Paco

Paco

Paco
„Paco“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Ein Tag am Filmset endet nur für die allerwenigsten mit dem Abdrehen der geplanten Szenen. Das merkt Tontechniker Manny (Manuel Ashman) spätestens, als Darstellerin Hebe (Hebe Sayce) vom Set eilt und dabei ihr Ansteckmikro noch trägt. Bemüht, Hebe zu finden und das Mikrofon wiederzubekommen, folgt Manny den Geräuschen, die dieses verlauten lässt, quer durch Adeleide. Auf einer irrwitzigen Odyssee durch die südaustralische Metropole trifft er auf viele bekannte und unbekannte Gesichter. Gemeinsam haben sie alle eines: Sie wollen gerade unbedingt irgendetwas von Manny und halten diesen bei seiner wichtigen Mission auf.

Der Ton im Rampenlicht

Ein Tontechniker möchte ein Mikrofon wiederbekommen und begegnet dabei vielen Menschen. Simpler könnte die Prämisse eines Films wohl kaum sein. Und doch ist die australische Indie-Perle Paco einer der erfrischendsten und einzigartigsten Filme der letzten Jahre. Dass ihm das gelingt, ist einer Mischung aus toller Situationskomik und netten thematischen Anschlüssen, aber vor allem dem grandiosen audiovisuellen Konzept zu verdanken. Denn da Hauptfigur Manny die meiste Zeit den Klängen eines Mikrofons folgt, tun wir Zuschauenden das ganz einfach auch. Wir hören, was Manny hört. Sei es über das Ansteckmikro in Hebes Tasche oder die Mikrofonangel, die Manny mit sich herumträgt.

Ergänzt wird das Ganze durch eine tolle Kameraarbeit. Diese besteht die meiste Zeit nur daraus, die Figuren und ihre Umgebung aus weiter Entfernung zu zeigen und hin und wieder in Richtung der Bewegungsrichtung der Figuren zu schwenken. Das mag zunächst ziemlich langweilig klingen, wirkt aber Wunder, wenn es darum geht, dem Ton das Scheinwerferlicht zu überlassen. Denn durch die derart limitierte Kamera wandert die Aufmerksamkeit ganz automatisch zum Ton und den vielen kleinen Details, die dieser in sich trägt. Besonders zum Vorschein kommt dieser Effekt, wenn die Figuren aus dem Bild gelaufen sind, die Kamera aber stationär bleibt und man die Figuren nur noch hört und nicht mehr sieht. Das alles ist aber nicht nur unterhaltend und ästhetisch ansprechend, sondern zeigt damit etwas sehr Wichtiges. Nämlich die Kraft, die Ton in einem Film haben kann. Und dadurch implizit auch, wie langweilig Tongestaltung häufig ist bzw. wie wenig wirklich gute Tongestaltung oft wertgeschätzt wird. Der Aspekt fehlender Wertschätzung findet sich auch ein zweites Mal wieder. Denn ein großer thematischer Schwerpunkt in Paco ist der Alltag am Filmset als Freelancer*in.

Freelancing beim Film

Die meisten hintergründigen Rollen an Filmsets, also beispielsweise die Techniker*innen für Licht und Ton, sind durch Freelancer*innen besetzt. Das gilt umso mehr bei Indie-Produktionen. Diese Freelance-Verträge sind oft mit einer relativ geringen Bezahlung und einem verhältnismäßig großen Arbeitsaufwand verbunden. Und eben das zeigt sich auch in Paco. Auf seiner Suche nach dem Mikrofon wird Manny ständig angesprochen, ob er nicht mal eben kurz eine Tonaufnahme machen könnte. Die den Leuten fehlende Einschätzung des Arbeitsaufwands ist eindeutig. Darüber hinaus gibt es viele weitere Kleinigkeiten, auf die immer mal wieder Bezug genommen wird. Zu nennen sind hier beispielsweise der Diskurs um Film oder die beruflichen Selbstzweifel als Freelancer*in am Film. All das geschieht dabei immer in einem gewissen Meta-Kontext, indem der Film Figuren Dinge ansprechen lässt, die auch auf Paco selbst zutreffen.

Skurriles in Adeleide

Trotz dieser durchaus ernsten Themenschwerpunkte ist Paco aber ein Film, der von ernstem Sozial- bzw. Branchendrama kaum weiter weg sein könnte. Denn neben dem Einsatz von Ton fällt bleibt bei Paco vor allem im Gedächtnis, wie witzig er ist und was für bizarre Situationen er zeigt. Oftmals eingeleitet von den vielen schrulligen Figuren, denen Manny begegnet, ist Paco ein Fest für alle Freund*innen des absurden Humors. Die Situationskomik des Films erinnert an große Namen wie Monthy Python, Quentin Dupieux oder Jacques Tati. Die Selbstverständlichkeit und Trockenheit, mit der Paco seine teils völlig abstrusen Situationen untermalt, funktionieren großartig.

Einen nicht zu missachtenden Anteil seiner positiven Energie schöpft Paco aber auch aus einer gewissen Liebe für seine Figuren und den Handlungsort Adeleide. Denn egal wie abgedreht die Figuren auf Mannys Weg auch sein mögen, der Film freut sich über ihre Besonderheit. Er feiert ihre Einzigartigkeit. Denn gerade im Zusammenspiel mit Adeleide, einer Stadt mit 1,3 Millionen Einwohner*innen, die aber eher wirkt, als hätte sie 200.000, stechen die Figuren einfach so herrlich heraus. Es wird klar, dass es sowohl dieses gewisse Maß an Langeweile in Adeleide als auch die Abgedrehtheit der Figuren braucht. Ihre Kombination ist es, die ihren eigenen, ganz besonderen Charme hat.

Credits

OT: „Paco“
Land: Australien
Jahr: 2023
Regie: Tim Carlier
Drehbuch: Tim Carlier
Kamera: Tim Carlier
Besetzung: Manuel Ashman, Hebe Sayce, Lyn Pike

Trailer

Interview

Wer mehr über den Film erfahren möchte: Wir hatten die Gelegenheit, ein Interview mit Regisseur Tim Carlier zu führen und mit ihm über Paco zu sprechen.

Tim Carlier [Interview]

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Paco
fazit
„Paco“ ist ein wirklich toller Film, der es nicht nur schafft, wahnsinnig unterhaltsam und liebenswürdig zu sein, sondern auch mit seinem einzigartigen audiovisuellen Konzept zu überzeugen. Zwar ist die Grundprämisse des Films eine sehr simple, sie bekommt durch die schrulligen Figuren, die spürbare Zuneigung für diese und den Handlungsort Adeleide sowie einen kleinen aber feinen Diskurs über das Leben als Freelancer*in beim Film ordentlich Leben eingehaucht.
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