Hitman Agent Jun

Hitman: Agent Jun

Kritik

Hitman Agent Jun
„Hitman: Agent Jun“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Nach seiner letzten Mission wird Jun (Kwon Sang-woo) von seinen Vorgesetzten im südkoreanischen Geheimdienst für tot erklärt und erhält damit eine einmalige Chance: Er kann sich ein Leben abseits der ständigen Aufträge, Morde und der Gewalt aufbauen, aber vor allem kann er endlich Cartoon zeichnen, wofür ihm ansonsten wenig Zeit blieb. Jedoch sieht dieses Leben, was er sich einst erträumte hatte, nach 15 Jahren ganz anders aus, denn seine Frau macht ihm andauern Vorhaltungen, weil sie meint, er würde nicht richtig arbeiten und seine Tochter schämt sich eher für die Webtoons ihres Vaters, da diese schon kurz nach Erscheinen von einer Vielzahl negativen Feedbacks erdrückt werden. Als er eines Abends seinen Frust betrinken will, beschließt Jun, den Rat seiner Tochter anzunehmen und entwirft einen Cartoon über seine Vergangenheit, seine Ausbildung zum Killer und seine zahlreichen Aufträge. Am nächsten Morgen, halbwegs wieder nüchtern, bekommt er einen herben Schock, denn seine Frau hat den Cartoon, den sie für seine beste Arbeit hält, kurzerhand an den Verlag verschickt. Während nun auch das Internet voll des Lobes für die Cartoons über den geheimnisvollen Killer der Regierung sind, ist der Erfolg auch seinen ehemaligen Vorgesetzten nicht vorenthalten geblieben. Diese wundern sich nämlich, dass jemand scheinbar sehr intimes Wissen über ultrageheime Operationen besitzt und vermuten, einen Spion in den eigenen Reihen zu haben. Allerdings ist die Regierung nicht Juns einziges Problem, denn auch seine ehemaligen Widersacher, jene Terroristen, die noch eine offene Rechnung mit Jun haben, erkennen in den Zeichnungen sich selbst und den Agenten, der sie einst überführte oder sie verletzte. Schon bald muss Jun seine Identität von damals wieder annehmen und sich seines Trainings erinnern, denn sein Überleben und das seiner Familie stehen auf dem Spiel.

Zwischen Comics und Auftragsmorden
Mit Hitman: Agent Jun legt der koreanische Regisseur Won-sub Choi erst seinen insgesamt zweiten Spielfilm vor, der, ähnlich wie sein 2010 entstandener My Burning Heart, ein Genrehybrid ist und sich durch viele komödiantische Elemente auszeichnet. Sein Film, der unter anderem auf dem Neuchâtel International Fantastic Film Festival gezeigt wird, gliedert sich nahtlos ein in die mittlerweile sehr reichhaltige Genrelandschaft des südkoreanischen Kinos ein, wo sich viele Filme tummeln, die sich als Vertreter von manchmal bis zu drei Genres betrachten. In diesem Falle erzählt Choi Won-sub, der auch am Drehbuch mitschrieb, eine Geschichte mit vielen Action- und Komödienelementen, die leider auch an der im südkoreanischen Kino typischen Krankheit der Überlänge leidet.

Stets wechselt Hitman: Agent Jun zwischen der Spielfilmhandlung und animierten Segmenten, welche die Vergangenheit Juns näher beleuchten. Gerade zu Anfang, als die tragische Geschichte um den Unfalltod seiner Eltern beschrieben wird, zeigt sich, wie Jun das Medium Comic nicht nur nutzt, um zu erzählen, sondern auch um zu verarbeiten. Da er später seine Identität und seine Familie schützen muss, ist ihm der Zugriff auf seine Vergangenheit, jenen Erfahrungsschatz, der meist das Rückgrat vieler Zeichner und Autoren bildet, verwehrt. Seine Comics sind daher fade, schlecht und der Quell einer beginnenden Depression.

Speziell in der ersten Hälfte gelingen dem Regisseur immer wieder schöne Momente, beispielsweise, wenn sich Jun die Raptexte seiner Tochter durchliest und ihre Musik hört, in welcher sie über ihr Leben spricht. Für den sichtlich gerührten Jun ist dieser Moment nicht nur jener Antrieb, in seinen Comics es ihr gleichzutun, sondern es ist auch eine bittere Konfrontation mit einer Rolle, die er sich selbst versprochen hatte, als er seine letzte Mission abschloss, die er aber nicht ausfüllen kann.

Der Held der Geschichte
Spätestens jetzt driftet der Film in eine immer abstruser werdende, im Sinne der Überzeichnung tatsächlich etwas an die Ästhetik eines Comics erinnernde Handlung ab. Als Inspiration scheinen vor allem die Bourne-Filme mit Matt Damon gedient zu haben, gerade wenn man Aspekte wie den Einsatz von Handkameras betrachtet, welche besonders in den zahlreichen Kampfszenen genutzt werden. Wie fast schon üblich im Kino des Landes können sich dieses durchaus sehen lassen, sind flüssig choreografiert und montiert.

Allerdings täuschen solche Szenen nicht über die Probleme in Hitman: Agent Jun hinweg. Die dünne Handlung kann über die fast zwei Stunden Laufzeit nicht konsequent unterhalten oder überzeugen, verliert sich in reichlich alberne Slapstick-Routinen und zerfasert sich schließlich in ihrer unüberschaubaren Zahl an Charakteren und Konflikten.

Credits

OT: „Hitman: Agent Jun“
Land: Südkorea
Jahr: 2020
Regie: Won-sub Choi
Drehbuch: Won-sub Choi, Jung-ryoul Shin
Musik: Ki-heon Park
Kamera: Se-seung Park
Besetzung: Sang-woo Kwon, Joon-ho Jung, Woo-seul-hye Hwang, Yi-Kyung Lee, Ji-won Lee, Jo Woon

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„Hitman: Agent Jun“ ist eine solide Mischung aus Action und Komödie. Nach einer noch passablen ersten Hälfte zeigen sich die problematischen Aspekte dieser an Überlänge leidenden Produktion, die leider deutlich im Schatten der anderen Genrevertreter Südkoreas zurückbleibt.
5
von 10