The Old Oak
© Wild Bunch Germany

The Old Oak

The Old Oak
„The Old Oak“ // Deutschland-Start: 23. November 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Früher einmal, da konnten die Menschen in dem Dorf im Nordosten Englands von der Arbeit in der Mine leben. Doch davon ist nicht viel geblieben, die Einwohner und Einwohnerinnen kommen kaum noch über die Runden. Auch Wirt TJ Ballantyne (Dave Turner) hat mit Problemen zu kämpfen, sein Pub „The Old Oak“ wirft so wenig ab, dass er immer wieder vorm Bankrott steht. Entsprechend ist man in dem Ort wenig begeistert, als eines Tages ein Bus voll syrischer Flüchtlinge ankommt und diese irgendwo untergebracht werden müssen. Wie sollen die den versorgt werden, wenn es schon für die Einheimischen nicht reicht? Yara (Ebla Mari) ist eine dieser Fremden, die ein neues Zuhause suchen und die von den Alteingesessenen angefeindet werden. Doch TJ ist zur Stelle und versucht, ihr und den anderen zu helfen …

Reizthema Flüchtlingskrise

Als 2015 das Thema Flüchtlinge die Gesellschaft entzweite, griffen zahlreiche Filmschaffende dieses auf. Vor allem im Dokumentar-Bereich gab es unzählige Titel, aber auch fiktional wurden viele Geschichten erzählt. Inzwischen kocht das Thema wieder hoch, überall wird daraus politisch Kapital geschlagen. Gut möglich, dass dies zu einer zweiten Welle von Filmen führen wird. Mit Ken Loach prescht dabei einer der ganz großen europäischen Regisseure vor. Überraschend ist das nicht. Der Brite hat in seiner langen Karriere bevorzugt Missstände angeprangert und soziale Themen angesprochen. Vor allem diejenigen am unteren Ende der Gesellschaft fanden in ihm immer einen Fürsprecher. Zuletzt erzählte er etwa in Sorry We Missed You von einer Mittelstandsfamilie, die es völlig aus der Bahn wirft und in einen Schuldenstrudel hineingezogen wird.

Armut ist auch in The Old Oak ein großes Thema. So lässt er zwar anfangs ein paar Leute auftreten, die unverhohlen rassistisch auftreten. Loach und Drehbuchautor Paul Laverty verzichten aber darauf, die Dorfbevölkerung ausschließlich als rückständige Fremdenhasser zu zeigen. Zum einen gibt es eben auch einige, die sich für die Neuankömmlinge einsetzen. Außerdem hängt die Ablehnung zumindest bei manchen mit den Problemen zusammen, mit denen sie selbst kämpfen müssen. Wer keine Perspektive hat und sich im Stich gelassen fühlt, nicht weiß, wie es in Zukunft weitergehen soll, der hat erst einmal kein Verständnis  dafür, dass anderen geholfen wird. Das Drama verknüpft auf diese Weise gleich zwei soziale Themen, die eigentlich nicht direkt zusammenhängen – und teilweise eben doch.

Plädoyer für mehr Verständnis

Das Ziel des Films ist es dabei wenig überraschend, dass auf beiden Seiten Verständnis für die Nöte der anderen erzeugt werden soll. Viele Werke von Loach hatten, trotz der jeweiligen ernsten Themen, oft auch versöhnliche Noten. Bei The Old Oak ist diese noch einmal stärker ausgeprägt. Sehr schön ist beispielsweise das Motiv des gemeinsamen Essens, welches hier zwischenzeitlich aufkommt. Dabei soll allen geholfen werden, die es brauchen, egal ob sie nun britisch oder syrisch sind. Es schafft zudem ein Gefühl von Gemeinschaftlichkeit, wenn alle in einem Raum sitzen, zusammen Essen zubereiten und dieses essen. Mit einfachsten Mitteln werden dabei Grenzen aufgehoben und es kommt zu dem dringend notwendigen Austausch zwischen den Leuten.

Subtil ist das aber nicht immer. Manchmal wird sogar richtig dick aufgetragen, weshalb der Film nie so natürlich wirkt, wie es wünschenswert gewesen wäre. Nebenstränge wie der um TJs kleinen Hund hätte es auch nicht gebraucht. Da wird nur Zeit verschwendet, die bei den zuweilen nur schwach gezeichneten Figuren dringender gebraucht worden wären. Und doch ist The Old Oak wohltuend, der richtige Film zur richtigen Zeit. Das Drama, welches 2023 im Wettbewerb von Cannes Premiere feierte – der 15. von Loach –, liefert zwar keine Patentlösungen für die Probleme dieser Welt. Er plädiert aber zumindest dafür, dass man diese gemeinsam sucht, anstatt Zeit und Energie auf Verteilungs- und Verdrängungskämpfe aufzuwenden, bei denen am Ende alle als Verlierer vom Platz gehen.

Credits

OT: „The Old Oak“
Land: UK, Frankreich, Belgien
Jahr: 2023
Regie: Ken Loach
Drehbuch: Paul Laverty
Musik: George Fenton
Kamera: Robbie Ryan
Besetzung: Dave Turner, Ebla Mari, Claire Rodgerson, Trevor Fox, Chris McGlade, Col Tait, Jordan Louis, Chrissie Robinson, Chris Gotts, Jen Patterson, Amna Al Ali, Yazan Al Shteiwi, Diyaa AL Khalid, Rahaf H

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Hauptdarsteller Dave Turner zu treffen. Im Interview zu The Old Oak sprechen wir über die Dreharbeiten, Gemeinschaftsgefühle und Perspektivlosigkeit.

Dave Turner [Interview]

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

The Old Oak
fazit
„The Old Oak“ greift das Reizthema Flüchtlinge auf, wenn syrische Asylanten in einem kleinen englischen Dorf landen. Das Drama macht sich für Austausch und Verständnis stark, erklärt die Nöte beider Seiten, anstatt einseitig Partei zu ergreifen. Das ist schön und willkommen, auch wenn der Film alles andere als subtil ist.
Leserwertung0 Bewertungen
0
8
von 10