Echo 2020 Yanki
© Hazal Kara, Sezin Ertek

Echo (2020)

Kritik

Echo 2020 Yanki
„Echo“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

In vielen autoritären Staaten, die sich nach außen hin weltoffen geben, regieren Repression, Angst und Paranoia das tägliche Geschehen im Inneren. Nur selten erhält man als Außenstehender einen Blick in jenes Innere, welches bisweilen einer Art Blackbox gleicht, aber dank des Mutes von Einzelpersonen, Organisationen oder Gemeinschaften an die Öffentlichkeit kommt, sodass sich das wahre Gesicht einer Nation oder Ideologie zeigt. Naturgemäß sehen die Machthaber diese Vorgänge nicht gerne, sind sie doch sehr damit beschäftigt, den Schein zu wahren, was immer wieder zu Vorgängen führt, in denen die Freiheit oder auch das körperliche Wohl einer Person eingeschränkt wird, so beispielsweise geschehen im Falle des türkischen Journalisten Deniz Yücel, dessen Inhaftierung in der Türkei für einen internationalen Aufschrei sorgte. Doch ist dies nur ein Beispiel von vielen, ein Beispiel, von dem wir über die Medien erfuhren, während andere hinter den Gefängnismauern oder den Verhörräumen zum Schweigen gebracht werden.

Was solche Vorgänge für das Verständnis von Freiheit bedeuten, muss man nicht näher diskutieren, ist es doch eindeutig, doch was ein solcher Vorgang mit einem Betroffenen macht, wie es seine oder ihre Arbeit und das Leben an sich prägt. In ihrem Kurzfilm Echo, welcher auf dem diesjährigen Filmfestival Max Ophüls gezeigt wird, widmen sich die Regisseurinnen Hazal Kara und Sezin Ertek genau dieser Frage. Im Zentrum des 10-minütigen Films steht Defne (Bengü Ertin Balta), eine Journalistin, die wegen eines Buches, an dem sie arbeitete, lange Zeit in Haft saß. Die Handlung setzt ein, als sie zurückkehrt in ihre Wohnung, die fällig Miete der letzten Monate zahlt und versucht, wieder anzuknüpfen an die Zeit vor der Haft. Sie trifft Freunde, geht aus und versucht wieder mit der Arbeit anzufangen, doch die Erinnerung an die Haft steckt ihr noch tief in den Knochen.

Die Unmöglichkeit des alten Lebens

In ihrem ersten Filmprojekt zeigen sich Kara und Ertek sehr mutig, wenn sie sich gegen das große Drama entscheiden, was eine solche Thematik durchaus hergeben könnte. Würde man nicht kleine Details oder Hinweise anderer Figuren darauf verwiesen, würde man als Zuschauer bestenfalls erahnen, was der Hauptfigur eigentlich zugestoßen ist. Das Subtile, nicht das Offensichtliche ist die Stärke dieser Geschichte, in welcher die Protagonistin noch beeinflusst ist von dem Echo der Ereignisse, die sie erlebte und die sie wahrscheinlich für immer prägen werden. Man wird Zeuge, wie sie versucht wieder an die Zeit vorher anzuknüpfen, Routinen und Rituale wieder aufzunehmen, doch etwas steht ihr im Wege, was sie vielleicht erst für sich noch wird definieren müssen.

Neben dieser Herangehensweise, welche vor allem der Ruhe und Kraft der Bilder vertraut, ist dies auch ein Verdienst Bengü Ergin Baltas in der Rolle der Defne. Ihr sensibles und kluges Spiel zeigt eindrücklich, wie sie versucht das Vorgefallene zu verarbeiten, gleichzeitig aber in der neuen Gegenwart anzukommen. Als sie von ihrem Balkon aus auf die Straße blickt, auf die Läden, die Anwohner und die spielenden Kinder, merkt man spätestens hier, dass eine Normalität, wie sie vorher war, nicht mehr existiert oder es sie eventuell nie wirklich gegeben hat. Das Schweigen über das Erlebte und diese neue Wirklichkeit hält an, doch wie die Figur selbst, bemerkt man schnell, dass auch dieser Zustand nicht lange anhalten wird.

Credits

OT: „Yanki“
Land: Türkei, Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Hazal Kara, Sezin Ertek
Drehbuch: Hazal Kara, Sezin Ertek
Musik: Jan Tobias Sutter
Kamera: Ayse Alacaptan
Besetzung: Bengü Ergin Balta, Asil Sahin, Sezgi Mengi, Özge Özel, Ahmet Yasar

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„Echo“ ist ein Kurzfilm über Freiheit, über das Verarbeiten der Vergangenheit und wie man den Mut findet, den entscheidenden Schritt zu tun und nicht mehr länger zu schweigen. Dank einer subtilen Inszenierung sowie einer starken Hauptdarstellerin gelingt Hazal Kara und Sezin Ertek ein stiller, aber eindrucksvoller Film, dessen Bildsprache und kluge Herangehensweise an eine komplexe und emotionale Thematik die beiden Filmemacherinnen für mehr empfiehlt.
8
von 10