Zwielicht Primal Fear
© Paramount Pictures

Zwielicht

Inhalt / Kritik

Zwielicht Primal Fear
„Zwielicht“ // Deutschland-Start: 20. Juni 1996 (Kino) // 5. Juli 2001 (DVD)

Wenn es um große, spektakuläre Fälle geht, da ist der Staranwalt Martin Vail (Richard Gere) nie weit. Er liebt die Aufmerksamkeit und das Prestige, welches solche Geschichten mit sich bringen. Und er liebt die Herausforderungen. So auch bei Aaron Stampler (Edward Norton), dem vorgeworfen wird, den Erzbischof Rushman brutal ermordet zu haben. Schließlich wurde das Blut des Opfers an ihm gefunden. Während die Staatsanwältin Janet Venable (Laura Linney), Vails ehemalige Geliebte, alles daran setzt, für den Beschuldigten die Todesstrafe zu erwirken, ist sich Vail sicher, dass der junge, schüchterne Mann nicht zu einer solchen Tat imstande wäre. Und so setzt er alles auf die Psychologin Molly Arrington (Frances McDormand), die für ihn ein Gutachten fürs Gericht erstellen soll. Doch dann kommt es ganz anders …

Stars vor Gericht

Die 90er Jahre waren eine Hochphase der sogenannten Gerichtsfilme. Ob nun Eine Frage der Ehre (1992), Der Klient (1994) oder Der Regenmacher (1997): Während dieser Zeit wimmelte es geradezu von hochkarätig besetzten Werken, in denen sich vor Gericht um die großen Themen gestritten wurde. Dazu zählt auch Zwielicht aus dem Jahr 1996, bei dem es ebenfalls nicht gerade an bekannten Gesichtern mangelte. Bemerkenswert ist dabei jedoch, dass diverse davon zu dem Zeitpunkt noch gar nicht die Stars waren, als die man sie heute kennt. So hatten Laura Linney und Frances McDormand zwar schon in einigen Filmen mitgespielt, der große Durchbruch ließ bei beiden jedoch noch auf sich warten. Für Edward Norton war es sogar das Debüt als Filmschauspieler.

Aber es war ein Debüt, das Eindruck hinterließ. Der Charakterdarsteller, der später mit Werken wie American History X zu einem der großen aufstieg, erhielt hierfür eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller. Und tatsächlich ist es auch Norton, der als labiler Chorknabe das stärkste Argument für das Drama mit Thrillerelementen gibt. Zunächst wird sein Aaron wie eine unbedarfte Nebenfigur, die mit ihrem Unvermögen, auch nur einen geraden Satz zu sagen, an den Nerven aller Beteiligten kratzt – inklusive des Publikums. Wie ein Reh vor dem Scheinwerferlicht sitzt er da, ein kleines nervöses Nichts, das so gar nicht gemacht zu sein scheint für ein Leben da draußen in der Welt.

Viele Wege führen in die Stagnation

Auf Dauer ist das natürlich nicht übermäßig spannend. Richtig viel Entwicklung ist da nicht. Wobei das auch dadurch bedingt wird, dass die Adaption des Romans Primal Fear von William Diehl zahlreiche andere Nebenstränge und Themen unterbringt. Teilweise hängen die direkt mit dem Fall zusammen, wenn wir etwa das mögliche Motiv für den Mord erfahren. Andere bewegen sich aber schon recht weit weg, wenn Zwielicht auf einmal gesellschaftskritische Tendenzen aufweist oder auch ausführlich auf das komplizierte Verhältnis zwischen Vail und Venable eingeht, die nie ganz die persönliche Komponente hinter sich gelassen hat. Das trägt dann zwar zur Charakterisierung des Protagonisten bei, der immer mindestens ambivalent ist. Aber auch dazu, dass der Film mit über zwei Stunden dann doch zu lang ist und phasenweise auf der Stelle tritt.

Nicht ganz geglückt sind zudem die Szenen vor Gericht, obwohl diese eigentlich als Höhepunkt gedacht sind. Zum einen sind sie relativ selten. Außerdem sieht man dort keinen wirklichen Grund, warum Vail denn nun dieser große Anwalt sein soll, der sich frei seine Fälle aussuchen kann. Die meiste Zeit über scheitert er entweder an seiner Konkurrentin oder auch an der von Alfre Woodard gespielten Richterin, die nicht vorhat, sich von dem aalglatten Anwalt auf der Nase herumtanzen zu lassen. Zum Teil erfüllt einen Zwielicht dadurch auch mit einer gewissen Genugtuung. Wie immer eben, wenn da ein riesiges Ego mit der Tatsache konfrontiert wird, dass die Welt sich manchmal anders verhält, als man es gern hätte.

Am Ende alles anders

Der tatsächliche Höhepunkt ist dann die Wendung, die sich im späteren Verlauf des Films ergibt. Die wirkt zunächst ein bisschen billig, ist aber doch Anlass für ein paar interessante Diskussionen rund um Moral und Gerechtigkeit, auf die es keine einfache Antwort gibt. Und zum Schluss ist dann sowieso noch einmal alles anders. Tatsächlich ist das Ende von Zwielicht deutlich mutiger und provokativer, als man es von den meisten dieser Gerichtsdramen gewohnt ist. Dafür muss man dann nur in Kauf nehmen, dass der Film nicht unbedingt der glaubwürdigste Genrevertreter ist. Wen das nicht weiter stört, findet mit der Romanadaption eine leidlich spannende Geschichte, die man sich ein Vierteljahrhundert später noch immer gut anschauen kann.

Credits

OT: „Primal Fear“
Land: USA
Jahr: 1996
Regie: Gregory Hoblit
Drehbuch: Steve Shagan, Ann Biderman
Vorlage: William Diehl
Musik: James Newton Howard
Kamera: Michael Chapman
Besetzung: Richard Gere, Laura Linney, Edward Norton, Frances McDormand, John Mahoney, Alfre Woodard

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1997 Bester Nebendarsteller Edward Norton Nominierung
BAFTA 1997 Bester Nebendarsteller Edward Norton Nominierung
Golden Globes 1997 Bester Nebendarsteller Edward Norton Sieg

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

In „Zwielicht“ versucht ein eitler Staranwalt eines des Mordes beschuldigten jungen Mannes freizubekommen. Das Drama mit Thrillerlementen beeindruckt durch sein Starensemble, allen voran ein vielseitiger Edward Norton als labilem Verdächtigen. Auch inhaltlich ist da einiges interessant, selbst wenn die Geschichte mäßig glaubwürdig ist und zwischendurch auf der Stelle tritt.
Leserwertung26 Bewertungen
6.6
7
von 10