Paranoid Park

Paranoid Park

Kritik

Paranoid Park
„Paranoid Park“ // Deutschland-Start: 15. Mai 2008 (Kino) // 7. November 2008 (DVD)

Das Skaten ist die große Leidenschaft des 16-jährigen Alex (Gabe Nevins), mit der er seine Freizeit verbringt und über die er mit seinen Freunden spricht. Als ihm sein Freund Jared (Jake Miller) vorschlägt, den Eastside Skate Park, unter den Skatern bekannt als „Paranoid Park“, aufzusuchen, ist Alex skeptisch, da er sich selbst nichts als talentiert genug sieht, um mit den dortigen Skatern mithalten zu können. Dennoch begleitet er Jared dorthin, beobachtet das Geschehen, aber ohne zu skaten. Am selben Abend kehrt Alex zurück zum Paranoid Park, weil ihm Jared sagte, abends sei es noch viel wilder und verrückter. Auch dieses Mal traut sich Alex nicht zu skaten und unterhält sich lieber mit anderen Skatern wie Scratch (Scott Patrick Green), mit dem er wenig später zu den Gleisen geht, um zum Bahnhof zu gelangen. Als die beiden sich an einen Zug hängen, um schneller dorthin zu kommen, geschieht ein Unglück, denn ein Sicherheitsbeamter versucht Alex vom Waggon zu holen. Alex schubst ihn weg und ein Zug überfährt den Mann. Zwar gelingt es Alex zu fliehen, doch ihn lässt seine Tat nicht mehr los und er denkt pausenlos an seine eigene Schuld.

Die Sorgen eines Heranwachsenden
Ursprünglich interessierte sich der US-amerikanische Regisseur Gus Van Sant vor allem für Blake Nelsons Roman Rock Star Superstar, da dieser die Subkultur der High-School-Rockbands zeigte und erforschte, doch als ihm Nelson nach ersten Gesprächen seinen neuen Roman Paranoid Park zusandte, beschloss Van Sant diesen zu verfilmen. Da Van Sant, wie er in einem Interview auf der DVD zu Paranoid Park sagt, beobachtete, welchen Einfluss und welches Ausmaß die Skaterkultur in seinem Wohnort Portland, Oregon annahm, sah er in Nelsons Roman eine nicht nur zeitgemäße Behandlung dieser Subkultur, sondern auch eine interessante Geschichte über das Erwachsenwerden. Aus dieser Sicht erscheint Paranoid Park als eine Coming-of-Age-Story, die nicht versucht, ihre Charaktere zu erklären oder zu psychologisieren, sondern sich ehrlich für deren Welt interessiert.

Ein wichtiger Unterschied hin zum Roman ist, dass Van Sants Film mit dessen linearer Struktur bricht. So wiederholen sich Teile von Szenen. Ereignisse, die eigentlich am Anfang der Handlung im Roman stehen, werden erst gegen Ende des Films erwähnt. Erst im Nachhinein erkennt man, welchen Stellenwert bestimmte Momente im Film haben, die man als Zuschauer beim ersten Sehen wahrscheinlich als banal oder unwichtig wahrgenommen hatte. Am ehesten kann man eine Parallele zu Van Sants Film Elephant (2003) ziehen, bei dem sich auch die Bedeutung bestimmter Ereignisse am Ende oder erst mit der Zeit erschloss. Durch diese nicht-lineare Erzählweise merkt man, wie Alex selbst bestimmte Ereignisse erst mit der Zeit entschlüsselt, diese mit Bedeutung versieht und in einen Kontext bringt, der für ihn Sinn ergibt.

Wie schon in Elephant sucht Van Sant nicht erst nach Erklärungen für die Handlungen oder Gedanken seiner Figuren. Durch verschiedene ästhetische Mittel wie der Erzählweise oder den Einsatz von Musik distanziert man sich als Zuschauer von den Figuren, weil es nicht immer eine Erklärung für deren Taten gibt. Diese werden nicht dämonisiert oder psychologisiert, erste recht nicht, wenn selbst Figuren wie Alex nach Erklärungen für diese suchen und sich in einem Prozess der Antwortsuche befinden. Mag diese Herangehensweise für den ein oder anderen Zuschauer auch gewöhnungsbedürftig sein, so ist sie in vielerlei Hinsicht ehrlicher und respektvoller den Figuren gegenüber und maßt sich nicht an, eine Welt oder einen Menschen zu verstehen.

„Niemand ist je bereit für Paranoid Park.“
Im Film ist es nicht nur die Tat an sich, sondern auch der im Skaterjargon Paranoid Park genannte Eastside Skate Park, der eine gewichtige, fast schon symbolische Rolle spielt. Die Kamera Christoper Doyles nähert sich mit einer Mischung aus Respekt und Faszination dieser Welt, die aus Alex’ Sicht so etwas wie einer Zuflucht gleichkommt. Immer wieder bricht Van Sant an diesen Stellen auch mit der Ästhetik des Films, wenn er die von Rainy Kathy Li gefilmten Super-8-Sequenzen einstreut, die an die zahllosen Amateurvideos erinnern von Skatern. Abgesehen von der Abbildung einer Subkultur, zeichnen diese Aufnahmen sich durch eine gewisse Leichtigkeit und Leidenschaft aus, die man zusammen mit Alex sehr bewundert.

Aus der Sicht Alex’ wird der Paranoid Park zu einem Ort der Initiation, zu einer Gemeinschaft, zu der er gerne dazugehören würde, sich aber noch nicht bereit fühlt, fester Teil von ihr zu sein. Der Ruf, der dem Park vorauseilt, sowie der ehrfurchtsvolle Ton, mit dem er beschrieben wird, stilisieren diesen Ort zu einem Platz, der etwas sein kann, das außerhalb der Gesellschaft der Erwachsenen steht und das für die Jugendlichen etwas Eigenes, etwas sehr Wertvolles darstellt.

Credits

OT: „Paranoid Park“
Land: USA
Jahr: 2007
Regie: Gus Van Sant
Drehbuch: Gus Van Sant
Vorlage: Blake Nelson
Musik: Verschiedene
Kamera: Christopher Doyle. Rainy Kathy Li
Besetzung: Gabe Nevins, Taylor Momsen, Jake Miller, Daniel Liu, Lauren McKinney, Scott Patrick Green

Trailer

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"Paranoid Park" ist eine Geschichte über das Erwachsenwerden oder über die Schritte dahin. Durch seine Ästhetik wie auch seine Schauspieler ist Van Sants Film eine interessante Mischung aus Authentizität auf der einen und einem hohen Maß an Stilisierung auf der anderen Seite. Im Allgemeinen aber nähert er sich dieser Welt wie seine Hauptfigur als Beobachter, als Erforscher, der sich selbst noch erklären muss, wie er mit diesen Bildern und den Ereignissen umgehen soll.
7
von 10