufgrund ihrer Selbstzweifel vervielfacht. Bevor ihr Vertrag mit 20th Century Fox aufgesetzt wurde, hatte sie eine Liste von zwölf Regisseuren vorgelegt, mit denen sie arbeiten würde. Für Filmemacher, die nicht auf dieser Liste auftauchten, würde sie nicht vor die Kamera treten. Man akzeptierte ihre Vorgaben und engagierte für die geplante Komödie George Cukor, der als besonders geduldig und verständnisvoll galt.

Die Geschichte des Streifens selber war zu dieser Zeit keine unbekannte, ist es doch ein Remake einer alten amerikanischen Komödie mit dem Titel My Favourite Wife mit Cary Grant und Irene Dunne. Nun sollte Marilyn Monroe die weibliche Hauptrolle übernehmen als Frau, die nach fünf Jahren auf einer einsamen Insel, auf der sie gestrandet war, in die Zivilisation zurückkehrt. In ihrem alten Zuhause angekommen, muss sie nicht nur feststellen, dass ihre Kinder sie nicht mehr erkennen, sondern dass auch ihr Mann eine neue Verlobte hat. Dies ist der Auslöser für zahlreiche prekäre Verwicklungen.

Die Befürchtungen der Produzenten sollten sich bewahrheiten. Marilyn Monroe erschien fast nie zu ihren Drehterminen – nur wenige Wochen nach Beginn der Produktion lag der Film bereits bei einer Million Dollar über dem eigentlichen Budget. Doch Cukor blieb ruhig. Marilyn entschuldigte sich aufgrund von Krankheiten – Fieber, ein Virus, Unwohlsein und die Ärzte, die man ihr nach Hause schickte, bestätigten dies. Der Regisseur machte das Beste aus den gegebenen Umständen und drehte zunächst alle Szenen des Drehbuchs, in denen Marilyn Monroe nicht auftrat. Doch bald waren all diese Szenen gedreht und man konnte nur noch darauf hoffen, die Diva bald am Set begrüßen zu dürfen. Zu dieser Zeit war sie 35 Jahre alt und wer sich die Dokumentation über die Herstellung dieses Films ansieht, wird in den ersten 15 Minuten nichts anderes hören als Begeisterungsstürme aller Beteiligten, dass Monroe nie attraktiver war, als zu Zeiten von Something’s Got to Give.

Vielleicht stimmt das sogar; Marilyn Monroe gibt eine erstaunlich gute, erotische Figur ab, trotz der Depressionen, die sie durchleiden musste unter anderem aufgrund der Tatsache, dass ihr Kinderwunsch unerfüllt blieb. Aus diesem Grund waren die Szenen, in denen sie mit zwei Kindern vor die Kamera treten musste, die erfüllendsten und sie gehören auch zu den wenigen Momenten mit Marilyn, die von diesem Film gedreht wurden. Doch die glücklichen Momente für die Crew dauerten nicht lange an. Monroe verschwand wieder von der Bildfläche, erschien fast nie zum Dreh. Das entsprechende Studio wurde geschlossen, die Arbeiter nach Hause geschickt, bis der weibliche Star wieder erscheinen würde. Sie erschien schließlich sporadisch, doch eine Einladung des Präsidenten der Vereinigten Staaten – John F. Kennedy – konnte sie dennoch nicht abschlagen.

Das Produktionsteam war vor den Kopf geschlagen, denn Marilyn Monroe folgte der Einladung Kennedys, für ihn auf dessen Geburtstagsparty in Washington zu singen. Ihre berühmte, vor Erotik prickelnde Interpretation von „Happy Birthday“ stammt von dieser Veranstaltung, die für 20th Century Fox bedeutete, erneut das Studiogelände für Something’s Got to Give zu schließen, da man ohne Marilyn Monroe keine Szenen mehr drehen konnte. Der einzige, der auf die ausgeflogene Blondine nicht schlecht zu sprechen war, hieß Dean Martin, der die männliche Hauptrolle in diesem Film spielte. Nachdem man fieberhaft einen Ersatz für Marilyn gesucht und diesen in einer jungen Lee Remick gefunden hatte, weigerte sich Martin gar, mit einer anderen Frau als mit Monroe zu spielen. Doch diese erschien nach wie vor nicht zum Dreh.

Es folgte eine Kündigung des weiblichen Stars – eine fatale Entscheidung mit Konsequenzen. Marilyn Monroe war am Boden zerstört und drohte mit einer Klage, Dean Martin gab bekannt, dass er bei der Kündigung von Monroe ebenfalls nicht mehr in diesem Film mitspielen würde. 20th Century Fox hatte nur eine Wahl, die darin bestand, die an einem Virus erkrankte Schauspielerin erneut unter Vertrag zu nehmen. Diese war überglücklich und erschien bald darauf am Set, um eine Szene zu drehen. Was niemand ahnte: es sollte ihre letzte Szene werden. Kurz darauf wurde Marilyn Monroe in ihrem Haus tot aufgefunden. Todesursache: eine Überdosis Schlaftabletten. Monroe starb im Alter von nur 36 Jahren, verlassen, doch mit Ruhm, der auch nach 50 Jahren noch nicht verblasst ist. Von Something’s Got to Give existieren mehrere Stunden an Aufnahmematerial, doch mit zahlreichen fehlenden Szenen der Hauptdarstellerin bleibt der genannte Film leider nur ein Eintrag in der Kategorie „Unvollendete Filme“.



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