Forte Amazon Prime Video
© Céline Nieszawer

Kritik

Forte Amazon Prime Video
„Forte“ // Deutschland-Start: 20. Januar 2020 (Amazon Prime Video)

So richtig glücklich ist Nour (Melha Bedia) nicht mit ihrem Leben. Klar, sie hat mit Axelle (Alison Wheeler) und Steph (Bastien Ughetto) gute Freunde, erfreut sich bester Gesundheit, nimmt es mit jedem auf, muss sich um nichts wirklich Sorgen machen. Aber irgendwie nagt es schon an ihr, dass sie für alle nur ein Kumpeltyp ist und nicht so wirklich als Frau angesehen wird. Dass sich daran etwas ändern muss, ist klar. Aber wie? Als sie eines Tages Sissi (Valérie Lemercier) kennenlernt, die das Tanzen an der Stange unterrichtet, lässt sich Nour darauf ein, es einmal selbst zu versuchen. Ihre Hoffnung: Sie möchte endlich lernen, sich weiblich zu bewegen und von den Männern begehrt werden …

Wann ist eine Frau eine Frau?

In den letzten Jahren hat es recht viele Diskussionen um Geschlechterrollen gegeben. Das bedeutete nicht nur die Thematisierung von Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten bis hin zur #MeToo-Bewegung, welche die Ausbeutung von Frauen öffentlich machte. Es bedeutete auch eine stärkere Beschäftigung mit der Frage, was Geschlechter ausmacht, wie viel angeboren, wie viel kulturell bedingt ist. Das ging mit zahlreichen Kontroversen einher, gerade auch im Zusammenhang mit den Gedanken zu einem dritten Geschlecht bzw. der Möglichkeit, dass Menschen nicht der binären Einteilung entsprechen. Nicht jeder fühlt sich wohl damit, als Mann oder Frau klassifiziert zu werden.

Der Amazon Prime Video Film Forte zeigt dabei auf: Der Weg ist noch weit. Denn auch wenn Nour biologisch gesehen eindeutig eine Frau ist und sich auch damit identifiziert, inklusive rein heterosexueller Bedürfnisse, so wird sie doch nicht wirklich als Frau empfunden. Denn sie folgt nicht dem Klischee, wenn sie Fußball spielt, auch verbal kräftig austeilen kann. Alles Eigenschaften, die nicht unbedingt dem Bild von Weiblichkeit entsprechen. Und dann wäre da noch ihr Übergewicht, was sie endgültig für Männer uninteressant macht. Auch wenn eigentlich alle gut mit ihr können, in Sachen Romantik ist sie ein hoffnungsloser Fall, da sie sich – sei es bewusst oder unbewusst – nicht an die Regeln hält.

Zum Teil nutzt Regisseurin Katia Lewkowicz, die zusammen mit Hauptdarstellerin Melha Bedia und zwei weiteren das Drehbuch geschrieben hat, an diese Regeln zu erinnern und gleichzeitig in Frage zu stellen. Müssen Frauen schlank und unterwürfig sein, um einen passenden Mann zu bekommen? Wie viele Kompromisse darf und soll man eingehen, um einen Partner zu finden? Dass man sich selbst treu bleiben soll, wird einem zwar immer gepredigt. Wenn das aber bedeutet, nirgends Anschluss zu finden, dann sind doch Zweifel angesagt. Die Balance aus Selbstentfaltung und Anpassungsfähigkeit, die kann schon recht schwierig sein.

Gut gemeint, aber oberflächlich

So richtig tief in die Materie steigt Forte dann aber doch nicht ein. Beim Versuch, gegen Klischees anzutreten, verfängt sich die französische Komödie selbst in zu vielen. Der Film will sein Publikum auch nicht wirklich fordern, sondern das Ganze mit einem Unterhaltungsfaktor verbinden. Auf tatsächliche Gags wird dabei verzichtet, was etwas zweischneidig ist. Einerseits ist es schön, dass auf allzu peinliche Situationen an der Stange verzichtet wird, da ließ das Artwork deutlich Schlimmeres im Stil der Komödien mit Melissa McCarthy (How to Party with Mom) befürchten. Gleichzeitig plätschert hier aber auch vieles vor sich hin, die eher episodenhaft angelegte Geschichte kommt nie so richtig in Schwung.

Vereinzelt gibt es dabei schon sehenswerte Szenen. Eine der bittersten zeigt, wie Nour sich Stunden lang zurecht gemacht hat, in der Hoffnung, dadurch begehrenswerter zu werden, nur um dann doch wieder auf demütigende Weise zu scheitern. Gut gelöst ist dabei auch, dass nicht permanent mit Fingern auf andere gezeigt wird. So haben in Forte irgendwie alle Probleme, machen irgendetwas falsch, ohne deshalb gleich Schuld an allem zu sein. Gleichzeitig bedeutet das, dass der Film sich zu keiner wirklichen Aussage hinreißen lässt. Am Ende ist alles vorbei, ohne dass wirklich etwas erreicht worden wäre, die Figuren nennenswerte Erkenntnisse gewonnen haben. Da zudem tatsächlich erinnerungswürdige Szenen Mangelware sind, bleibt hier eine Komödie mit guten Absichten und einem an und für sich originellen Szenario – Pole Dancing als Mittel der Selbstfindung gibt es nicht so oft –, bei der jedoch zu wenig herausspringt.

Credits

OT: „Forte“
Land: Frankreich
Jahr: 2020
Regie: Katia Lewkowicz
Drehbuch: Anthony Marciano, Katia Lewkowicz, Frédéric Hazan, Melha Bedia
Musik: Clément Dumoulin
Kamera: Jacques Ballard
Besetzung: Melha Bedia, Valérie Lemercier, Alison Wheeler, Bastien Ughetto, Nanou Garcia, Jonathan Cohen, Ramzy Bedia

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„Forte“ erzählt von einer übergewichtigen, meinungsstarken Frau, die endlich von Männern wahrgenommen werden will und sich deshalb an Pole Dancing versucht. Das ist als Thema originell, stellt auch einiges in punkto Geschlechterbildern in Fragen. So richtig in Schwung kommt die Komödie aber nicht, ist weder wirklich unterhaltsam noch tiefgründig.
5
von 10