Johnny Guitar
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Johnny Guitar

Inhalt / Kritik

Johnny Guitar
„Johnny Guitar“ // Deutschland-Start: 20. August 1954 (Kino) // 27. September 2018 (DVD/Blu-ray)

Wie in vielen anderen Städten und Dörfern in den USA hoffen auch die Einwohner von Red Butte, Arizona auf den wirtschaftlichen Aufschwung, den die Eisenbahn zweifelsohne mit sich bringen wird. Der Kampf um Land und Besitz bestimmt nicht nur das öffentliche Leben, sondern hat auch einen tiefen Keil zwischen einige Bewohner getrieben. Besonders der Saloon sowie die angrenzende Glücksspielhalle von Vienna (Joan Crawford) sind den Einwohnern ein Dorn im Auge geworden, wobei auch das sture Auftreten der Grundbesitzerin Wut und Zorn unter den Bürgern hervorruft. Nicht nur unterstützt Vienna den Fortschritt, den die Eisenbahn mit sich bringt, ihre Verbindung zu der Bande des tanzenden Teds (Scott Brady), ihr einstiger Liebhaber, erzürnt die Dorfbewohner, allen voran Emma Small (Mercedes McCambridge), die in Ted verliebt ist und nach jedem noch so kleinen Verdachtsmoment sucht, damit sie die Dorfbewohner gegen Vienna aufstacheln kann. Eines Tages erscheint der ehemalige Revolverheld Johnny Logan (Sterling Hayden) in Viennas Saloon, wo er sich unter seinem neuen Namen „Johnny Guitar“ vorstellt. Ted, der nach wie vor hofft, dass ihm seine einstige Geliebte, eine zweite Chance gibt, reagiert eifersüchtig auf die Vertrautheit zwischen Johnny und Vienna, und glaubt darüber hinaus keinesfalls, dass der Fremdling alleine wegen des Gitarrenspiels in den Saloon gekommen ist.

Da Emma die Bewohner Red Buttes davon überzeugen konnte, dass Ted und Vienna den kürzlich begangenen Raub auf eine Postkutsche initiiert haben, reagiert der Sheriff mit einem Ultimatum: Vienna und ihre Männer haben 24 Stunden, um die Stadt zu verlassen. Während ihr einstiger Geliebter auf Rache sinnt wegen der ständigen Verdächtigungen und Johnny sich notfalls mit Waffengewalt gegen den Lynchmob aus dem Dorf wehren will, möchte Vienna nach wie vor verhandeln. Als jedoch Ted seinen Drohungen Taten folgen lässt und die Bank in Red Butte überfällt, sind die Hoffnungen auf eine friedliche Lösung zunichtegemacht, denn nun wollen Emma wie auch die übrigen Landbesitzer ihr Geld zurück und Vienna von ihrem Grundstück treiben.

Ein politischer Western

In den 1950er steckte nicht nur das Westerngenre in einer tiefen Sinnkrise, denn auch die Kulturszene der USA generell bekam die Kommunistenhetze unter Senator McCarthy zu spüren, als viele Kulturschaffende verfolgt oder gleich ganz aus dem Land getrieben wurden. Vielleicht war es seine lebenslange Vorliebe für Geschichten über Außenseiter, die Regisseur Nicholas Ray (…denn sie wissen nicht, was sie tun) zu Roy Chanslors Roman Johnny Guitar trieben, doch bestimmt auch jene Parallelen zu der Lebenswirklichkeit in den USA zu Beginn der 1950er Jahre, bedient der Roman doch keineswegs nur die üblichen Westernmythen, sondern verhandelt zudem Themen wie Unschuld, Lynchjustiz sowie den Kampf zweier Überzeugungen, die sinnbildlich für den Untergang des Mythos des Wilden Westens stehen.

Innerhalb des Westerngenres oder generell im Kontext der anderen Kinofilme der 50er Jahre hat Johnny Guitar eine gewisse Sonderposition, wenn man bedenkt, wie sich die Rezeption zu Rays Film verändert hat. Besonders in seiner Heimat wurde der Film lange Zeit missverstanden, weil viele Zuschauer einen reinen Western erwartet haben, was Johnny Guitar nur teilweise einlöst. Schon alleine die Eröffnungsszene, welche die von Joan Crawford gespielte Vienna zeigt, hebt sich ab von dem Frauenbild, das in vielen anderen Vertretern des Genres noch lange Zeit vorherrschte, denn mit dem schussbereiten Revolver in der Hand und ihrer überlegenen Pose ist sie noch viel mehr eine Heldin als der titelgebende Johnny Guitar. Immer wieder spielt Rays Inszenierung sowie das Drehbuch Philip Yordans mit diesen Geschlechterbildern, werden die Pläne der Männer als kurzsichtig und geradezu dumm entlarvt und zeigen die beiden Frauenfiguren, Emma und Vienna, einen Grad an Weitsichtigkeit, Cleverness und Schläue, der sie zu den eigentlichen Heldinnen macht.

Kampf der Überzeugungen

Dies folgt einer gewissen Logik, wie Ray in Interviews über den Film auch immer wieder betonte. Stehen die Auftritte von Crawfords Figur für eine gewisse Theatralik, erscheint die von Mercedes McCambridge gespielte Emma wesentlich authentischer, aber auch beängstigender in ihrem Hass auf ihre Kontrahentin sowie alles, für das diese steht. In den Verhörszenen beispielsweise, wenn Emma die Wut des Mobs hinter ihr lenkt und die Männer an ihrer Seite für ihre Zwecke instrumentalisiert, zeigt sich nicht nur die politische Metapher auf die Kommunistenjagd, sondern auch jener Kampf der Überzeugungen, einer zwischen der Tradition und dem Fortschrittsversprechen. Sowohl Emma wie auch Vienna wirken wie Fanatikerinnen, auch wenn sich ihre Mittel und Auftritte unterscheiden, doch für die Erweiterung ihres Machtbereichs und ihrer Überzeugungen sind sie bereit, sehr weit zu gehen, was sie angenehm abhebt von der Eindimensionalität viele anderer weiblicher Figuren im Westerngenre.

Nur ein erfahrener Regisseur wie ein Nicholas Ray weiß einen solchen Kampf umzusetzen und über 110 Minuten eine unglaubliche Intensität zu halten. Betont noch durch die Darstellungen seiner zwei Hauptdarstellerinnen erhält Johnny Guitar eine starke Dynamik, die zielgerichtet auf die finale Konfrontation der beiden Frauen hinarbeitet und das Geplänkel der männlichen Figuren zu Nebenschauplätzen degradiert. Doch auch dies ist keinesfalls ein Manko, sondern nur konsequent, ist die maskuline Welt des Wilden Westens in Johnny Guitar dem Untergang geweiht, ohne dies vollends realisiert zu haben.

Credits

OT: „Johnny Guitar“
Land: USA
Jahr: 1954
Regie: Nicholas Ray
Drehbuch: Philip Yordan
Vorlage:Roy Chanslor
Musik: Victor Young
Kamera: Harry Stradling
Besetzung: Joan Crawford, Sterling Hayden, Mercedes McCambridge, Scott Brady, Ernest Borgnine

Bilder

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"Johnny Guitar" ist ein intensiv gespieltes Western-Drama mit zwei tollen Hauptdarstellerinnen. Nicholas Ray inszeniert nicht nur eine Metapher für die politische Situation der 1950er Jahren, sondern eine zeitlose Geschichte über den Kampf von Überzeugungen und Lebensweisen.
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