Buzz Lightyear Pixar
Erster Kinoauftritt des beliebten Spielzeughelden Buzz: Szenenbild aus "Lightyear" (© Pixar / Disney)

Angus MacLane / Galyn Susman [Interview]

Regisseur Angus MacLane (Foto: Deborah Coleman / Pixar)

Seit seinem Debüt in Toy Story (1995) ist Buzz Lightyear zu einem ikonischen Animationshelden geworden. In vier Spielfilmen durften wir den Space Ranger sehen, dazu Kurzfilme und eine Zeichentrickserie. In seinem ersten eigenen Kinofilm Lightyear lernen wir ihn noch einmal von einer neuen Seite kennen und begleiten ihn auf ein Abenteuer, das nicht nur durch den Weltraum, sondern auch die Zeit führt. Zum Kinostart am 16. Juni 2022 unterhalten wir uns mit Regisseur  Angus MacLane und Produzentin Galyn Susman über den Film, was wir von Buzz lernen können und die Bedeutung eines persönlichen Vermächtnisses.

Könntet ihr uns ein wenig über die Entwicklung von Lightyear erzählen? Wie kamt ihr auf die Idee für den Film?

Angus MacLane: Nach Findet Dorie wollte ich einen Film machen, der einfach Spaß macht. Ich hatte schon immer Interesse an Buzz und seiner Geschichte und fand die Idee spannend, ein Science-Fiction-Action-Abenteuer mit ihm zu drehen. Einen Actionfilm, wie ich sie als Kind immer gern gesehen habe. Und so kam ich auf die Idee, den Film zu drehen, den Andy als Kind gesehen hat und den er so cool fand, dass er danach unbedingt das Spielzeug dazu haben wollte. Nachdem ich diese Idee vorgestellt hatte, ging es darum, noch die Geschichte an sich zu finden. Was wollten wir von Buzz erzählen? Was ist seine persönliche Geschichte? Während wir an dem Film gearbeitet haben, bin ich in meine alte Heimat gefahren, wo ich aufgewachsen bin, und habe dort gesehen, wie viel sich geändert hat seit damals. Ich hatte das Gefühl, dass alles ganz anders geworden ist und die Leute viel älter sind, während ich immer noch derselbe war. Dadurch bin ich auf die Idee mit der Zeit gekommen und wollte auf diese Weise zeigen, wie Buzz von der Gesellschaft isoliert ist. Also auch das, was er später in Toy Story erfährt. Dort denkt er, dass er ein Space Ranger ist und merkt nicht, dass er nur eins von Andys Spielzeugen ist. In Lightyear zeigen wir, wie er sich durch den Faktor Zeit von allen anderen entfernt.

Und warum habt ihr ausgerechnet einen Film über Buzz gemacht? Es hätte schließlich jedes dieser Spielzeuge sein können.

Angus MacLane: Ich mag Buzz einfach.

Galyn Susman: Ich auch. Ich fand die Idee aufregend, ein Science-Fiction-Abenteuer zu drehen.

Was ist so aufregend an Science-Fiction, sowohl als Filmschaffende wie auch als Publikum?

Produzentin Galyn Susman (Foto: Deborah Coleman / Pixar)

Galyn Susman: Es macht einfach Spaß, zusammen ein Abenteuer zu erleben, das du sonst nie erleben könntest. Bei Science-Fiction kommt noch der Aspekt der Zukunft hinzu. Wie wird unsere Zukunft aussehen? Und was ist da draußen außerhalb der Welt, die wir kennen? Die Menschen haben schon immer rauf zu den Sternen geblickt und ihrer Fantasie freien Lauf gelassen. Science-Fiction-Filme geben uns eine Antwort auf die Fragen, die wir alle haben.

Angus MacLane: Für mich ist es auch dieser Abenteuer-Aspekt und das Potenzial, was das Unbekannte mit sich bringt. Dabei hat Science-Fiction oft auch etwas über unser eigenes Leben zu sagen und über die Themen, die uns beschäftigen. Nur eben mit fantastischen Elementen, die es uns erlauben, diese Themen auf eine spannendere Weise zu behandeln.

In den letzten Jahren wurde die Raumfahrt auch zunehmend für Privatmenschen geöffnet, die solche Weltraumflüge erleben wollen. Würde euch das reizen?

Galyn Susman: Auf jeden Fall!

Angus MacLane: Auf keinen Fall. Ich habe daran überhaupt kein Interesse.

Galyn Susman: Weil er Angst davor hat.

