Es sind die kleinen Dinge Les petites victoires
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Es sind die kleinen Dinge

Es sind die kleinen Dinge Les petites victoires
„Es sind die kleinen Dinge“ // Deutschland-Start: 18. April 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Langweilig wird es Alice Le Guennic (Julia Piaton) sicher nicht. Eigentlich hat sie schon genug damit zu tun, als Lehrerin Kinder zu unterrichten und die Schule am Laufen zu halten. Als Bürgermeisterin des kleines bretonischen Dorfs Kerguen kämpft sie zusätzlich aber auch noch gegen den zunehmenden Niedergang ihrer Heimat. Inzwischen mangelt es an allem, sei es die medizinische Versorgung oder Möglichkeiten, abends wegzugehen. Es gibt ja nicht einmal mehr eine Bäckerei, obwohl sie alles dafür tut, neue Menschen anzulocken. Doch jetzt kommt es richtig knüppeldick: Da auch die Zahl der Schüler und Schülerinnen weiter gesunken ist, soll die Schule geschlossen werden, was der Todesstoß für die Einrichtung wäre. Dabei könnte sie auf einen der Schüler sogar liebend gern verzichten. Schließlich hat sich der berüchtigte Querulant Émile Menoux (Michel Blanc) in den Kopf gesetzt, doch noch Lesen und Schreiben zu lernen – mit über 60 …

Dorfzukunft verzweifelt gesucht

Manche könnten bei Es sind die kleinen Dinge ein Déjà-vu-Erlebnis haben. Nicht nur, dass der Titel an Die einfachen Dinge erinnert, der vor einigen Monaten im Kino gestartet ist. Auch das Plakat ähnelt dem Film des Vorjahres schon frappierend: In beiden Fällen sitzen zwei Menschen vor einem grünen Hügel, im einen Fall auf einer Holzbank, im anderen auf einem Baumstammen. Dass es sich bei den zwei Filmen jeweils um französische Komödien handelt, die grundsätzliche gesellschaftliche Fragen stellen und sich nachdenklich geben, erhöht die Verwechslungsgefahr noch weiter. Ob diese ganzen auffälligen Gemeinsamkeiten Zufall sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Glücklicherweise haben sie aber noch etwas anderes gemeinsam: Sie sind sehenswert, auf eine ähnliche und doch unterschiedliche Weise.

Ebenfalls ähnlich ist die Eigenart, nicht von Anfang an klar zu machen, worum es eigentlich geht. Bei Es sind die kleinen Dinge liegt das aber auch daran, dass es hier nicht ur ein Thema gibt, das verarbeitet wird, sondern gleich mehrere. So lässt der Einstieg darauf schließen, dass der Film primär von dem Aussterben ländlicher Gegenden geht. Das Thema ist universell relevant, ähnliche Entwicklungen gibt es schließlich auch bei uns, wenn die Jungen aus den Dörfern wegziehen, diese überaltern und nicht mehr versorgt werden können. Der Aspekt wird auch später auftauchen. Wichtig ist beispielsweise die Sache mit der Schule, die geschlossen werden könnte. Diese dient als Symbol der dörflichen Entwicklung, es mangelt an Nachwuchs und damit einer Zukunft. Denn fällt erst einmal die Möglichkeit weg, Kinder unterrichten zu lassen, werden sich auch keine jungen Menschen mehr niederlassen, es wäre der Anfang vom Ende.

Zwischen Humor und Herz

Und doch rückt dieses Thema zwischenzeitlich in den Hintergrund. Dominiert wird das Geschehen dann von Émile, einem alten Ekel, das allen anderen das Leben zur Hölle macht. Solche Figuren sind immer wieder lustig, vor allem wenn jemand dazu gezwungen ist, Zeit mit ihnen zu verbringen. Hauptdarsteller Michel Blanc (Ein Doktor auf Bestellung) genießt es dann auch offensichtlich, in Es sind die kleinen Dinge ständig andere Leute zu beleidigen, egal ob Erwachsene oder Kinder. Und dann wäre da natürlich noch die absurde Situation, dass ein Rentner die Schulbank drückt. Das ist kein sehr ambitionierter Humor, über weite Strecken folgt er bekannten Formen. Aber er funktioniert, die französische Komödie macht Spaß, lockt mit schrulligen Figuren, hat zwischendurch auch immer wieder nette Einfälle.

Gleichzeitig will Regisseurin und Co-Autorin Mélanie Auffret aber auch die Herzen des Publikums berühren und bringt deshalb einige emotionalere Geschichten mit, bei denen die Einzelschicksale stärker thematisiert werden. Beispielsweise darf sich Émile im Laufe des Films wandeln und erstmals in seinem Leben Beziehungen zu anderen Menschen eingehen, nachdem er bis zum Tod seines Bruders auf ihn fixiert war. Auch an diesen Stellen verlässt man sich eher auf das Bewährte. Dafür ist das Ende sehr schön geworden, wenn sich Es sind die kleinen Dinge doch noch von den Erwartungen löst und nach einem eigenen Weg sucht. Der Film will das Publikum aufmuntern und dazu ermuntern, sich von den fixen Perspektiven zu lösen und Chancen für einen Neuanfang zu entdecken. Die Filmemacherin entlässt einen mit einem bittersüßen Gefühl zurück in die Welt da draußen, ein wenig glücklicher, aber doch mit einiger Ambivalenz, wissend, dass es immer irgendwie weitergehen wird, wenn auch vielleicht nicht so wie gedacht.

Credits

OT: „Les petites victoires“
Land: Frankreich
Jahr: 2023
Regie: Mélanie Auffret
Drehbuch: Mélanie Auffret, Michaël Souhaité
Musik: Julien Glabs
Kamera: Laurent Dailland
Besetzung: Michel Blanc, Julia Piaton, Lionel Abelanski, Marie Bunel, Marie-Pierre Casey, India Hair, Sébastien Chassagne, Eliot Bouger Van Goethem, Adrien Guionnet

Bilder

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Es sind die kleinen Dinge
fazit
„Es sind die kleinen Dinge“ nimmt uns mit in ein kleines Dorf, wo die Bürgermeisterin um die Zukunft kämpft. Das Ergebnis ist witzig, teilweise aber auch emotional, wenn es um die Einzelschicksale geht. Die Komödie spendet Trost, wenn sie daran erinnert, dass das Leben immer irgendwie weitergeht, selbst wenn alles ganz anders wird.
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