Honey O’Donahue (Margaret Qualley) ist eine private Ermittlerin in der verschlafenen Kleinstadt Bakersfield, Kalifornien. Normalerweise besteht ihr Alltag aus kleineren Fällen, wie dem Aufdecken der Affären ortsansässiger Ehebrecher. Als eine potenzielle Klientin jedoch kurz nach einem Telefonat mit ihr, bei einem mysteriösen Autounfall ums Leben kommt, beschließt Honey O’Donahue sich die lokale Kirche und ihren sektenähnlichen Anführer Pfarrer Drew Devlin (Chris Evans) vorzunehmen.
Kreativität bleibt in der Familie
Nach The Ballad of Buster Scruggs im Jahr 2018 legten die Coen-Brüder, Ethan und Joel, ihre kreative Zusammenarbeit vorerst auf Eis. Joel Coen widmete sich mit Macbeth einem Solo-Projekt, und Ethan plante zusammen mit seiner Frau Tricia Cooke eine lose Trilogie lesbischer B-Movies. Mit Drive-Away Dolls erschien 2023 der erste Teil dieser gemeinsamen Vision. Mit Honey Don’t! realisierten beide nun einen zweiten Teil, welcher abseits einer queeren Protagonistin, erneut gespielt von Margaret Qualley, keinerlei handlungstechnische oder stilistische Gemeinsamkeiten mit Drive-Away Dolls teilt.
Von Roadtrip zu Noir
Abseits der queeren Protagonistin und einer ähnlich humoristischen Handschrift unterscheidet sich Honey Don’t! in Ton, Struktur und Inszenierung deutlich von seinem Vorgänger Drive-away Dolls. Während letzterer eine Buddy-Roadtrip-Komödie mit einem Mystery-Aspekt war, ist Honey Don’t! eine klassische Neo-Noir-Detektivgeschichte, mit einer femme fatale als Protagonistin. Inspiriert durch Privatermittler im Stil Humphrey Bogarts, ist Honey O’Donahue ähnlich kompromisslos, schlagfertig, wehrhaft und selbstständig, ohne dabei ihre Femininität einzubüßen. Ihr Auftreten als Großstadtfrau ist bewusst fehl am Platz in einer kalifornischen Kleinstadt, die sie dadurch jedoch weitestgehend und augenscheinlich mühelos unter Kontrolle hat.
Innerhalb dieses Settings erforschen Coen und Cooke substanziellere und düsterere Themen als noch in Drive-Away Dolls. Missbrauch, hässliche Gewalt und Traumabewältigung dienen als Grundlage für eine konkretere Thematisierung der Suche nach Geborgenheit, Hilfe und der eigenen Identität. Dabei kommt die Coen-typische Absurdität allerdings nicht zu kurz. Honey Don’t! führt die eigenen ernsten Themen durch schwarzen Humor und extreme Überzeichnung einzelner Charaktere zu einem gewissen Grad ad absurdum und erzeugt dadurch zwar eine makabre Leichtigkeit, die den Film über seine komplette Laufzeit trägt, eine ernsthafte Erforschung substanzieller Themen jedoch verhindert. Letzteres sorgt dafür, dass Honey Don’t! streckenweise thematisch orientierungslos wirkt und gezwungen ist, Satire als unbefriedigenden kreativen Ausweg zu nutzen.
Hollywoods neue Femme fatale
Wie bereits in Drive-Away Dolls brilliert Margaret Qualley auch in Honey Don’t! als neue Protagonistin. Ihr Schauspiel wirkt nicht nur authentisch, ihr offensichtlicher Spaß an der Rolle überträgt sich auch mühelos auf das Publikum. Ihre Chemie mit Aubrey Plaza als Butch-Polizistin und damit einer Art Gegengewicht zu Margarets femme fatale passt perfekt zusammen und erzeugt eine durchgehend gelungene Dynamik. Abgerundet wird das starbesetzte Trio durch einen soliden Chris Evans, der in der völlig überzeichneten Rolle des Sektenführers Drew Devlin für den Großteil des comic relief zuständig ist und als solcher selten versagt. Stilistisch funktioniert Honey Don’t! als Neo-Noir-Detektivstory durch modernen Ansatz überwiegend gut. Musik und Soundtrack sind laut und lassen jegliche Subtilität vermissen, passen sich damit allerdings perfekt der überzeichneten Natur des Films an.
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