Der kleine Dachschaden
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Der kleine Dachschaden

Der kleine Dachschaden
„Der kleine Dachschaden“ // Deutschland-Start: 2. März 1988 (ZDF) // 25. April 2024 (DVD)

Inhalt / Kritik

Eigentlich könnten Rentner Hajo Beck (Uwe Friedrichsen) und seine Gattin Annerose (Gaby Dohm) ihren Lebensabend genießen, Golf spielen und ihre Zeit mit Urlauben verbringen. Aber sie sind vor kurzem in einen treppenarmen Bungalow mit Garten gezogen – und kurz vor der Einweihungsparty entdeckt man einen feuchten Fleck an der Decke. Obwohl dieser schon am nächsten Tag wieder trocken zu sein scheint, will Hajo dem Problem lieber auf den Grund gehen. Schnell macht der ehemalige Manager die Erfahrung, dass es gar nicht so einfach ist, an Handwerker zu kommen. Und wenn sie dann doch mal nach Wochen zu einem Termin vorbeischauen, weisen sie jegliche Schuld und Verantwortung von sich. Der Dachdecker schiebt die Schuld auf den Maler, der die Wohnung kürzlich neu gestrichen hat, weshalb sich die damit verbundene Kondensfeuchtigkeit an der Decke niedergeschlagen habe. Für den Maler hingegen liegt die Ursache doch am Flachdach, das auch schon zwanzig Jahre auf dem Buckel hat. Ein weiterer Fachmann gibt Hajo den Rat, dass er kleinere Ausbesserungsarbeiten am Dach durchaus auch selbst erledigen kann…

Fleck an der Decke

Für den Drehbuchautor und Regisseur Joachim Roering (Jahrgang 1934) stellt Der kleine Dachschaden aus dem Jahr 1998 so etwas wie den krönenden Abschluss seiner fast vierzig Jahre dauernden Fernsehkarriere dar. Für den im Vorspann als „feucht-fröhliche Komödie“ bezeichneten Fernsehfilm konnte Roering den Golden Gong für das beste Drehbuch und die beste Regie in Empfang nehmen. Die Auszeichnung der Fernsehzeitschrift „Gong“ wurde damals immer nur anlassbezogen und ohne Nominierungen oder feierliche Preisverleihungen übergeben, immer dann, wenn sich aktuelle Einzelleistungen im Fernsehen für die Redaktion als preiswürdig erwiesen hatten. Roering hatte sich in den Jahrzehnten zuvor insbesondere als Regisseur der Tegtmeier-Geschichten mit dem Ruhrpott-Original Jürgen von Manger einen Namen gemacht, und auch wiederholt mit Entertainer Harald Juhnke (Harald und Eddi) zusammengearbeitet. Ein weiteres Highlight in seinem Œuvre ist der 1987 uraufgeführte Fernsehfilm Das Wahlergebnis, die satirische Betrachtung der Wirkungsmechanismen an einem Wahlabend mit der entsprechenden Fernsehberichterstattung, die auch mehr als 30 Jahre später nichts von ihrer amüsanten Detailgenauigkeit eingebüßt hat – und nach wie vor aktuell ist!

Das trifft auch auf Der kleine Dachschaden aus dem Jahr 1998 zu, der sich mit den Tücken des Alltags beschäftigt und in so manchen real-satirischen Momenten und absurden Überspitzungen an die frühen Fernsehspiele Dieter Wedels um die Familie Semmeling (beispielsweise Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims) erinnert. Hier wie da ist es der kleine Mann, eine Art Otto Normalverbraucher, der zwischen die Räder der Handwerker und Baubranche gerät und am Ende nur als Verlierer dastehen kann. Fritz Lichtenhahn war es in den Miniserien von Dieter Wedel, der diese Rolle mit Bravur darzustellen verstand, in Der kleine Dachschaden von Joachim Roering ist es nun Uwe Friedrichsen (1934-2016; Schwarz Rot Gold), der den liebenswerten Eigenheimbesitzer spielt, der mit den besten Absichten und voller Optimismus immer weiter ins Chaos und den Wahnsinn schliddert.

Nicht ganz dicht

Abgesehen vom „Fleck an der Decke“, der bald schon die Handlung dominiert und die weitere Entwicklung der Geschichte bestimmt, gibt es zu Beginn des Films noch einen anderen satirischen Seitenhieb, der 25 Jahre später aktueller denn je ist. Hajo Beck ist nämlich auch so etwas wie ein Vorreiter in Sachen „Smart Home“, denn er hat sich in seinem neuen Bungalow Technik einbauen lassen, die er mit Kommandos über sein Handy fernsteuern kann – sei es die Bedienung der Rollläden, des elektrischen Garagentors oder der Hightech-Alarmanlage, die ihm von Herrn Pfeiffer (Dietmar Mues) installiert worden ist. Auch hier läuft natürlich kaum etwas so ab, wie es in Werbeprospekten versprochen wird, und die stetig schwindende Toleranzgrenze des Gelackmeierten trägt ebenfalls zum Amüsement des Publikums bei.

Zu Beginn fehlt dem Film zwar noch ein bisschen die Linie, weil Joachim Roering die einzelnen Vorkommnisse etwas zu episodenhaft aneinanderreiht. Aber sobald die Grundproblematik etabliert ist, spult er die immer absurder werdenden Vorkommnisse, die dennoch sehr realitätsnah bleiben, professionell und kurzweilig ab, so dass man als Zuschauer zwischen Lachen und Mitleid hin- und hergerissen ist. Und zumindest eine nützliche Erkenntnis kann man aus dieser amüsanten Komödie für sich herausziehen, zumal sie im Laufe der anderthalb Stunden als Running Gag von etlichen der Beteiligten immer wieder geäußert wird: „Wasser ist dünn und schnell!“ Die DVD-Erstveröffentlichung des Fernsehfilms in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ bietet ein gutes Bild (im Widescreen-Format 1,78:1) und einen stets gut verständlichen deutschen Originalton (in Dolby Digital 2.0 Stereo). Außerdem ist alternativ auch eine Audiodeskriptionsfassung für Blinde und Sehbehinderte verfügbar. Weiteres Bonusmaterial ist nicht vorhanden.

Credits

OT: „Der kleine Dachschaden“
Land: Deutschland
Jahr: 1998
Regie: Joachim Roering
Drehbuch: Joachim Roering
Musik: Rolf Wehmeier
Kamera: Wolfgang Treu
Besetzung: Uwe Friedrichsen, Gaby Dohm, Daniela Ziegler, Dietmar Mues, Ivan Desny, Henning Venske, Irmgard Rießen

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Der kleine Dachschaden
fazit
Ein nach wie vor aktueller Fernsehfilm aus dem Jahr 1998, der sich mit den Tücken des Alltags beschäftigt und in so manchen real-satirischen Momenten und absurden Überspitzungen an die frühen Fernsehspiele Dieter Wedels erinnert. Obwohl in der Konzeption recht episodenhaft, spult Joachim Roering die immer absurder werdenden Vorkommnisse professionell und kurzweilig ab, so dass man als Zuschauer zwischen Lachen und Mitleid hin- und hergerissen ist.
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