The Champion
© Studio Hamburg

The Champion

Kritik

Charlie Chaplin Farbe Vol 3
„The Champion“ // Deutschland-Start: 17. Juli 2020 (DVD)

In seiner dritten Arbeit für die US-amerikanische Produktionsfirma Essanay Studios nimmt Charlie Chaplin direkten Bezug auf einen Film, der er gedreht hatte, als er noch bei den Keystone Studios unter Vertrag stand. Der ein Jahr zuvor entstandene The Knockout von Charles Avery zeigte einen der Stars des Studios, Roscoe „Fatty“ Arbuckle, als einen Boxer, der mit zwei Obdachlosen gemeinsame Sache macht und versucht, bei einem Boxkampf eine Menge Geld zu kassieren. Chaplin spielte im Film die Rolle des Ringrichters, eine kleine Rolle, die deutlich im Schatten von Arbuckle stand.

Nur ein Jahr später, in The Champion, spielt Chaplin seine Paraderolle des Tramp, der sich mit seinem einzigen Gefährten, einer Bulldogge, seine letzte Mahlzeit geteilt hat. Durch Zufall wird er beim Gang durch die Stadt aufmerksam auf ein Plakat, auf dem ein lokaler Boxer nach Trainingspartnern sucht. Ein Hufeisen, welches er vorher gefunden hat und für ein Zeichen dafür hält, dass sich das Glück bald zu seinen Gunsten ändern wird, steckt er kurzerhand in den Boxhandschuh, mit dem er den Boxer (wie auch viele andere um sich herum) K.O. schlägt. Nun wird ein Spieler (Leo White) auf den Tramp aufmerksam und schlägt ihm ein Geschäft vor: im Kampf gegen den amtierenden Champion Bob Uppercut (Bud Jamison) soll er K.O. gehen und die Wetteinnahmen würden die beiden sich natürlich teilen. Doch am Abend des Kampfes hat der Tramp ganz andere Sorgen, denn sein Gegner ist sehr viel stärker.

Ein Spiel mit dem Glück
Wie viele der Filme, die Chaplin für Essanay drehte, wirkt auch The Champion fast wie eine Fingerübung, die in erster Linie dazu dient, den Charakter des Tramp und wie er die Welt wahrnimmt zu entwickeln. Immer wieder greift Chaplin auf Bekanntes in diesen Filmen zurück, während seine Arbeiten für die Mutual Film Corporation (Ein Uhr nachts, Der Ladenaufseher) zeigen, wie seine Fähigkeiten sowohl vor als auch hinter der Kamera gewachsen sind. Eine ähnliche Ausgangssituation, wie sie The Champion zeigt, sollte später noch ein kleines Segment in Chaplins Lichter der Großstadt darstellen, wenn er abermals in die Rolle eines Faustkämpfers schlüpft.

Jedoch ermöglicht bereits dieses frühe Werk, eine der Hauptkomponenten des Tramps zu erschließen, nämlich seinen ständigen Kampf. Dabei geht es Chaplin nicht nur darum, den Kampf gegen die Armut darzustellen, welcher in The Champion ohnehin eine eher untergeordnete Rolle spielt, sondern eher wie der Tramp den Kampf immer wieder sucht, sich beweisen will, auch wenn die Chancen gegen ihn stehen. Mag die Angst vor dem Gegner groß sein, dem Kampf aus dem Wege gehen kommt für ihn nicht infrage, alleine schon, weil ihn der Lauf des Schicksals und seine eigene Tollpatschigkeit in die Arme des Gegners lotst.

Abgesehen von diesen Aspekten bietet The Champion eben jene Slapstick-Komik, die man von den frühen Stummfilmen gewohnt ist. Besondere Erwähnung soll hier der Kampf gegen den Champion, gespielt von dem bulligen Bud Jamison, finden, der in fast einer einzigen Einstellung das Chaos dieser Begegnung einfängt, die Missverständnisse, die Ausweichmanöver und die diversen Schlagabtausche, welche dieses Match für beide Kontrahenten zu einer echten Herausforderung machen.

Credits

OT: „The Champion“
Land: USA
Jahr: 1915
Regie: Charlie Chaplin
Drehbuch: Charlie Chaplin
Kamera: Harry Ensign
Besetzung: Charlie Chaplin, Edna Purviance, Leo White, Ben Turpin, Ernest Van Pelt, Bud Jamison

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„The Champion“ ist eine ganz amüsante, frühe Arbeit von Charlie Chaplin als Regisseur und als Schauspieler. Dramaturgisch solide und in seinen Slapstick-Routinen gut gearbeitet, ist dieses Werk für Essanay Studios ein interessanter, wenn auch nicht herausragender Beitrag, welcher den Charakter des Tramp weiter definiert.
6
von 10