Nachsaison Basse Saison Arte
© Fabien Malot

Nachsaison

Inhalt / Kritik

Nachsaison Basse Saison Arte
„Nachsaison“ // Deutschland-Start: 26. November 2021 (Arte)

Nahezu alles haben Richard (Eric Caravaca) und Carole (Emmanuelle Devos) verloren, was ihnen einmal etwas bedeutet hat. Vor allem der Verlust des Sohnes, der an einer Drogendosis verstarb, belastet das Ehepaar schwer. Hinzu kommen die konstanten finanziellen Nöte, seitdem ihre Firma weg ist. Jetzt sitzen sie in der Ferienwohnung von Richards Vater im derzeit ausgestorbenen Badeort La Grande-Motte und suchen dringend nach einem Ausweg aus der Misere. Dieser bietet sich zufällig an, als sie Anthony (Simon Abkarian) über den Weg laufen. Mit dem ist Richard schon seit Kindheitstagen befreundet, gemeinsam haben sie auch so manches gemeinsames Ding gedreht. Er bietet ihnen auch an, bei einem großen Coup mitzumachen, bei dem es um einen Koffer mit Bargeld gehen soll. Die Sache hat nur einen Haken …

Aus der Zeit gefallen

Der Titel Nachsaison trifft bei dem Film gleich doppelt ins Schwarze. Vordergründig bezieht er sich natürlich auf die zeitliche Komponente, wenn wir uns außerhalb der Feriensaison in dem Ort La Grande-Motte aufhalten. Wer diesen kennen sollte, wird die Bilder auch gleich zuordnen können, den markanten Wohnanlagen sei Dank. Gleichzeitig wirkt er sehr fremd, geradezu surreal: Der graue Himmel passt nicht ins Bild. Vor allem aber die fehlenden Menschen sorgen für eine ganz eigene Atmosphäre. Wo sich sonst die Leute dicht an dicht tummeln, um noch einen der begehrten Plätze in den Cafés oder am Strand zu erhaschen, da herrscht nun gähnende Leere. Eine Parallelwelt, in der die wenigen, die noch da sind, völlig verloren wirken.

Nachsaison passt aber auch zu dem Ehepaar, das von einem Unglück ins nächste stolpert. Die Ehe selbst steckt seit einigen Jahren schon in der Krise, ist gezeichnet von den vielen Verlusten, welche die zwei zu ertragen hatten. Die beiden wirken ausgebrannt, sind irgendwie immer noch da, obwohl man das Gefühl hat, sie sollten es nicht sein. Wenn die zwei sich auf den Coup mit Anthony einlassen, dann nicht aus Begeisterung, sondern weil ihnen nicht viel anderes mehr übrig bleibt. Sie sind typische Verlierer, deren Schicksal umso grotesker wirkt, da sie in der besagten Ferienwohnung festsitzen. Sie besitzen etwas, worum man sie unter normalen Umständen beneiden würde. Und doch haben sie nichts, ihre Schulden drohen ihnen auch noch das letzte bisschen abzunehmen. Das Verbrechen ist die letzte Chance, die sie haben, um überhaupt noch irgendwie weitermachen zu können.

Mix verschiedenster Genres

Das bietet sich eigentlich für ein existenzielles Drama an, in dem es um Verzweiflung und Abgründe geht. Doch Nachsaison ist irgendwie anders. Regisseur und Co-Autor Laurent Herbiet mischt bei dem Arte-Film die verschiedensten Genres zusammen. So wird das Drama mit Krimielementen angereichert, zeitweise nähern wir uns dem Thriller an. Gleichzeitig gibt es hier aber auch immer wieder komische Momente. Schließlich haben wir es mit zwei Leuten zu tun, die nicht wirklich für ein solches Leben geeignet sind. Richard und Carole sind eben keine Superverbrecher, die das mal eben so locker auf die Reihe bekommen. Es dauert nicht lange, bis sie heillos überfordert sind, was für sie selbst unangenehm ist, dem Publikum aber schon Spaß machen kann.

Das funktioniert gerade des Duos wegen gut. Emmanuelle Devos (Parfum des Lebens) und Eric Caravaca (Gelobt sei Gott) überzeugen als Chaospaar, bei dem man nie ganz sicher sein kann, ob es von gemeinsamen Gefühlen oder einer gemeinsamen Not zusammengehalten wird. Die beiden können aber auch nicht verhindern, dass für Teile des Publikums das Konzept ein Manko darstellt: Der Mix der verschiedenen Genres führt dazu, dass Nachsaison in keine Richtung wirklich ausschlägt. Es wird nie richtig tragisch, nie richtig komisch, nie richtig spannend, was dann für einige unbefriedigend sein könnte. Wer sich aber darauf einlassen kann, dass der Film seinen eigenen Weg geht, sollte zumindest in dieses ungewöhnliche Werk reinschauen und den beiden ein wenig Gesellschaft leisten bei ihrem Versuch, zurück ins Leben zu kommen.

Credits

OT: „Basse Saison“
Land: Frankreich
Jahr: 2021
Regie: Laurent Herbiet
Drehbuch: Laurent Herbiet, Iris Wong
Kamera: Dominique Bouilleret
Besetzung: Emmanuelle Devos, Eric Caravaca, Simon Abkarian, Robert Plagnol, Christophe Tek

Bilder

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

„Nachsaison“ folgt einem Paar, das im Leben zahlreiche Verluste erdulden musste und nun hofft, dank eines kriminellen Coups wieder auf die Füße zu kommen. Das Ergebnis ist ein sonderbarer Mix aus Drama, Komödie und Krimi, der von dem surrealen Ferienort-Ambiente und dem Schauspielduo lebt, dabei aber einigen zu unentschlossen sein dürfte.
Leserwertung27 Bewertungen
6.5
7
von 10