Longing Souls El Alma Quiere Volar

Longing Souls

Kritik

Longing Souls El Alma Quiere Volar
„Longing Souls“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Die zehnjährige Camila (Laura Castro Artúz) ist immer wieder Zeugin der Gewaltausbrüche ihres Vaters Luis (Luis Eduardo Merino) gegen ihre Mutter Angela (María Fernanda). Nichts sehnlicher wünscht sie sich als die Trennung ihrer Eltern. Der Ferienaufenthalt im Haus ihrer Großmutter (Lilia Córdoba) und ihrer Tanten kommt ihr daher mehr als gelegen. Im Kreis ihrer weiblichen Verwandten lernt Lilia viel über das Aufwachsen und die Bedeutung von Körper, Sexualität und Spiritualität für Frauen in Kolumbien – und muss erkennen, dass ihr Erwachsenwerden sich von dem anderer Frauen unterscheiden wird.

Longing Souls ist ein beeindruckendes Familienportrait. Den Geschichten der Frauen im Haus wird viel Raum gegeben. Intensiv werden vergangene und gegenwärtige Beziehungen zu Männern diskutiert, es wird gemeinsam gebetet,  gegessen und entspannt. Probleme werden mit Hilfe von Zärtlichkeit, Solidarität und Beistand überwunden. Demgegenüber stehen beklemmende Situationen, die die positive Atmosphäre stetig aufbrechen. Denn so stark der Zusammenhalt der Frauen ist, sind in der Familie Kräfte am Werk, gegen die Solidarität und Liebe scheinbar machtlos sind. Im Mittelpunkt des Dramas steht die erst zehnjährige Camila, die Laura Castro Artúz mit außergewöhnlicher Reife und Authentizität verkörpert. Besonders gut funktioniert dies im Zusammenspiel mit ihrer Großmutter, die von Lilia Córdoba gespielt wird.

Das Haus als Mikrokosmos
Der Großteil der Handlung von Longing Souls spielt sich im Haus von Camilas Großmutter Gladys ab. Trotz der räumlichen Enge fungiert das Haus als Mikrokosmos, es ist ein Treffpunkt, Schutzraum und Gefängnis zugleich. Dabei ist die räumliche Begrenzung eine Stärke des Films. Jeder Raum bietet andere Besonderheiten, die von den Charakteren ebenso wie vom Zuschauer erforscht werden. Die Farbpalette des leicht heruntergekommen Domizils sorgt zudem immer wieder für positive Überraschungen. In langen Einstellungen folgt die Kamera Camila und den anderen Protagonistinnen durch das Haus. Zum einen erzeugt dies eine Ruhe, die die sommerliche Langeweile der Zehnjährigen widerspiegelt. Zum anderen gewinnen Konfliktsituationen an Intensität, für den Zuschauer gibt es aus den unangenehmen Szenen ebenso wenig Auswege wie für die Protagonisten. Auf Musik wird derweil fast vollständig verzichtet. Umso deutlicher wird der Kontrast, wenn Musik zur Untermalung besonderer Momente die sonstige Ruhe des Films unterbricht.

Autorin und Regisseurin Diana Montenegro hat mit Longing Souls ein immersives Erlebnis geschaffen, welches einen intimen Einblick in das Leben von Camila und ihren Verwandten bietet. Dass es sich bei dem Film um Montenegros narratives Debüt handelt, merkt man der früheren Dokumentarfilmerin nicht an. Die Beziehungen der Frauen untereinander leben durch aufmerksame Dialoge, die von einer überzeugenden Bildsprache gestützt werden.

Credits

OT: „El Alma Quiere Volar“
Land: Kolumbien, Brasilien
Jahr: 2020
Regie: Diana Montenegro
Drehbuch: Diana Montenegro
Musik: David Hilowitz
Kamera: Andrés Morales
Besetzung: Laura Castro Artúz, María Fernanda Puyo, Lilia Córdoba

Bilder

Trailer



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„Longing Souls“ ist ein überzeugendes Portrait von Weiblichkeit und Familienzusammenhalt. Im Mittelpunkt des Filmes steht die zehnjährige Camila, die ihre Ferien im Haus ihrer Großmutter verbringt, um dem gewalttätigen Konflikt ihrer Eltern zu entkommen. Der Film brilliert durch starke Dialoge, eine beeindruckende Bildsprache und überzeugende Schauspielleistungen.
8
von 10