Wenn der Herbst naht Quand vient l'automne
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Wenn der Herbst naht

Wenn der Herbst naht Quand vient l'automne
„Wenn der Herbst naht“ // Deutschland-Start: 28. August 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Michelle (Hélène Vincent) genießt das zurückgezogene Leben in dem Dorf im Burgund. Viel Kontakt zu anderen Menschen hat sie nicht. Braucht sie aber auch nicht, da ihre beste Freundin Marie-Claude (Josiane Balasko) in der Nähe wohnt. Das Verhältnis zu ihrer Tochter Valérie (Ludivine Sagnier) ist hingegen immer schon schwierig gewesen. Als diese zu Besuch ist und ihren Sohn Lucas (Garlan Erlos) dabei hat, hofft Michelle zwar noch, dass sich jetzt alles zum Besseren wenden könnte. Leider serviert sie jedoch unbemerkt giftige Pilze, was Valérie als einen Mordversuch wertet. Die zerrüttete Beziehung droht, endgültig in die Brüche zu gehen. Und als wäre das nicht schon alles kompliziert genug, wird auch noch Marie-Claudes Sohn Vincent (Pierre Lottin) aus dem Gefängnis entlassen, der bald für Chaos sorgt …

Familiendrama mit Geheimnissen

Es gehört bei François Ozon einfach dazu, dass man bei ihm nie wirklich weiß, was er als nächstes machen wird. Alles ist gut gegangen (2021) war ein forderndes Familiendrama um einen Mann, der von seiner Tochter Hilfe bei seinem Selbstmord erhofft. Mit Peter von Kant (2022) schuf der französische Regisseur und Drehbuchautor eine doppelte Hommage an Rainer Werner Fassbinder, die gleichzeitig eine Art Metafilm ist. Deutlich leichter war anschließend die Krimikomödie Mein fabelhaftes Verbrechen (2023), bei der eine Schauspielerin den Mord an einem Produzenten nutzen will, um sich bekannter zu machen. Mit Wenn der Herbst naht schlägt der Filmemacher erneut einen anderen Weg ein, wobei sich natürlich auch bei diesem Werk Elemente finden, die man von Ozons früheren Titeln kennt.

Beispielsweise ist der Film über weite Strecken wieder ein Familiendrama. Ein essenzieller Punkt der Geschichte sind die Verhältnisse der beiden Frauen zu ihren jeweiligen Kindern. Beide sind dabei nicht ganz einfach, wenngleich aus verschiedenen Gründen. Während Valérie offensichtlich sauer auf ihre Mutter ist, ist es bei der zweiten Paarung die Mutter Marie-Claude, die ein Problem mit dem eigenen Kind hat. Wenn der Herbst naht wartet auch nicht lange, bis es diese Probleme aufzeigt. Unklar ist zunächst jedoch, was diese verursacht. Das ist dann auch ein grundsätzliches Merkmal des Films: Das Publikum wird mit einer Reihe von Situationen konfrontiert, bei denen es eine Vorgeschichte gibt, die aber erst später verraten wird. Das ist natürlich keine Seltenheit, bei vielen Filmen wird so verfahren. Dass daraus aber ein solches Geheimnis gemacht wird wie hier, das ist schon ungewöhnlich.

Der Abgrund hinter der Idylle

Wenn Wenn der Herbst naht zuweilen als Krimi bezeichnet wird, dann hängt das sicher auch damit zusammen, dass diese Vergangenheit rekonstruiert werden muss, wie es bei diesem Genre üblich ist. Außerdem wird es später wirklich eine Leiche geben, bei der nicht klar ist, ob es sich um Mord oder Selbstmord handelt. Und doch passt das mit der Einteilung nicht so wirklich, weil es Ozon, der in Zusammenarbeit mit Philippe Piazzo das Drehbuch geschrieben hat, doch eher um andere Punkte geht. Da stehen dann gesellschaftliche Normen im Mittelpunkt, Geschlechterbilder. Was anfangs wie eine reine Familiengeschichte wirkt, wird doch etwas größer. Da darf nicht nur gerätselt, sondern auch diskutiert werden.

Zu viel sollte man dann aber doch nicht erwarten. Gerade durch die Zusammenführung verschiedener Themen und Stränge sowie das Spiel mit den Zeiten ist klar, dass manches nicht vertieft werden kann. Tatsächlich werden manche im Publikum am Ende auch etwas unbefriedigt zurückbleiben. Und doch ist das Drama sehenswert, wie es da seine Haken schlägt und doch nah an den Menschen bleibt. Im Mittelpunkt steht dabei klar Michelle, der Hélène Vincent (Der Ursprung der Welt) gleichzeitig etwas Großmütterliches wie Unnahbares gibt. So wie Wenn der Herbst naht insgesamt gemütlich und abgründig zugleich ist, wenn hinter der freundlichen Fassade des Orts immer auch das Hässliche wartet.

Credits

OT: „Quand vient l’automne“
Land: Frankreich
Jahr: 2024
Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon, Philippe Piazzo
Musik: Evgueni Galperine, Sacha Galperine
Kamera: Jérome Alméras
Besetzung: Hélène Vincent, Josiane Balasko, Ludivine Sagnier, Pierre Lottin, Garlan Erlos

Bilder

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Wenn der Herbst naht
fazit
„Wenn der Herbst naht“ dreht sich um zwei alte Freundinnen, ihre schwierigen Beziehungen zu den Kindern, aber auch um eine unausgesprochene Vergangenheit. Dabei wird ein bisschen viel mit einem Mystery-Faktor gespielt, manche Themen kommen plötzlich auf, ohne dass sie wirklich zu Ende diskutiert werden. Dennoch ist dieses Nebeneinander von Gemütlichkeit und Abgrund sehenswert – mit teil überraschenden Wendungen.
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