Mad God
© Plaion Pictures
„Mad God“ // Deutschland-Start: 23. Mai 2024 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Ausgestattet mit einer Gasmaske, einer Karte und einem Koffer steigt der Mann mithilfe einer Taucherglocke hinab in eine Unterwelt. Wer es ist, ist ebenso unbekannt wie das Motiv, das ihn in diese Hölle aus Kreaturen und Maschinen hinabführt. Zahlreichen Gefahren muss er dabei aus dem Weg gehen, bis er schließlich eine Stadt erreicht, das Ziel seines Abenteuers. Die Bedrohungen halten an, denn auch dort treiben sich finstere Gestalten herum. Und es dauert nicht lang, bis der Mann in eine Lage gerät, aus der es eventuell keine Rückkehr mehr gibt …

Sprachloses Langzeitabenteuer

Schon oft wurde die Stop-Motion-Technik totgesagt. Tatsächlich gibt es aber weltweit Menschen, die immer noch auf diese vertrauen und dabei bemerkenswerte Filme auf die Beine stellen. Dafür braucht es aber nicht nur Talent und Fingerfertigkeit, sondern oft auch Geduld. Schließlich nimmt die Produktion solcher Titel oft besonders viel Zeit in Anspruch. Sofern man nicht gerade das Glück hat, von einem großen Studio oder Netflix finanziert zu werden, wird mit kleinen Teams gearbeitet. Adam Elliot konnte erst 15 Jahre nach seinem Kultdebüt Mary & Max – oder Schrumpfen Schafe wenn es regnet? seinen zweiten Langfilm Memoiren einer Schnecke zeigen. Noch extremer ist Memory Hotel, an dem Regisseur Heinrich Sabl ein Vierteljahrhundert arbeitete. Und auch bei Phil Tippett dauerte es Jahrzehnte, bis Mad God das Licht der Welt erblickte.

Die lange Arbeit wurde dabei sicherlich nicht in die Geschichte investiert: Dialoge gibt es hier keine, der Protagonist wird nie vorgestellt, auch sonst erfährt man nichts. Wem besonders der narrative Part eines Films wichtig ist, braucht es hiermit daher eher nicht zu versuchen. Wobei das nicht heißen soll, dass hier gar nichts geschieht. Es geschieht sogar eine Menge. Es ist nur schwer zu sagen, was diese Menge genau sein soll. Mad God ist eines dieser Werke, die sich vor allem darauf konzentrieren, eine surreale und düstere Atmosphäre zu erzeugen. Der Vergleich zu dem einige Jahre zuvor veröffentlichten Junk Head liegt auf der Hand. In beiden Fällen handelt es sich um Stop-Motion-Filme zwischen Horror und Science-Fiction über den Abstieg in eine Unterwelt, wo bizarre Monster umherstreifen. Tippett hatte da einfach das Pech, dass sein Langzeitprojekt einige Jahre später fertig wurde und damit weniger originell wirkt.

Zwischen Faszination und Verstörung

Wobei die Stimmung schon noch ein wenig anders ist. Wo der japanische Kollege stärker mit dem Fremdartigen spielte, da ist der US-Film ein Blick in die Hölle. Da wird gefoltert und gefressen, getötet und verstümmelt. Das ist oft willkürlich, eben weil es mit keiner direkten Geschichte verbunden ist. Wäre Mad God Live Action, würde man wohl von Body Horror sprechen. So aber bleibt da immer eine Distanz, wenn Puppen malträtiert werden. An manchen Stellen gibt es dabei sogar Realaufnahmen, mit richtigen Menschen. Das verstärkt das Gefühl von Entfremdung aber nur noch weiter. Man fühlt sich hier wir in einem Fiebertraum, in dem es keine Möglichkeit zur Orientierung gibt. Und eben auch kein Entkommen.

Darauf muss man sich schon einlassen wollen. Und natürlich braucht es die Wertschätzung der beeindruckenden Kleinarbeit, die Tippett da geleistet hat. Denn was in auf dieser Odyssee, die 2021 beim Locarno Film Festival Weltpremiere hatte, zusammengetragen wurde, vergisst man im Anschluss nicht so leicht – sowohl im Hinblick auf die Designs wie auch die Umsetzung. Wem der Sinn dafür fehlt, wird mit dem Animationswerk vermutlich nur wenig anfangen können. Wo andere Stop-Motion-Filme durch den Inhalt noch genügend Identifikationsfläche bieten und das Menschliche aus dem Material hervorholen, da ist Mad God in erster Linie eine Sinneserfahrung. Als solche ist das Abenteuer auf jeden Fall eine Reise wert, mit einer Mischung aus Faszination und Verstörung blickt man hier auf das Geschehen, das vielleicht weniger göttlich ist, verrückt aber allemal.

Credits

OT: „Mad God“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Phil Tippett
Drehbuch: Phil Tippett
Musik: Dan Wool

Bilder

Trailer

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Mad God
fazit
In der Stop-Motion-Odyssee „Mad God“ steigt ein Mann in einen Abgrund, wo furchterregende Dinge auf ihn und das Publikum warten. Eine wirkliche Geschichte hat der Film nicht zu erzählen. Das hier ist weniger eine narrative Angelegenheit als vielmehr ein Erlebnis, das einem Alptraum gleicht. Wer die Kunst dahinter zu schätzen weiß, ist hier gleichermaßen fasziniert und verstört.
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