La guerre est finie Der Krieg ist vorbei
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Der Krieg ist vorbei

Inhalt / Kritik

La guerre est finie Der Krieg ist vorbei
„Der Krieg ist vorbei“ // Deutschland-Start: 17. März 1967 (Kino) // 16. Juli 2021 (DVD)

Trotz des Endes des Bürgerkrieges in Spanien ist die Arbeit für den kommunistischen Widerständler Diego (Yves Montand) nicht getan. Während er zwischen seiner Heimat und seiner neuen Bleibe in Paris hin und her pendelt, begibt er sich und sein Umfeld immer wieder in große Gefahr, was Diego durchaus bewusst ist. Besonders die Grenzkontrollen werden für ihn und seine Kameraden immer strenger, gerade weil diese so schwierig abzusehen sind und ihre Identitäten auffliegen. Diese gefährliche Routine ist an dem Veteranen Diego nicht spurlos vorübergegangen, denn er fühlt sich erschöpft und ausgelaugt, klagt immer wieder über die neue Generation im Widerstand, welche sich immer weniger für die Vergangenheit oder die Motive von Menschen wie ihm interessiert. Jedoch ist Diegos Erfahrung besonders gefragt, als er nach einer routinemäßigen Grenzkontrolle der Verdacht hat, sein Netzwerk wäre aufgeflogen, was ihn in einen Zustand der Panik versetzt. Ihm wird nun mehr und mehr bewusst, in welche Gefahr er sich und seine Mitstreiter gebracht hat, muss aber gleichzeitig diese aufsuchen und warnen, vor allem seine Freundin Marianne (Ingrid Thulin).

Als er untertaucht, macht er Bekanntschaft mit einer Widerstandstruppe, bestehend auf jungen Leuten, die mit der Linie der alten Generation, zu denen Diego zählt, brechen wollen. Über seinen Kontakt erfährt Diego von einem geplanten Anschlag in Spanien, den er für zu riskant hält, weshalb er die jungen Leute von dessen Gefahr überzeugen will, was aber auf wenig Gehör stößt. Darüber hinaus wird er auf einen Einsatz in Barcelona geschickt, auch wenn die spanische Polizei mittlerweile von seiner wahren Identität weiß und die gefälschten Papiere nutzlos sind.

Mein privater Glücksstern

Drei Jahre nach Muriel oder Die Zeit der Wiederkehr (1963) legte der französische Regisseur Alain Resnais mit Der Krieg ist vorbei seinen insgesamt vierten Spielfilm vor, welcher sich abermals mit den Folgen eines Krieges beschäftigt, in diesem Falle denen des spanischen Bürgerkrieges. Resnais konnte bei der französisch-schwedischen Koproduktion auf ein eindrucksvolles Schauspielerensemble zurückgreifen, zu dem neben Yves Montand auch Schauspielerin Ingrid Thulin (Wilde Erdbeeren, Das Schweigen) zählte. Herausgekommen ist ein Film, der, ähnlich wie andere Werke des Regisseurs, die verschiedenen Wahrnehmungs- und Zeitebenen der Figuren wie auch der Geschichte vermischt, was Der Krieg ist vorbei zu einem Psychogramm eines Kriegsmüden macht.

Im Prinzip kann man den Titel von Resnais’ Film als eine Falschaussage ansehen, denn für den von Yves Montand gespielten Diego ist der Krieg alles andere als vorbei. Ständig auf Achse ist dieser Mann, der bereits in den ersten Minuten des Filmes sich einer Grenzkontrolle stellen muss, die für ihn zwar nur Routine ist, deren Eindruck ihn aber noch nachhaltig beschäftigen wird. In dieser Routine zwischen Kontrollen, Aufträgen und Besprechungen ist für ihn eine Beziehung zu Marianne so etwas wie ein „Glücksstern“, mag sie doch so etwas wie einen Halt suggerieren in einem Leben voller falscher Identitäten. Montand spielt sehr überzeugend einen Menschen, für den der Krieg nicht vorbei ist, der aber mit diesem schon lange abgeschlossen hat und der nun, zerfressen von Zweifeln und Gewissensbissen, immer mehr mit den Folgen dieses ständigen Konflikts in seinem Leben konfrontiert wird.

Moderne Kriege

Wie schon in seinem Meisterwerk Letztes Jahr in Marienbad nutzt Resnais erzählerische und formale Mittel, um die Zersplitterung des Protagonisten auszudrücken. Auch wenn dies lange nicht so radikal durchgeführt ist, scheinen die teils raschen Bildabfolgen oder das Voice-Over, in welchem Diego sich mit einer gewissen Distanz immer mit „Du“ anspricht, anzudeuten, was der Krieg in ihm für Spuren hinterlassen hat. Zwischen Paranoia und Angst changierend wünscht er sich einen Ausweg aus diesem Konflikt, aus dem es aber scheinbar kein Entkommen mehr gibt, entweder, weil es der Gegner oder weil Diegos Verstand dies nicht zulässt, ist er doch bereits zu sehr involviert.

Resnais gelingt das sensible Porträt eines Menschen, der nach einem Ausweg sucht, aber zwischen seinen zahlreichen Identitäten zu gefangen ist, um einen solchen zu sehen. Die gefühlvolle Liebesnacht mit Marianne wird konterkariert von eben jenen fragmentierenden Bildabfolgen, welche zwar die Sehnsucht Diegos nach diese Beziehung zeigen, aber genauso sein Unvermögen, sich dieser ganz zu widmen.

Credits

OT: „La guerre est finie“
Land: Frankreich, Schweden
Jahr: 1966
Regie: Alain Resnais
Drehbuch: Jorge Semprún
Musik: Giovanni Fusco
Kamera: Sacha Vierny
Besetzung: Yves Montand, Ingrid Thulin, Geneviève Bujold, Jean Bouise, Marie Mergey, Paul Crauchet

Bilder

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1968 Bestes Original-Drehbuch Jorge Semprún Nominierung

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„Der Krieg ist vorbei“ ist ein beeindruckender Film über die Unmöglichkeit mit dem Krieg gänzlich abzuschließen. Formal und erzählerisch überzeugend zeigt Alain Resnais die Folgen eines langen Konflikts auf, wobei er zugleich eine Aussage über den modernen Krieg macht, der das Ich vernichtet oder in ein unendliches Chaos stürzt.
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