Angus MacLane: Das würde ich so nicht sagen. Ich würde eher sagen, dass ich es vorziehe nicht zu gehen. Viele Leute träumen davon. Ich nicht.

Galyn Susman: Träumst du davon?

Ich neige zur Klaustrophobie. Die Vorstellung, in einer engen Rakete gefangen zu sein, während draußen nichts ist, ist daher schon ein wenig furchterregend.

Galyn Susman: Aber ist das nicht Teil des Spaßes?

Angus MacLane: Nein!

Galyn Susman: Für mich gehört das zu Science-Fiction dazu, dass die Umgebung selbst eine Art Antagonist ist. Das finde ich sehr interessant, weil du das sonst so nicht wahrnimmst. Es ist großartig, wenn die Figuren gegen Gefahren ankämpfen müssen, die überall lauern.

Kommen wir auf Buzz zurück. Wenn wir den aus Toy Story mit dem aus Lightyear vergleichen, wie unterscheiden die sich?

Angus MacLane: In Toy Story ist er mehr eine Nebenfigur und die Geschichte handelt von der Dynamik zwischen ihm und der Hauptfigur Woody. Da wir ihn bei uns zur Hauptfigur gemacht haben, mussten wir ein wenig ändern, wie er in der Geschichte funktioniert. Er ist jetzt ernster, auch um die Gefahren seiner Mission zu betonen. Er wird weniger für humoristische Zwecke genutzt, wie es noch bei Toy Story der Fall war. Diese Lücke füllen wir mit Sox, der Roboter-Katze. Wobei wir trotzdem noch komische Szenen mit ihm haben, eben weil er so ernst ist und damit einen starken Kontrast zu den anderen Figuren in seinem Team bildet. Der Geist von Buzz ist also immer noch da, nur etwas angepasst an die neuen Bedingungen.

Was kann das Publikum von eurem Buzz lernen?

Angus MacLane: Buzz ist ein sehr verantwortungsbewusster Mensch. Wir sehen, wie er am Anfang einen Fehler macht, und er tut danach alles, um diesen Fehler wieder gutzumachen. Er lässt dabei aber keine Hilfe zu und ist ganz festgefahren in seinen Ansichten, weshalb er wieder und wieder dasselbe tut. Er muss erst lernen, mit anderen zusammenzuarbeiten und ein richtiges Team zu sein. Er fängt an wie ein typischer Filmheld, der alles alleine macht, und kommt mit der Zeit in der Realität an. Denn dort müssen wir immer zusammenarbeiten. Das ist also etwas, das wir mit ihm lernen.

Galyn Susman: Eine andere Sache, die wir aus dem Film mitnehmen können, ist mehr auf unsere Gegenwart zu achten. Buzz hat ein festes Ziel vor Augen und den Traum einer Zukunft, den er verfolgt. Klar ist das wichtig. Das sollte aber nie dazu führen, dass wir den Blick für das hier und jetzt verlieren. Ich neige selbst immer wieder dazu, weshalb der Film für mich da eine tolle Aussage hat, die wir fürs wirkliche Leben mitnehmen können.

Eine Sache, die ich mich nach dem Anschauen eures Films gefragt habe: Sind die Persönlichkeiten der einzelnen Spielzeuge etwas, das schon in ihnen drin ist, also quasi angeboren, oder sind sie die Folge von Andy und wie er diese Figuren sieht?

Galyn Susman: Oh. Das ist eine interessante Frage. Ich würde sagen, dass die Persönlichkeiten Teil der Figuren sind und nicht durch Andy vorgegeben. Sie verhielten sich gleich, als sie zu Bonnie kamen. Deswegen denke ich nicht, dass das mit Andy zu tun hat.

Angus MacLane: Und was wenn die komplette Geschichte nur eine Vorstellung ist, die wir durch Andys Augen sehen? An diese Möglichkeit haben wir gar nicht gedacht, dass dies eine Halluzination von Andy sein könnte. Darüber muss ich noch ein bisschen nachdenken.

Galyn Susman: Tu das. Ich bleib bei unserer alten Version.

Dann kommen wir zu einem anderen Thema, das ihr gerade angeschnitten habt: Buzz muss erkennen, dass es außerhalb seines Ziels Alternativen gibt. Dass die Frage nach dem Sinn des Lebens verschiedene Antworten haben kann. Denkt ihr, dass es überhaupt eine definitive Antwort geben kann?

