Leto kada sam naučila da letim Der Sommer als ich fliegen lernte
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Der Sommer, als ich fliegen lernte

Leto kada sam naučila da letim Der Sommer als ich fliegen lernte
„Der Sommer, als ich fliegen lernte“ // Deutschland-Start: 31. August 2023 (Kino) // 11. Januar 2024 (DVD)

Inhalt / Kritik

Hilfe, ich bin doch nur ein Kind, holt mich hier raus! So fühlt sich die zwölfjährige Sofia (Klara Hrvanović), als sie mit ihrer Großmutter Marija (Olga Odanović) auf die kroatische Insel Hvar fahren muss. Unendlich viel lieber hätte sie den Sommer ihres Lebens beim Campen nahe ihrer serbischen Heimat Belgrad verbracht. Im verpassten Zeltlager hoffte sie, endlich dem Jungen näher zu kommen, in den sie schon lange verknallt ist. Und jetzt: Urlaub bei Omas Schwester Luce (Snježana Sinovčić), also eingesperrt sein mit zwei alten Frauen, in einem verfallenen Haus, wo es kein Internet gibt und das auch nicht direkt am Meer liegt. Wie aus der vermeintlichen Hölle dann doch eine Art Himmel wird, erzählt der serbische Regisseur Radivoje Andrić in einer schwungvollen Komödie für die ganze Familie, die in seiner Heimat zum Kassenschlager avancierte. Das hat wohl auch damit zu tun, dass im Hintergrund die Wunden des Jugoslawienkrieges mitschwingen.

Lustig und kindgerecht

Kurze Pause auf der Busfahrt Richtung Hvar: Die Kamera schwenkt sanft über die Hügel und gibt den Blick aufs Meer frei, das man beinahe zu riechen meint. Ein sehnsuchtsvolles Bild, in dem sich Erinnerungen an unbeschwerte Tage am Strand spiegeln. Und dann der knallharte Schnitt: Sofia bekommt eine Handvoll Sonnencreme mit voller Wucht ins Gesicht geklatscht. So grob, kontrollsüchtig und übergriffig ist diese Nanny, für die Kinder nur potenzielle Unruhestifter zu sein scheinen. Komik und Tragik liegen hier eng beisammen. Mit wenigen Strichen werden Figuren auf den Punkt hin zugespitzt, lustig und kindgerecht, rasant und griffig.

Regisseur Radivoje Andrić kennt die Insel Hvar aus seiner eigenen Kindheit und Jugend. Sein Großvater hatte hier ein Haus. Autobiografisches ist also mit eingeflossen in den vierten Spielfilm des Regisseurs, auch wenn es sich um eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von der serbischen Kinderbuchautorin Jasminka Petrović (Die kleinen Hexenjäger) handelt, der dieses Jahr auch auf Deutsch erschien. Auf dessen Basis schrieb Autorin Ljubica Luković das Filmdrehbuch, das notgedrungen einige Änderungen vornehmen musste, denn der Roman besteht zu großen Teilen aus Sofias Tagebuch und somit aus inneren Monologen. Die Filmemacher machen daraus Handy-Chats und Instagram-Stories, die sie jugendgerecht mit Animationen anreichern. Sehr schön sind auch die surrealen Einschübe, in denen sich Sofias Sehnsüchte und Ängste spiegeln, etwa in gruseligen Dialogen mit einer Spinne.

Zwar ist die Coming-of-Age-Geschichte ganz klassisch: Sommerferien, Abenteuer, erster Kuss. Der eigentliche Clou des Films liegt aber darin, mit welcher Leichtigkeit sich dieser Erzählstrang mit der ernsteren, sozusagen erwachsenen Hintergrundgeschichte verknüpft. Großmutter Marija sieht nämlich ihre Schwester Luce seit 25 Jahren das erste Mal, obwohl auch sie von der kroatischen Insel stammt und erst später in Serbien lebte. Grund für das Zerwürfnis, das die Großmutter vor Sofia verheimlichen möchte, ist der Jugoslawienkrieg, der bis heute Familien spaltet.

Ein brandneues Selbst

All das wird nicht in einer Art Geschichtsstunde aufgeblättert, sondern aus der Perspektive der quirligen und aufgeweckten Hauptdarstellerin nach und nach enthüllt, in quasi detektivischer Manier. Und zwar nicht nur als das Drama, das es ist, sondern zugleich als freudige Überraschung: Plötzlich lernt Sofia jede Menge neuer Cousins und Cousinen kennen. Ein brandneues Selbst wird dadurch geboren, so formuliert sie die Erfahrung selbst in einem visualisierten inneren Monolog. Das Feelgood-Movie, als das der Film gestartet war, nimmt nun so richtig Fahrt auf.

Die Dramödie erzählt dabei nicht nur von Versöhnung, sondern verkörpert sie auch selbst in ihren Produktionsbedingungen. Zu den Schauspielern zählten mit großer Selbstverständlichkeit sowohl Kroaten als auch Serben, so erzählt es der Regisseur im Interview. Ebenso kamen die Mitglieder der Filmcrew aus beiden der nunmehr getrennten Staaten, und die Stimmung am Set sei die einer großen Familie gewesen, die reibungslos zusammenarbeitete und viel Spaß miteinander hatte. Welche Fehler in den Kriegen vor rund 30 Jahren begangen wurden, ist daher nur am Rande ein Thema. Wenn es überhaupt eine Botschaft des Films gibt, dann ist es vielleicht diese: Dass man Kinder nicht belügen soll, aus Angst, sie könnten die Wahrheit nicht verkraften. Das gilt natürlich universell, nicht nur in Jugoslawien.

Credits

OT: „Leto kada sam naučila da letim“
Land: Serbien, Kroatien, Bulgarien, Slowakei
Jahr: 2022
Regie: Radivoje Andrić
Drehbuch: Ljubica Luković
Vorlage: Jasminka Petrović
Musik: Vasil Hadžimanov
Kamera: Dušan Joksimović
Besetzung: Klara Hrvanović, Ema Kereta Rogić, Luka Bajto, Olga Odanović, Snježana Sinovčić, Žarko Laušević

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Der Sommer, als ich fliegen lernte
fazit
„Der Sommer, als ich fliegen lernte“ ist ein schwungvoller, unterhaltsamer Kinder- und Familienfilm mit einer nicht alltäglichen Hintergrundgeschichte. Der serbische Regisseur Radivoje Andrić erzählt sehnsuchtsvoll von den Ferien seiner Kindheit und fängt die sommerliche Leichtigkeit mit kreativen, teils surrealen filmischen Mitteln ein.
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