Rifkins Festival
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Rifkin’s Festival

„Rifkin’s Festival“ // Deutschland-Start: 7. Juli 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

Schon seit einer Weile träumt Mort Rifkin (Wallace Shawn) davon, seinen ersten eigenen Roman zu veröffentlichen. So richtig vom Fleck ist er dabei bislang aber nicht gekommen. Er bringt einfach nicht wirklich etwas zu Papier. Da trifft es sich doch ganz gut, dass eine neue Ausgabe vom San Sebastian Film Festival ansteht, bei dem sich der große Filmliebhaber unter seinesgleichen wähnt. Es gibt aber noch einen anderen Grund, weshalb der US-Amerikaner den weiten Weg nach Spanien zurücklegt. So glaubt er, dass seine Frau Sue (Gina Gershon) etwas mit dem attraktiven Regisseur Philippe (Louis Garrel) haben könnte, dessen Publizistin sie ist. Während Mort durch die Stadt streift, lernt er die Ärztin Dr. Jo Rojas (Elena Anaya) kennen, die ebenfalls mit Eheproblemen zu kämpfen hat …

Ein Filmemacher in der Krise

Es gab eine Zeit, da zählte Woody Allen zu den renommiertesten Regisseuren. Ein Filmemacher, auf den man sich jedes Mal freute, wenn er mit einer Mischung aus Neurose und Spott die Welt um sich herum betrachtete. Diese Zeit ist vorbei. Das liegt nicht nur an den privaten Vorwürfen, die man Allen machte und die dazu führten, dass sich zunehmend Leute von ihm abwandten. Schon vorher war der Glanz irgendwie weg. Klar, wer jahrzehntelang praktisch jährlich etwas Neues dreht, dem fällt irgendwann nur schwer etwas wirklich Neues noch ein. Dann und wann schuf er trotz allem hoch gelobte Werke: Midnight in Paris (2012) und Blue Jasmine (2014) brachten ihm noch mal Oscar-Nominierungen für das beste Drehbuch ein. Die meisten seiner letzten Filme sind aber bereits wieder in Vergessenheit geraten.

Bei Rifkin’s Festival ist das noch schlimmer, die wenigsten haben hiervon überhaupt Kenntnis gekommen. Zwar feierte die Komödie 2020 auf dem prestigeträchtigen San Sebastian Film Festival Premiere, wohl auch weil sie eben dort spielt. Anschließend wanderte sie aber in den Giftschrank, lange wollte niemand etwas damit zu tun haben. Es reichte auch nur für eine relativ kleine Veröffentlichung. Ob dies nun mehr auf die Vorwürfe zurückzuführen ist oder die Qualität des Films, darüber kann man sich streiten. So oder so wäre die Filmwelt nicht unbedingt ärmer, wenn Allen sich vorher zur Ruhe gesetzt hätte. Auch wenn das hier nicht so katastrophal sein mag, wie manch genüsslicher Verriss es einem glauben machen will: Einen guten Grund, sich das hier anzuschauen, dürften vom Regisseur einmal abgesehen wohl nur wenige finden.

Zurück in die Vergangenheit

Dabei hält sich Allen in einem absolut vertrauten Umfeld auf. Zwar verlässt er das heimatliche New York, um nach Europa zu reisen. Von Letzterem bemerkt man aber relativ wenig, da der Film größtenteils im Kopf des Protagonisten spielt. Und dieser ist – wie sollte es auch anders sein? – ein alter weißer Mann aus einem künstlerischen Umfeld, der mit privaten wie beruflichen Krisen kämpft und dabei jede Menge Neurosen im Handgepäck hat. Zumindest anfangs könnte man dabei noch meinen, dass Rifkin’s Festival die Gelegenheit für den Filmemacher wird, sich tatsächlich mit sich selbst auseinanderzusetzen, zumal die gemeinsame Neigung zu deutlich jüngeren Frauen auffällt. Schließlich besteht die Rahmenhandlung aus einer Therapiesitzung. Sehr weit kommt Allens Alter Ego dabei aber nicht. Die größte Erkenntnis ist vielleicht noch die, dass Rifkin vielleicht wieder das machen sollte, was er vor Jahrzehnten schon getan hat.

Rückgewandt ist aber auch die filmische Orientierung der Titelfigur. Wenn Rifkin sich wiederholt in Träumen verliert und dabei Werke wie Außer Atem, Das siebente Siegel und Citizen Kane zitiert werden, dann darf man sich schon fragen, in welchem Jahrzehnt der Film eigentlich spielen soll. Rifkin’s Festival erzählt zwar von einem Aufbruch und einer Neubesinnung, tut dies aber, indem es erfüllt von Nostalgie im Familienalbum blättert. Das tun andere natürlich auch. Zuweilen hat man im Kino das Gefühl, von einer Retrospektive in die nächste zu wechseln. Während dort aber meist zynische Kommerzialität die Erinnerungstouren befeuern, drängt sich bei Allen der Eindruck auf, dass er in seiner eigenen Welt verloren gegangen ist.

Am Ende zu nett

Das kann man dann traurig oder ärgerlich finden. Peinlich sogar. Und doch hat Rifkin’s Festival durchaus seine Momente. Zum einen wurde diese Fantasiewelt schön bebildert. Außerdem macht sich der auf Komödien spezialisierte Schauspielveteran Wallace Shawn (Timmy Flop: Versagen auf ganzer Linie) die Rolle zu eigen, hat keine Probleme, sich von einer lächerlichen Seite zu zeigen, bei der nicht immer ganz klar ist, inwieweit sich Allen derer bewusst ist. In der Hinsicht wäre noch deutlich mehr denkbar gewesen, eine richtige Satire auf das Filmgeschäft und die dort immer wieder anzufindende Selbstverliebtheit. Ganz so weit wollte das Regieurgestein dann aber wohl doch nicht gehen, weswegen hier nur eine nette, insgesamt harmlose Komödie herausspringt, die häufiger langweilt, als es ihr – und dem Publikum – gut tut.

Credits

OT: „Rifkin’s Festival“
Land: Spanien, USA, Italien
Jahr: 2020
Regie: Woody Allen
Drehbuch: Woody Allen
Musik: Stephane Wrembel
Kamera: Vittorio Storaro
Besetzung: Wallace Shawn, Gina Gershon, Elena Anaya, Louis Garrel, Sergi López

Bilder

Trailer

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Rifkin’s Festival
Fazit
In „Rifkin’s Festival“ erzählt Woody Allen mal wieder von einem neurotischen älteren Mann aus dem künstlerischen Umfeld, der in eine Krise gerät. Die Chancen für Selbstreflexion oder auch Satire wären da gewesen. Stattdessen gibt es eine nur nette, schön bebilderte Komödie, die nicht weh tut, aber auch niemand wirklich gebraucht hat.
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