Homo Faber
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Homo Faber
„Homo Faber“ // Deutschland-Start: 21. März 1991 (Kino) // 6. Februar 2009 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Fakten, Daten und Zahlen bestimmen das Leben des Ingenieurs Walter Faber (Sam Shepard), der im Auftrag einer weltweit agierenden Firma Bauprojekte betreut. Während einer Flugreise von Südamerika zurück nach New York lernt er einen Geschäftsmann kennen, dessen Anwesenheit ihn zunächst stört, doch mit dem er sich näher anfreundet, als ihr Flugzeug mitten in der Wüste notlanden muss. Der Deutsche stellt sich als Bruder von Fabers Studienkollegen Joachim heraus, der in Yucatan eine Tabakplantage betreibt und den er besuchen will. Obwohl er wichtige Termine in den USA und in Europa hat, entschließt sich Faber seinen neuen Freund auf dessen Reise zu begleiten, nur um festzustellen, dass Joachim Selbstmord begangen hat. Das Ereignis und dieser Zufall beschäftigen Faber auch nach seiner Rückkehr in New York und auf seiner Weiterreise nach Paris, die, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, auf einem Schiff stattfindet. Dort lernt er die junge und stürmische Elisabeth (Julie Delpy) kennen, die auf dem Weg zu ihrer Mutter ist, welche in Griechenland ein archäologisches Projekt betreut. Faber ist hingerissen von der Neugier der jungen Frau, doch ihre Wege trennen sich beim Andocken des Schiffes in Frankreich.

In Paris treffen sich Faber und Elisabeth, der er den Kosenamen „Sabeth“ gegeben hat, wieder, wo sie ihm von ihrem Plan erzählt, per Anhalter nach Rom und schließlich nach Athen zu ihrer Mutter zu fahren. Da sich Faber in Sabeth verliebt hat, begleitet er sie auf der Reise, auf der sie zu einem Liebespaar werden, sich die vielen Sehenswürdigkeiten und Museen ansehen, für die er bislang keinen Blick hatte. Während dieser Zeit denkt Faber zurück an seine Jugend, seine erste Liebe Hanna (Barbara Sukowa) und seine Freundschaft zu Joachim, wobei er nicht ahnt, wie die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft ist.

Der beruhigende Blick auf Maschinen

Bereits kurz nach der Veröffentlichung von Max Frischs Roman Homo Faber gab es Pläne für eine Verfilmung, wobei die Umsetzung schon in den 70er Jahren Regisseur Volker Schlöndorff angeboten wurde, der jedoch Probleme dabei sah und deshalb ablehnte. Gegen Ende der 80er, als Schlöndorff mitten in einer persönlichen Krise und einer Scheidung steckte, konnte er sich, wie er in Interviews erklärte, mehr mit Frischs Helden anfreunden, was den Ausschlag gab, dass er für die Verfilmung des Stoffes zusagte. Mit Homo Faber ist dabei eine sehr werkgetreue Adaption der Vorlage entstanden, die durch ihre Darsteller zu überzeugen weiß und die Themen der Geschichte herausarbeitet.

Eingerahmt wird Schlöndorffs Verfilmung wie auch der Roman von dem Bild des Protagonisten auf einem Flughafen, der wahren Heimat dieses Menschen, der nirgendwo wirklich zu Hause ist. Ironischerweise ist das Leben Walter Fabers, eines Mannes, der Statistiken und den Blick von Maschinen mehr schätzt als alles andere,  geprägt von konstantem Wechsel, den dieser mit dem kühlen, berechnenden Blick des Mathematikers wahrnimmt. Shephard spielt sensibel eine Figur, deren Sicherheit in Zahlen, Fakten und Wahrscheinlichkeiten immer mehr ins Straucheln kommt, was nicht zuletzt in der Begegnung mit der Vergangenheit begründet liegt, welche Faber schon lange unterdrückt hatte oder für die ihm einfach die Zeit fehlte. Wie er Sabeth beschreibt beruhigt ihn der Anblick des Schiffsinneren, eines Musters, welches immer gleich bleibt und was seinem Bild eines Lebens entspricht, das es so nicht geben kann und auch nie gegeben hat.

Die Fehler der Eltern

Wie auch Frisch in der Vorlage zeigt Schlöndorffs Film seinen Protagonisten als den modernen Menschen, gefangen zwischen Vergangenheit und Zukunft. Die an eben jene Kunstwerke, welche Sabeth und Faber auf ihrer Reise nach Athen sehen, angelegte Bildgestaltung betont weniger den Zufall, sondern mehr die Schicksalshaftigkeit von Begegnungen wie der Beziehung der beiden, mit deutlichen Verweisen beispielsweise auf den Existentialismus Jean-Paul Sartres oder die Tragödie des Ödipus. Auch innerhalb der eigenen Biografie existiert diese Bestimmung, sodass eine Vermeidung der Fehler der Eltern, wie es Sabeth sich wünscht, zwar erstrebenswert, aber wohl nicht völlig einlösbar ist.

Die Reise durch diese geschichtsträchtigen Orte, in Europa wie auch Amerika, macht viel vom Reiz des Filmes aus, und verbindet sich mit der Entwicklung der Hauptfigur. Faber macht eine Entdeckungsreise mit, in die eigene Geschichte wie auch die Fehler eines Lebens, für die es keine Berechnungen gibt. Visuell und erzählerisch ist dies gelungen, bleibt aber sehr eng an der Vorlage.

Credits

OT: „Homo Faber“
Land: Deutschland, Frankreich, Griechenland, UK
Jahr: 1991
Regie: Volker Schlöndorff
Drehbuch: Rudy Wurlitzer
Vorlage: Max Frisch
Musik: Stanley Myers
Kamera: Yorgos Arvanitis, Pierre Lhomme
Besetzung: Sam Shepard, Julie Delpy, Barbara Sukowa, Dieter Kirchlechner, Traci Lind, Deborra-Lee Furness

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Deutscher Filmpreis 1991 Bester Film Silber
Europäischer Filmpreis 1991 Bester Film Nominierung
Beste Hauptdarstellerin Julie Delpy Nominierung
Beste Nebendarstellerin Barbara Sukowa Nominierung

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Homo Faber
fazit
"Homo Faber" ist eine sehr werkgetreue Verfilmung von Max Frischs Roman. Dank seiner Darsteller und der Bilder gelingt Regisseur Volker Schlöndorff eine interessante Adaption des Stoffes, die sich aber nie wirklich von diesem emanzipiert.
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