Klavierstunden
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Klavierstunden

Kritik

Klavierstunden Making The Grade
„Klavierstunden“ // Deutschland-Start: 16. Januar 2020 (Kino)

Wer es im Bereich der Musik zu etwas bringen will, der muss hart arbeiten. Das gilt insbesondere für diejenigen, die im Umfeld der klassischen Musik etwas erreichen möchten. Denn das bedeutet Unterricht, das bedeutet Prüfungen, das bedeutet auch hoher Druck und Selbstaufgabe. Zumindest ist das das Bild, welches uns Filme immer wieder übermitteln, etwa die beiden deutschen Produktionen Prélude und Das Vorspiel im letzten Jahr, in denen Verbissenheit, Perfektionsstreben und starre Regeln letztendlich zum Kontrollverlust der Protagonisten und Protagonistinnen führten. Doch das geht auch etwas leichter, lockerer, wie jetzt Klavierstunden beweist.

Wobei der Vergleich ein wenig hinkt. Zwar geht es auch in dem Dokumentarfilm um Lernen und Üben, um das Vorbereiten auf Prüfungen. Es wird allerdings nie so lebensentscheidend wie bei den Spielfilm-Kollegen, wo es immer um alles oder nichts geht. Stattdessen traf Regisseur Ken Wardrop in Irland zahlreiche Kinder und Jugendliche, sprach mal mit ihnen, mal mit dem Umfeld, zeigte sie oft auch während der Klavierstunden. Die Atmosphäre ist dabei deutlich lockerer, hier darf Klavierspielen tatsächlich noch spielen bedeuten. Es hat sogar teilweise ein bisschen was Idyllisches, was auch mit den ländlichen Gegenden zusammenhängt, die wir im Hintergrund immer mal wieder zu Gesicht bekommen.

Aus purer Freude
Über die Prüfungen erfahren wir dabei relativ wenig, nicht zuletzt, weil sich Wardrop komplett aus dem Geschehen raushält. Bei vielen Szenen könnte man sogar den Eindruck haben, dass da einfach jemand seine Kamera vergessen hat, die dann „zufällig“ alles aufzeichnet. Das hat dann vielleicht nicht immer den großen Informationsgehalt. Vielmehr stehen in Klavierstunden die vielen persönlichen Geschichten im Vordergrund, welche mal gezielt, mal beiläufig mit dem Publikum geteilt werden. Wer sind die Leute, die am Instrument sitzen? Was sind ihre Geschichten? Welchen Bezug haben sie zur Musik?

Der Reiz des Dokumentarfilms liegt zum einen in der Individualität dieser jungen Menschen, die ihren Weg ans Klavier gefunden haben. Teils ist es aber auch die Kombination mit ihren Lehrern und den Lehrerinnen, welche Klavierstunden sehenswert macht. Heavy-Metal-Fans, die sich bei älteren Damen klassische Musik näherbringen lassen? Sicher, das ist von sich aus witzig. Wobei es aber nicht immer um einen Kontrast geht. Schön ist es beispielsweise mitanzusehen, wie da neue Verbindungen entstehen, zwischen Lehrkraft und den Lernenden. Bezugspunkte für das weitere Leben, das ihnen noch bevorsteht.

Was etwas kurz kommt, ist dabei die Musik an sich. Gerade weil hier so viele unterschiedliche Menschen vor der Kamera sitzen, wäre es spannend gewesen, sie richtig beim Einsatz zu sehen und zu erfahren, was sie alles bereits leisten können – und auf welche Weise. In Klavierstunden dreht sich alles aber mehr um die Musiker und Musikerinnen, weniger um deren Musik. Das mag auch am begrenzten Rahmen liegen, den ein solcher Film automatisch mit sich bringt. Anderthalb Stunden, das ist nicht viel, um sowohl einen breiten Querschnitt zu zeigen, wie auch in die Tiefe zu gehen. So bleibt aber immerhin eine unterhaltsame Doku, deren gute Laune sich auf das Publikum überträgt.

Credits

OT: „Making the Grade“
Land: Irland
Jahr: 2017
Regie: Ken Wardrop
Kamera: Ken Wardrop

Bilder

Trailer

Filmfeste

SXSW 2018



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„Klavierstunden“ folgt zahlreichen jungen Menschen in Irland und zeigt sie beim Klavier üben mit den jeweiligen Lehrkräften. Dabei interessiert sich der Dokumentarfilm weniger für die Musik an sich, auch nicht das Ziel des Übens. Stattdessen geht es in erster Linie um die Schüler und Schülerinnen, ihre Geschichten und die Verhältnisse zu den Lehrer*innen.