Die kleinen Hexenjaeger The Witch Hunters Zlogonje
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Die kleinen Hexenjäger

„Die kleinen Hexenjäger“ // Deutschland-Start: 2. Mai 2019 (Kino)

Jovan (Mihajlo Milavic) wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Held zu sein, der gegen das Unrecht ankämpft! Doch in seinem Fall wird das immer ein Traum bleiben: Der Zehnjährige wurde mit einer partiellen Zerebralparese geboren und kann sich nur mit Mühe überhaupt bewegen. Das macht ihn zu einem idealen Opfer für seine Schulkameraden. Umgekehrt hat er aber auch nur wenig Interesse daran, andere kennenzulernen. Als seine neue Mitschülerin Milica (Silma Mahmuti) neben ihn gesetzt wird, hält sich seine Begeisterung daher auch sehr in Grenzen. Wider Erwarten werden der schüchterne Jovan und die selbstbewusste Milica jedoch Freunde. Außerdem müssen sie ja noch ein Abenteuer überstehen: Milicas Vater ist der Magie einer Hexe verfallen und hat für sie seine Familie verlassen. Und diese Ungerechtigkeit gilt es rückgängig zu machen!

Wir alle dürften schon einmal in Situationen gewesen sein, in denen wir davon träumten, mehr zu sein. Größer. Schneller. Stärker. Schlauer. Schöner. Je schlimmer unser Leben ist, umso größer ist die Sehnsucht meist, dass es ganz anders kommt. Mit den Jahren nehmen diese Fantastereien zwar ab, wenn wir längst verinnerlicht haben, nicht mehr träumen zu dürfen. Ganz los werden wir diese Wünsche aber wohl nie, wenn man sich den aktuellen Superheldenwahn vor Augen führt, der in den Kinos für pralle Kassen sorgt. Comicfiguren, denen wir dabei zusehen, wie sie die Welt retten, wenn wir es selbst schon nicht können.

Das Leben kann auch fantasievoll sein
Jovan ist noch nicht ganz so weit, die wichtige Aufgabe anderen zu überlassen. In seiner Fantasie wird er noch selbst zum Helden, der unter anderem seine Mitschüler rettet. Jene Menschen also, die ihn im besten Fall ignorieren, teilweise auch schikanieren. Die kleinen Hexenjäger vermeidet es dabei jedoch, den Jungen zu einem Opfer degradieren und auf billige Weise Tränen erzwingen zu wollen. Es ist vielmehr bewundernswert und herzerwärmend, wie die der 10-Jährige sein Schicksal meistert und es versteht, nur mit Hilfe seiner Vorstellungskraft ein glückliches Leben zu führen.

Das ändert sich ein wenig, als Milica hinzustößt. Auch bei ihr verwischen die Grenzen zwischen Realität und Fantasie, wenn die neue Freundin ihres Vaters zu einer Hexe gemacht wird. Die Bezeichnung war lediglich ein abschätziger Kommentar ihrer Großmutter, die ihren Unmut über die Fremde Ausdruck verleihen wollte. Ein Kommentar, den Milica jedoch wörtlich nimmt. Dadurch kommt noch ein wenig Humor mit ins Spiel, denn als Indizien für die Hexerei dienen dem Mädchen die eigenartigen Verrenkungen und das sonderbare Essen der Frau. Als Zuschauer wissen wir natürlich, dass die unerwünschte Nebenbuhlerin lediglich Yoga betreibt und für gesunde Ernährung sorgen will. Für kindliche Augen sieht die Welt aber ein wenig anders aus.

Die schwierige Welt durch Kinderaugen
Allgemein überzeugt die Adaption von Jasminka Petrovics Roman durch einen einfühlsamen Blick in die Psyche und Gefühle von Kindern. Das Thema ist dabei durchaus tragisch: Wie geht ein Kind damit um, wenn die Eltern sich trennen? Was macht das mit ihnen? Die Hintergründe der Eheprobleme bleiben dabei im Verborgenen, wie so oft bekommt der Nachwuchs zwar mit, dass etwas nicht stimmt. Erklärt wird jedoch nichts. Und wo Erklärungen fehlen, da geben Wut und Hoffnungslosigkeit alternativen Antworten Raum. Denn einfach nur akzeptieren, dass es vorbei ist, das kann Milica nicht. Dafür bekommt sie auch zu wenig Hilfe, um die Situation zu verarbeiten.

Später wird sie – ebenso wie Jovan – lernen, über sich hinauszuwachsen. Das geht ein bisschen schnell, eine einzige Szene muss in Die kleinen Hexenjäger dafür reichen. Auch andere Punkte lässt der Film etwas voreilig unter den Tisch fallen, beispielsweise den Klassenrowdy oder die Eltern. Aber es ist doch ein schönes Debüt, das Regisseur Rosko Miljkovic hier angeliefert hat. Die Geschichte um zwei Außenseiter, die einander und am Ende sich selbst finden, ist ein gleichermaßen leichtfüßiges wie tiefgründiges Beispiel dafür, was Kinderfilme leisten können. Dass die Erwachsenen dabei an den Rand gedrängt werden, als wären sie gar nicht Teil dieser Welt, ist dabei kein Nachteil – umso mehr, da die beiden Jungdarsteller derart wunderbar miteinander harmonieren und man überhaupt kein Bedürfnis entwickelt, noch eine Außenwelt zu sehen.



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„Die kleinen Hexenjäger“ erzählt von der Freundschaft zwischen einem körperlich beeinträchtigten Jungen und einem Mädchen, das unter der Trennung ihrer Eltern leidet. Das ist einfühlsam geschildert, kombiniert Humor mit ernsten Themen. Manches endet etwas vorschnell, insgesamt ist die Kinderbuchverfilmung aber ein schöner Geheimtipp – nicht nur für ein junges Publikum.
7
von 10