Words on Bathroom Walls
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Words on Bathroom Walls

Inhalt / Kritik

Words on Bathroom Walls
„Words on Bathroom Walls“ // Deutschland-Start: 1. November 2021 (Netflix)

Es war ein ganz normaler Schultag im Leben des Jugendlichen Adam Petrazelli (Charlie Plummer). Bis dieser mitten im Unterricht von Wahnvorstellungen verfolgt wird und komplett ausrastet. Bei einer anschließenden Diagnose stellt sich heraus, dass er an Schizophrenie leidet und dringend Behandlung braucht. Seine Mutter (Molly Parker) besorgt ihm daraufhin einen Platz in einer katholischen Privatschule, wo ihn niemand kennt und er noch einmal neu anfangen kann. Dabei wird ihm von der Schulleitung zur Auflage gemacht, dass er die ihm verschriebenen Medikamente nimmt, die ihm dabei helfen sollen, diese Ausbrüche unter Kontrolle zu bekommen. Tatsächlich scheint der Ortswechsel ihm gut zu tun. Auch die Freundschaft zu Maya Arnez (Taylor Russell), die ihm bei den schulischen Aufgaben unterstützt, trägt zu einer Verbesserung. Doch bald stellt Adam fest, dass die Medikamente unerwünschte Nebenwirkungen haben, mit denen er nicht klarkommt …

Tabuthema psychische Krankheit

Das Leben als junger Mensch kann schon unter normalen Umständen schwierig sein. Es geht darum, sich in einer großen Welt zurechtzufinden, einen eigenen Weg durch das Chaos zu finden, sich selbst zu finden. Oft funken dann auch noch Gefühle dazwischen, die das mit der Selbstbestimmung noch einmal schwieriger machen. Words on Bathroom Walls nimmt diese normalen Herausforderungen und kombiniert sie mit einer, die alles noch einmal deutlich verkompliziert. Psychische Störungen, hier ist es eine Schizophrenie, können selbst alltäglichste Situationen zu einem unüberwindbaren Hindernis machen. Die Geschichte beginnt mit einem regulären Klassenzimmer, das sich urplötzlich in einen Höllenort verwandelt. In einer solchen Situation stellen sich Fragen nach einer beruflichen Laufbahn oder der Erfüllung von Träumen nicht. Da heißt es erst einmal überhaupt irgendwie weitermachen zu können.

Die Adaption eines Romans von Julia Walton beschreibt diesen Kontrollverlust jedoch nicht als Dauerzustand. Vielmehr ist Words on Bathroom Walls von einem ständigen auf und ab geprägt. Im einen Moment passt noch alles, im nächsten kann es schon ganz anders aussehen. Gerade die Unberechenbarkeit dieser Krankheit ist es, die hier einen so starken Tribut von Adam einfordert. Er kann sich nie wirklich sicher sein, wann es das nächste Mal so weit ist. In der Zwischenzeit gibt es ein paar Selbstgespräche, die er mit einem lediglich eingebildeten Trio führt. Ob das die beste Ausdrucksform für Schizophrenie ist, darüber lässt sich streiten. An manchen Stellen ist das mit der humorvollen Ausrichtung der drei Plagegeister schon ein wenig verharmlosend.

Pillen machen das schon …

Trotzdem ist es grundsätzlich lobenswert, wie hier zumindest erste Schritte zu einer Auseinandersetzung mit einem schwierigen Thema stattfinden. Psychische Probleme sind, bei allen Fortschritten, immer noch etwas, worüber ungern gesprochen wird. Bei Words on Bathroom Walls wird auch offensichtlich warum, wenn Adam nach dem Vorfall an der Schule gnadenlos gemobbt wird, anstatt die Unterstützung zu erhalten, die er bräuchte. Dabei kann er sich zwar auf seine Mutter verlassen, die alles für ihn tut. Aber auch die rät ihm, das alles in Zukunft irgendwie zu verheimlichen. Der Film zeigt dabei auf, wie ein Tabu weitergereicht wird: verstecken, wegducken, hoffen. Das wird, in Zusammenarbeit mit Medikamenten, zur Problemlösung. Oder das, was die Leute für eine Problemlösung halten.

Immerhin: Der Film macht klar, dass Medikamente schwere Nebenwirkungen haben können und ein offener Umgang Voraussetzung ist für eine tatsächliche Behandlung. Wobei beides Punkte sind, die hier erst noch gelernt werden müssen. Eine wirkliche Antwort, was zu tun ist, gibt Words on Bathroom Walls damit zwar nicht. Das muss aber auch nicht sein. Das Drama will erst einmal ein wenig Bewusstsein schaffen. Dass das manchmal zu sehr an der Oberfläche bleibt, muss man deshalb in Kauf nehmen. Gleiches gilt für die leicht idealisierte Vorstellung davon, dass schon alles gut wird, wenn man nur von seinem Umfeld geliebt wird. Diese kleineren inhaltlichen Schwächen, die sicher auch der Zielgruppe geschuldet sind, werden dafür von einem wunderbaren Duo ausgeglichen. Die gemeinsamen Szenen von Charlie Plummer (Zerplatzt) und Taylor Russell (Waves), wenn ihre Figuren von einem besseren Leben träumen, sind rührend und leben von dem großen Charme der beiden.

Credits

OT: „Words on Bathroom Walls“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Thor Freudenthal
Drehbuch: Nick Naveda
Vorlage: Julia Walton
Musik: The Chainsmokers, Andrew Hollander
Kamera: Michael Goi
Besetzung: Charlie Plummer, Taylor Russell, Andy García, AnnaSophia Robb, Beth Grant, Devon Bostick, Lobo Sebastian, Molly Parker, Walton Goggins

Trailer

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„Words on Bathroom Walls“ begleitet einen Jugendlichen, der versucht, mit seiner Schizophrenie-Erkrankung klarzukommen. Das wird selten so hässlich, wie es das Thema vielleicht erfordern würde, auch weil der Film sich selbst an ein jüngeres Publikum richtet. Das Plädoyer für einen offenen Umgang mit der Krankheit ist aber sympathisch. Hinzu kommt das charmante Duo, dem wir einige rührende Szenen zu verdanken haben.
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