Angus MacLane: In dem Film muss sich Buzz tatsächlich entscheiden zwischen dieser Jagd auf die Zukunft und der Wertschätzung dessen, was er schon hat. Das Team wird für ihn zu einer Familie und er lernt dabei sich niederzulassen und die Momente mit den anderen zu genießen. Für ihn gibt es also diese Antwort, sobald er realisiert, wie wertvoll das alles ist. Denn was bringt es dir, wenn du so fokussiert darauf bist etwas zu erreichen, aber niemanden hast, mit dem du das Erreichte teilen kannst?

Galyn Susman: Eine andere Möglichkeit, an dieses Thema heranzugehen, ist die Idee eines Vermächtnisses. Was bleibt von uns übrig? Was haben wir im Leben erreicht? Vermächtnis muss aber nicht bedeuten, dass du irgendetwas Großes getan hast. Ein wichtiger Teil dieses Vermächtnisses sind auch die Beziehung zu anderen und wie du sie geprägt hast.

Wie sieht es mit eurem eigenen Vermächtnis aus? Was wollt ihr als Filmschaffende erreichen?

Angus MacLane: Persönlich denke ich nicht wirklich viel über mein Vermächtnis nach. Ich hoffe natürlich schon, dass möglichst viele Leute den Film sehen und mögen. Vermächtnis hört sich für mich aber zu arrogant und selbstüberzeugt an.

Galyn Susman: Aber wollen wir nicht alle eine Form des Vermächtnisses? Etwas, das wir zurücklassen? Aus diesem Grund haben wir doch den Drang uns fortzupflanzen und auf diese Weise etwas zu hinterlassen.

Angus MacLane: Da geht es aber glaube ich mehr darum, die Menschheit fortzuführen und weniger um das eigene großartige Ich.

Galyn Susman: Das sehe ich anders. Ich denke, dass die Weitergabe der eigenen Gene eine große Rolle dabei spielt. Wahrscheinlich hast du nur ein Problem mit diesen egozentrischen Ausdrücken. Dann lassen wir das Vermächtnis weg: Was willst du erreichen?

Angus MacLane: Ich will eigentlich nur Filme machen. Das macht Spaß, vor allem wenn du mit Freunden arbeitest. Das will ich auch weiterhin machen, aber nicht für die Nachwelt, sondern weil es eine tolle Möglichkeit ist, deine Zeit zu verbringen.

Galyn Susman: Spaß muss das natürlich machen. Für mich ist es aber mehr als das. Wenn mir jemand sagt, dass er sich mit meinen Figuren identifizieren kann und sich durch meine Arbeit gehört und gesehen fühlt, dann ist das auch ein Grund für mich, weiter an Filmen zu arbeiten. Wir kommunizieren so viel durch unsere Filme und es ist großartig, wenn wir durch Filme etwas in anderen auslösen.

Angus MacLane: Das ist eine tolle Antwort, viel besser als meine. Kann ich meine noch ändern? Ich finde es natürlich auch toll, wenn ich durch meine Filme Kinder inspirieren kann, so wie ich selbst als Kind durch Filme inspiriert wurde. Durch Star Wars zum Beispiel. Diese Reaktion zu haben, macht einen großen Unterschied und fühlt sich auch für mich gut an. Wenn das auch unter Vermächtnis fällt, bin ich dabei!

Galyn Susman: Wir haben uns für den Film mit einem Astronauten unterhalten, der gerade von der ISS zurückkam und uns als Berater zur Verfügung stand. Wir kamen dabei auch auf das Thema Filme zu sprechen. Dabei erzählte er uns, dass 2001: Odyssee im Weltraum in ihm den Wunsch ausgelöst hat Astronaut zu werden. All die Erfahrungen, die er gesammelt, seine ganze Karriere, all das ging darauf zurück, dass er einen Film angesehen hat. Ist das nicht unglaublich? Das würde ich gern mit unseren Filmen erreichen.

Nachdem wir uns über das Vermächtnis unterhalten haben, wie sieht es mit der Zukunft aus? Wird es andere Filme um die übrigen Spielzeuge geben? Oder ein Lightyear 2?

Angus MacLane: Wir sind schon große Fans von Buzz und seinen Science-Fiction-Abenteuern und könnten uns vorstellen, noch mehr Geschichten davon zu erzählen. Aber im Moment sind wir noch so sehr mit Lightyear beschäftigt, dass wir noch nicht wirklich darüber hinaus Pläne für die Zukunft machen. Und wenn wir eines von dem Film gelernt haben, dann dass wir das genießen und wertschätzen sollten, was wir gerade haben.

Vielen Dank für das Gespräch!



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