Dveselu putenis Blizzard of Souls
© Pandastorm Pictures

Blizzard of Souls – Zwischen den Fronten

Inhalt / Kritik

Blizzard of Souls
„Dveselu putenis“ // Deutschland-Start: 27. November 2020 (DVD/Blu-ray)

Artürs Vanags (Oto Brantevics) muss mit gerade einmal 16 Jahren in den Krieg ziehen – nicht in irgendeinen, sondern den Ersten Weltkrieg. Die Truppen des russischen Zaren stehen vor der Tür Lettlands – doch nicht um Krieg gegen die Letten zu führen, sondern um deutsche Truppen auf ihrem Weg ins russische Reich zu schwächen und ihnen Rohstoffe und Unterkünfte zu verwehren. Der große Feind Deutschland muss mit allen Mitteln aufgehalten werden und so schließt sich der Junge zusammen mit seinem Vater (Raimonds Celms) der russischen Armee an. Seite an Seite geben sie ihr Bestes, müssen jedoch schnell feststellen, dass sie längst nicht mit ihrem Regiment mithalten können. Während der eine zu jung und unerfahren ist, hat der andere einfach schon zu viele Winter auf dem Buckel und kann sich nicht mehr in dem Maß auszeichnen, wie es ihm früher einmal möglich war. Letztendlich landet Artürs trotz allem immer wieder an der Front. Insbesondere als sich ein Umdenken in den lettischen Soldaten breit macht. Eigentlich möchte das Volk nur Ruhe und als eine unabhängige Nation leben – sind womöglich die deutschen Truppen doch eher Befreier als Mörder?

Handwerklich – Oho

Mit diesem Film wurde „die größte Low-Budget-Produktion in der Geschichte Lettlands“ realisiert. Dabei stimmt dieses Zitat des Regisseurs Dzintars Dreibergs nicht mal ganz, denn eigentlich gehört das Werk zu den teuersten Filmen der lettischen Kunstszene – das Budget lag bei ganzen 2,5 Millionen Euro. Dieses Historiendrama erzählt eine fast schon wahre Geschichte, denn die Handlung beruht auf dem gleichnamigen Roman von Aleksandrs Grīns, der mit gerade einmal 46 Jahren im Zweiten Weltkrieg hingerichtet wurde. Mit etwa 20 Jahren diente er bei den lettischen Schützen in der russischen Armee und kämpfte anschließend im Lettischen Unabhängigkeitskrieg. Auf Basis dieser Erfahrungen zeigt uns Dreibergs die schrecklichen Erfahrungen aus der Perspektive eines nicht einmal volljährigen Jungens. Mangels des großen Budgets wurde dabei viel improvisiert, um die gezeigten Szenen möglichst realistisch zu inszenieren und dabei nicht auf pompöse Explosionen und Gefechtsszenerien verzichten zu müssen.

Dies ist dem gesamten Team auch glänzend gelungen, denn wir bekommen äußerst beeindruckende Bilder zu sehen, die weitestgehend noch ohne digitale Nacharbeitungen auskommen und mit viel künstlerischem Geschick aufgewertet wurden. Hierzu ist es äußerst empfehlenswert einmal einen Blick in das Bonuswerk der Blu-ray zu werfen, denn dort wird beeindruckend gezeigt, wie kreativ Setdesign, Kamerateam, Maskenbild und sonstige wichtige Posten des Drehs wurden, um den Film zu perfektionieren. Leider jedoch wurden genau an dieser Stelle auch einige Fehlerchen gemacht, die mit der Zeit doch recht arg ins Auge fallen, denn irgendwie wirkt alles etwas zu „schlimm-schick“. Wir bekommen zwar grausige Bilder von Leichenbergen und zerbombten Feldern zu sehen sowie unzählige Verletzungen, doch wirken die Soldaten nach mehreren Stunden im Schützengraben immer noch viel zu schick und fein.

Erzählerisch – Oh, no

Grundsätzlich ist es spannend anzuschauen, wie sich die Geschichte entwickelt – insbesondere, wenn wir kulturelle Einblicke in die lettische Lebenskultur erhalten, wie zum Beispiel mittels Volksgesängen und -tänzen. Allerdings wird es dabei nicht geschafft Zuschauende emotional an die Hauptfigur zu binden. Durch viele Zeit- und Ortswechsel, die oftmals sehr willkürlich wirkten, ist es schwer den roten Faden im Blick zu behalten. Die Idee, dass das Publikum zusammen mit dem Protagonisten das Kriegsgebaren gleichermaßen erlernen muss, verpufft eher zu einem lobenswerten Wunschgedanken. Jegliches Bemühen war deutlich erkennbar und bekommt auch aller höchsten Respekt, denn das gesamte Filmteam scheint weit über ihre Fähigkeiten hinaus gewachsen zu sein, doch hat es nicht ganz gereicht, das Interesse über die gesamte Spieldauer aufrecht zu erhalten.

Es gibt jedoch eine starke Passage, die sich relativ zu Beginn des Films abspielt: Die Soldaten kommen erstmalig nach ihrer bürokratischen und medizinischen Auslese in ein Übungslager, wo sie reale Szenerien simulieren und für das spätere Kriegsgeschehen lernen sollen. Es ist fantastisch anzusehen, wie schlagartig der innere Realisierungsprozess der bitteren Ernsthaftigkeit deutlich wird, als dieses Lager plötzlich angegriffen wird.

Credits

OT: „Dveselu putenis“
Land: Lettland
Jahr: 2020
Regie: Dzintars Dreibergs
Drehbuch: Boris Frumin, Aleksandrs Grins
Vorlage: Aleksandrs Grins
Musik: Lolita Ritmanis
Kamera: Valdis Celmins
Besetzung: Oto Brantevics, Raimonds Celms, Martins Vilsons, Rezija Kalnina, Jekabs Reinis, Greta Trusina, Gatis Gaga

Bilder

Trailer

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Angesichts der begrenzten Möglichkeiten wurde uns ein äußerst hochwertiges Filmereignis beschert. Dennoch muss leider festgestellt werden, dass dies nicht ausreichte, um die gesamte Laufzeit mit Leben zu füllen und dementsprechende Begeisterung aufrecht zu erhalten. Spätestens nach dem ersten Drittel steckt die Handlung in einem unangenehmen Trott fest, der jegliche Bindung zur Handlung und zu den Figuren nicht aufrechterhalten kann. Doch als eine der wenigen lettischen Produktionen lohnt sich ein Blick durchaus.
5
von 10